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JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06

JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06

Titel: JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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die menschliche Existenz im Allgemeinen nach. Das habe ich nicht getan. Ich dachte an ganz konkrete Dinge. Schuldgefühle … Selbstzweifel … Wünsche …“
    Er verstummte, als der Priester ihn ansah. „Du willst nach Hause“, sagte Pater Ignatius wissend.
    „Nach Hause!“ David lachte bitter. „Dies hier ist mein Zuhause, und zwar ein weitaus besseres, als ich es verdient habe.“
    „Nein, David“, widersprach der Pater ihm sanft. „Du lebst hier, aber dein Zuhause, deine Heimat, ist dort, wo dein Herz ist. Du bist in England zu Hause, in Cheshire.“
    „In Haslewich“, ergänzte David trocken. „Ich habe in der letzten Nacht von meinem Vater geträumt“, erzählte er dann unvermittelt. „Ich würde zu gern wissen, was sie ihm über mich gesagt haben. Über mein plötzliches Verschwinden, meine ich. Ich frage mich, ob er …“
    „Nach dem, was du mir über deine Familie und deinen Zwillingsbruder erzählt hast, bezweifle ich, dass sie ihm etwas gesagt haben, das ihm wehtut“, wandte Pater Ignatius ein. „Aber wenn es du wirklich wissen willst, solltest du zu ihnen allen zurückkehren.“
    „Zurückkehren?“, wiederholte David brüsk. „Nein, das kann ich nicht.“
    „Natürlich kannst du“, beharrte sein Gefährte.
    „Ich bin ein Dieb, ein Krimineller. Ich habe Geld gestohlen“, erinnerte David ihn scharf.
    „Du hast gegen eines von Gottes Geboten verstoßen“, verbesserte der Priester. „Aber du hast deine Sünde von Herzen bereut und ernsthaft Buße getan. In den Augen Gottes hast du versucht, deinen schweren Fehler wiedergutzumachen.“
    „In den Augen Gottes vielleicht“, meinte David mit grimmigem Lächeln. „Aber in den Augen des Gesetzes bin ich noch immer schuldig.“
    „Was ist dir wichtiger, David?“, fragte Pater Ignatius ihn sanft. „Die Last der Schuld gegenüber deiner Familie oder die vor dem Gesetz?“
    „Vielleicht ist mein Vater gar nicht mehr am Leben.“
    „Du hast noch andere Angehörige“, erinnerte der Geistliche ihn.„Einen Bruder, eine Tochter, einen Sohn.“
    „Denen geht es ohne mich besser“, vermutete David und wandte das Gesicht ab, damit sein Freund nicht darin lesen konnte, wie weh dieser Satz ihm tat.
    „Vielleicht … vielleicht aber auch nicht.“
    „Ich kann nicht zurückkehren“, wiederholte David, aber der Pater hörte die Ungewissheit und Sehnsucht in seiner Stimme.
    Seit er in der Inselzeitung gelesen hatte, dass Davids Neffe Max auf der Suche nach seinem Onkel ausgeraubt und niedergestochen worden war, hatte Ignatius sich auf diesen Moment vorbereitet. David war ihm wie ein Sohn ans Herz gewachsen, und die Liebe, die er für ihn empfand, war die eines Vaters, auch wenn er nicht Davids Vater war. Und selbst wenn er es gewesen wäre, hätte es zu den Pflichten eines liebenden Vaters gehört, seinem Kind die Freiheit zu geben, damit es sein eigenes Leben leben konnte.
    David hatte hier hart gearbeitet und ihm in seiner sich selbst auferlegten Pflicht geholfen, die Todkranken dieser Insel zu pflegen und bis zu ihrem Ende zu begleiten. Gemeinsam hatten sie denen beigestanden, die von der Gesellschaft ausgestoßen worden oder zu arm waren, um anderswo Geborgenheit zu finden. Erst im Laufe ihrer Zusammenarbeit war Ignatius klar geworden, was für ein einsames und aufopferungsreiches Leben er selbst geführt hatte.
    David hatte er betrunken in einer stinkenden Gosse von Kingston gefunden, und er wusste noch immer nicht, warum er stehen geblieben war und ihm geholfen hatte. Einem wildfremden Mann, der ihn lallend verflucht hatte. Und dann hatte David ihn, als er endlich nüchtern war, vorwurfsvoll gefragt, warum er ihn nicht hatte sterben lassen.
    Es hatte Monate gedauert, bis David den Mut fand, über sich, sein Leben und seine Vergangenheit zu sprechen. Der Priester hatte ihn nicht verurteilt. Warum auch? Es war nicht seine Aufgabe, über andere Urteile zu fällen. Es war seine Aufgabe, ihnen zu helfen, ihnen Trost zu spenden, sie zu lieben.
    Als er Priester wurde, war er voller Visionen und Ideale gewesen, aber dann war etwas geschehen, das seinen Glauben zutiefst erschüttert hatte. Der Mann, den er am meisten bewunderte, der sein Vorbild gewesen war, hatte eine der unverzeihlichsten Sünden begangen. Pater John hatte sein Keuschheitsgelübde gebrochen und nicht nur eine heimliche Beziehung mit einer Frau gehabt, sondern mit ihr auch noch ein Kind gezeugt. Und er, der junge Priester, hatte sich gegen die Loyalität und für die Kirche

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