JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
suchen, verirren sich dabei vielleicht, holen sich Frostbeulen, oder wir alle machen es uns hier im Haus hübsch gemütlich, bis das Tauwetter einsetzt.“
„Genau. Das alles scheint Sie kaum zu stören?“, bemerkte sie bedrückt.
„Nein, warum sollte es? Ich habe in Kanada gelebt, wo Schnee keine Seltenheit ist. Daran bin ich sozusagen gewöhnt.“
Das war natürlich nicht das, was Selina mit ihrer Frage gemeint hatte, wie er sicher genau wusste.
„Ich habe Tee gekocht“, fuhr er fort. Das Aufblitzen in seinen Augen verriet deutlich, dass die ganze Angelegenheit ihn amüsierte.
„Danke. Ich komme sofort hinunter. Robbie, du hast deine Boots verkehrt herum an“, fügte sie gereizt hinzu und beobachtete ärgerlich, wie Steven sich vor Robbie hinkniete, um ihm die Schuhe richtig anzuziehen. Warum war Steven plötzlich so überaus entgegenkommend?
„Du brauchst einen dicken Pullover, eine warme Hose, einen Anorak, Mütze und Handschuhe“, sagte er sanft, und Robbie strahlte ihn an, offensichtlich froh darüber, dass das Eis zwischen ihnen gebrochen war.
Sie gleichen sich nicht besonders, dachte Selina, während sie die beiden betrachtete. Eigentlich besteht überhaupt keine Ähnlichkeit zwischen ihnen.
Plötzlich merkte sie, dass Steven sie beobachtete, und warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Ist irgendwas?“
„Oh nein, gar nichts. Ich habe mich nur gefragt, ob es Sie wohl interessiert, dass Ihr Nachthemd recht durchsichtig ist. Ich möchte nicht …“
Selina hatte genug gehört. Entsetzt schrie sie auf, rannte hinüber in ihr Zimmer und warf die Tür hinter sich zu. Einen Moment später öffnete sie sie wieder einen Spaltbreit und rief: „Robbie! Du gehst nicht ohne Frühstück hinaus!“
So ein Schuft, dachte sie, während sie hastig frische Unterwäsche aus dem Schrank holte und in das eiskalte Badezimmer lief. Dort wusch sie sich schnell und putzte sich die Zähne. Wieder in ihrem Zimmer, zog sie rasch dicke Socken, Jeans und einen warmen Pullover an, bevor sie sich nach unten begab.
Auf dem Herd brodelte das Porridge im Topf, und Robbie frühstückte bereits. Der Tisch war gedeckt, und der Tee dampfte in der Kanne auf dem Stövchen. Steven lehnte lässig an der Spüle und blickte amüsiert drein. Selina setzte sich und goss sich Tee in die Tasse. Widerwillig bedankte sie sich, als Steven ihr einen Teller mit Porridge brachte. Niemand sagte auch nur ein Wort, bis Robbie mühsam seinen Anorak, Handschuhe und Mütze angezogen hatte und mit einem Freudenschrei zur Hintertür hinausgestürmt war.
Steven machte die Tür wieder zu und setzte sich Selina gegenüber. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen“, bemerkte er spöttisch, während er sich Tee einschenkte. „Hören Sie auf zu schmollen. Unsere persönlichen Gefühle sind im Moment zweitrangig. Es gibt Wichtigeres, um das wir uns kümmern sollten, Lebensmittel, Holz …“
Selina sah ihn an und wünschte, sie könnte gegen diesen vernünftigen Vorschlag etwas einwenden.
Seine Augen leuchteten belustigt auf.
Rasch wandte sie sich ab. Warum hatte er seine Einstellung mit einem Mal geändert? Gestern war er rücksichtslos, sarkastisch und verärgert gewesen. Und heute Morgen schien ihn alles zu amüsieren, als ob es ein Spiel wäre.
„Machen Sie sich denn gar keine Gedanken?“, platzte Selina heraus.
„Worüber?“
„Über Robbie, Julie!“
Stevens Miene verfinsterte sich bedenklich, und er sagte leise: „Lassen Sie das, Selina. Hören Sie auf damit.“
Sie wollte schon widersprechen, unterließ es aber, nachdem er sie so eindringlich gebeten hatte.
„Also“, fuhr er ohne Umschweife fort, „was muss unbedingt erledigt werden?“
Selina blickte ihn an. Ihr schmales Gesicht war blass, und unter den Augen hatte sie dunkle Ringe, da sie kaum geschlafen hatte. Sie zwang sich, ihren Zorn zu unterdrücken. Als sie glaubte, wieder sprechen zu können, ohne dass ihre Stimme gereizt klang, sagte sie: „Wir sollten eine Liste machen. Ich hole Papier und Bleistift.“ Damit stand sie auf und ging ins Wohnzimmer.
Selina atmete ein paarmal tief durch, weil sie das Gefühl hatte, jeden Moment vor Wut zu platzen. Was für ein abscheulicher, unerträglich arroganter Mensch. Er gehörte sicher zu den Leuten, die einen rasend machten, weil sie immer recht hatten oder jedenfalls glaubten, recht zu haben.
Selina sah, dass Steven im Kamin Feuer gemacht hatte, war aber kaum in der Lage,
Weitere Kostenlose Bücher