JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
werfe ich noch den Topf mit dem Stew nach Ihnen. Sie hatte große Mühe, sich zu beherrschen.
„Soll ich den Tisch decken?“
„Wenn Sie wollen. Das Besteck ist in der Schublade neben der Spüle.“
Gespielt gelassen, füllte Selina das Stew auf die Teller, trug sie zum Tisch und holte das Brot. Dann machte sie Kaffee.
Kurz darauf setzte sie sich Steven gegenüber und blickte auf ihren Teller. Wie sollte sie auch nur einen Bissen hinunterbekommen? Ihr war die Kehle wie zugeschnürt, und Steven schien es auch nicht viel besser zu gehen. Denn er stocherte lustlos in seinem Essen herum.
„Das ist doch zum Verzweifeln“, rief er plötzlich aus und ließ den Löffel fallen. „Einmal. Nur ein einziges Mal. Eine verhängnisvolle Nacht!“ Unvermittelt stieß er den Stuhl zurück, stand auf und ging ins Wohnzimmer.
Selina sah auf das Stew. Sie war diesem Mann und seinen plötzlichen Stimmungsschwankungen beim besten Willen nicht gewachsen, konnte sich nicht mit der Tatsache abfinden, dass er Robbies Vater war. Genervt schob sie den Teller weg, stand auf und schenkte in zwei Becher Kaffee ein, um dann damit ins Wohnzimmer zu gehen.
2. KAPITEL
Steven Howe stand wieder am Fenster, die Hände in den Taschen seiner Jeans. Er hat einen athletischen Körper, fuhr es Selina durch den Kopf, während sie die Becher auf dem kleinen Tisch abstellte, breite Schultern und muskulöse Schenkel. Der Druck, der auf ihm lastete, war ihm anzumerken.
Selina empfand mit einem Mal Mitleid für Steven. Nach einer langen, ermüdenden Reise hatte er sich sicherlich auf Erholung und Schlaf gefreut. Stattdessen fand er in seinem Haus eine fremde Frau und einen kleinen Jungen vor, der sich als sein Sohn herausstellte. Trotzdem, sie würde diesem Mann niemals verzeihen können, was er Julie angetan hatte.
„Sie kam an jenem Abend, dem Tag vor meiner Abreise, an“, begann er leise, fast so, als ob er mit sich selbst spräche. „Ich öffnete die Tür, die Whiskyflasche in der einen und ein Glas in der anderen Hand, denn ich war gerade dabei, mich selbst unter den Tisch zu trinken, warum spielt keine Rolle. Ja, und da stand Julie, offensichtlich bemüht, gefasst zu wirken. Sie sei einen Tag früher dran, ob das in Ordnung gehe, fragte sie. Natürlich, antwortete ich, was soll’s. Sie wollte etwas von dem Whisky haben. Ich glaube, das brauche ich, meinte sie. Und daraufhin haben wir, beide vom Schicksal geschlagen, die Flasche geleert. Ich weiß nicht, welche Probleme Julie hatte. Sie erwähnte wohl irgendetwas von ihrer Mutter …“
Selina nickte zustimmend. Julie und ihre Mutter hatten sich völlig zerstritten, und Julie war mit dem Zerwürfnis nie ganz fertig geworden.
„Ehrlich gesagt“, fuhr er fort, „ich kann mich nicht mehr an allzu viel erinnern. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag sie jedenfalls neben mir, und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie dahin gekommen war. Sie sah so verloren aus, so einsam, so verwundbar.“
„Und Sie kamen sich wie der größte Schuft aller Zeiten vor“, fügte Selina, ohne es zu wollen, hinzu. Aber sie ahnte, dass er sich so gefühlt haben musste.
„Sie bringen viel Verständnis für jemanden auf, der Ihnen von Anfang an unsympathisch war“, erwiderte Steven erstaunt und drehte sich um.
„Das liegt daran, wie Sie die Geschichte erzählt haben“, entgegnete Selina freimütig und richtete den Blick ihrer außergewöhnlich schönen grünen Augen auf ihn. „Verbittert, ohne Beschönigung und ehrlich. Sie erwecken in mir den Eindruck, als ob Sie sich alles im Leben hart erkämpfen müssten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Ihnen Spaß machen würde, einen Menschen zu verletzen, der vom Schicksal nicht eben verwöhnt wurde.“
Ihr hätte eigentlich vom ersten Moment an klar sein müssen, dass Steven Julie nie verlassen hätte, würde er etwas von ihrer Schwangerschaft gewusst haben. Er schien aufrichtig zu sein. Das war zwar keine Entschuldigung für sein Verhalten Julie gegenüber, aber Selina konnte ihn verstehen.
Sie hatte das Gefühl, ihm das Gewissen wenigstens teilweise erleichtern zu müssen, und fuhr deshalb fort: „Ich kannte Julie übrigens sehr lange und weiß genau, wie sie auf Männer wirkte. Ein sanfter tadelnder Blick, ein trauriges Lächeln, schon glaubte man, der schlechteste Mensch auf der ganzen Welt zu sein. Und wenn Sie und Julie betrunken waren, nicht mehr klar denken konnten, Julie Trost brauchte oder Sie …“
„Ja, große traurig blickende
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