JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
sich ihres Makels immer bewusst und versuchte, ihn zu verbergen.“ Großmutter zog den Webfaden so lang, dass ihr Arm ganz ausgestreckt war. „Du musst wissen, Dani, dass dieses Mädchen sehr große, hässliche Hände hatte. Sie versuchte alles, sie außer Sichtweite zu halten. Sie hielt sie hinter dem Rücken versteckt. Sie setzte sich darauf. Die Mahlzeiten waren eine einzige Qual für sie, denn sie gaben ihre Hände den kritischen Blicken der anderen preis.“
„Das würde ich nicht so sehen, Grandma“, warf Dani verteidigend ein.
„Natürlich nicht, Liebes. Wie auch immer, das kleine Mädchen wuchs heran und verliebte sich eines Tages in einen Mann.“ Großmutter lächelte vor sich hin. „Sie verliebte sich mit Haut und Haar“, sagte sie fest. „Eines Tages fragte der Mann das Mädchen, ob es seine Frau werden wolle. Und weißt du, was dieses törichte Mädchen tat?“
Dani schüttelte den Kopf. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet. Sie hatte keine Ahnung, was jetzt kommen würde.
„Nun, dieses dumme Ding“, fuhr Großmutter fort, „sagte zu dem Mann: ‚Wie kannst du mich lieben, wo ich doch so hässliche Hände habe?‘ Dann hob sie die Hände vor sein Gesicht, um es ihm zu beweisen. Oh, sie war ein so dummes Mädchen.“
„Was passierte dann?“, fragte Dani heiser.
„Glücklicherweise war der Mann, den das Mädchen liebte, ein sehr einfühlsamer Mensch. Er fing nicht an zu lügen und ihr zu erklären, sie hätte die schönsten Hände der Welt. Nein, er tat etwas ganz anderes. Er sah ihr fest in die Augen und sagte: ‚Wenn du mich liebst, dann vergiss, dass du das jemals zu mir gesagt hast, so wie auch ich vergessen werde, dass du es gesagt hast. Sonst werde ich jedes Mal, wenn ich deine Hände sehe, denken, wie hässlich sie sind. Ich liebe dich. Nicht deine Hände. Ich will nicht, dass jemals wieder deine Hände erwähnt werden, in unserer ganzen Ehe nicht. Wenn du dich daran nicht hältst, werden sie zu einem dummen Thema, und eines Tages werden hässliche Worte fallen, die niemals vergeben werden können.‘ Und das Mädchen kam schließlich zur Vernunft und versprach ihm, niemals wieder seine Hände zu erwähnen.“
Großmutter steckte ihre Nadel in den Stoff am Webstuhl, und es hatte den Anschein, als hätte sie alles gesagt, was zu sagen war. Sie saß da, blickte zufrieden aus dem Küchenfenster und betrachtete den langgezogenen rückwärtigen Garten mit ihren Tieren darin und den Gemüsebeeten. Ihr Reich.
Dani hatte verstanden. Es war nicht gut, Kleinigkeiten den Weg verstellen zu lassen zu etwas, was einem viel bedeuten könnte. Sie beschloss, ab sofort nie wieder über ihre Sommersprossen nachzudenken. Ebenso wenig würde sie Cameron je wieder Nicole vorhalten.
Dani räusperte sich und sprach aus, was sie fühlte: „Ich liebe deine Hände, Grandma.“
„Das tue ich auch, Liebes“, antwortete Großmutter sanft.
„Die Hände wurden nie wieder erwähnt, Grandma?“ Dani hasste es, diese Frage zu stellen, aber es ließ ihr keine Ruhe.
„Nur einmal“, sagte Großmutter. „Nur ein einziges Mal.“ Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, ein Lächeln, das aus einer tiefen Zufriedenheit kam.
„Was war passiert?“
„Oh, ein sehr ungehobelter Mann machte eine hässliche Bemerkung über meine Hände.“
„Und?“
„Dein Großvater hatte viel irisches Blut in den Adern, Dani. Er glaubte wirklich an seine Überzeugung. Er traf den Mann einmal – was für ein Schlag ist das gewesen! –, genau zwischen die Zähne. Der Mann ging zu Boden wie eine Eisenkugel. Überall war Blut. Er versuchte gar nicht, wieder aufzustehen.“
Dani sah ihre Großmutter schockiert an. Dort saß sie – eine Frau, die keiner Fliege etwas zuleide tun konnte, die ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellte, um denen, die leiden mussten, ihr Mitgefühl und ihre Unterstützung anzubieten. In diesem Moment jedoch stand in ihrem Gesicht nur die übermäßige Freude über den schmerzhaften Schlag geschrieben, der zu ihrer Verteidigung ausgeteilt worden war. Es war deutlich zu sehen, dass sie in Gedanken in einer anderen Welt war, einer Welt der Träume, in der die Liebe blühte und Reichtum und Stärke hervorbrachte, in der es Glück und Lachen und Tränen gegeben hatte. Eine andere Welt, die immer noch wirklich und lebendig für sie war.
Dani unterbrach Großmutters Träumereien nicht. Sie verstand genau, was sie ihr hatte sagen wollen.
Was dir als Makel erscheint, muss anderen nicht genauso erscheinen
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