JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
einmal, um zu beweisen, dass Sie uns gewöhnlichen Sterblichen überlegen sind?“
Steven nahm die Taschenlampe und ließ den Lichtkegel über den Dachboden wandern. „Sind die Sachen in einem Karton?“
„Ich weiß es nicht“, entgegnete Selina gereizt und wünschte, sie hätte den Mut, Steven durch die Öffnung hinunterzustoßen. „Und außerdem fühle ich mich niemandem überlegen.“
„Dann spielen Sie sich nicht ständig so auf. Wir haben schon genug Probleme. Also seien Sie nicht so angriffslustig.“
„Ich bin nicht …“
„Selina“, warnte er sie, „seien Sie still.“
Wortlos drückte Selina sich in die Ecke, um jede Berührung mit Steven zu vermeiden, und folgte mit dem Blick dem Lichtkegel der Taschenlampe. Ich bin nicht angriffslustig, dachte sie – oder doch, aber was erwartet er?
„Jetzt machen Sie kein beleidigtes Gesicht“, sagte er milde. „Was ist in dem Karton da hinten?“
Selina war drauf und dran, ihm zu erklären, es seien die Knochen von anderen Eindringlingen, beherrschte sich dann aber und antwortete ruhig: „Ich habe keine Ahnung. Wenn Sie die Taschenlampe ruhig halten, werde ich hinüberkriechen und nachsehen. Ich bin kleiner als Sie.“
„Und Sie werden wohl nicht so schnell durch die Decke brechen. Also gut. Aber passen Sie auf.“
Selina kroch langsam nach hinten, angelte sich den Karton und zog ihn vorsichtig zurück. Im Schneidersitz, entschlossen, Stevens verwirrende Nähe einfach zu ignorieren, untersuchte sie den Inhalt: Eine Plastiktüte mit Büchern, ein alter Schal, ein zerbrochener Krug, ein großer Umschlag voller Briefe und ganz unten eine Schachtel mit der Weihnachtsdekoration. Selina ließ die anderen Sachen unberührt und nahm die Schachtel heraus.
„Okay, ich gehe zuerst nach unten“, sagte Steven und schob den Karton zur Seite. Er gab Selina die Taschenlampe und ließ sich mühelos hinab. Unten angekommen, nahm er Selina den Weihnachtsschmuck aus der Hand.
„So, Selina. Kommen Sie runter.“
„Das würde ich ja gern, wenn Sie aus dem Weg gingen.“ Sie ließ die Beine hinunterbaumeln und wartete darauf, dass Steven zur Seite trat.
„Halten Sie sich einfach am Rand fest, und lassen Sie sich langsam hinunter“, wies er sie ungeduldig an.
„Ich glaube nicht, dass ich das kann.“ Die Vorstellung, ins Leere zu fallen, machte ihr Angst. Aber noch schrecklicher wäre es, wenn Steven sie auffangen würde. „Stellen Sie den Stuhl wieder dahin, dann …“
„Nein. Sie würden sich höchstens den Hals brechen. Nun kommen Sie schon, Selina!“
Sie machte eine halbe Drehung und versuchte, sich rückwärts hinunterzulassen. Als Steven ihre Füße packte, ließ sie sich fallen, und beide purzelten übereinander auf den Boden.
„Sehr gut, Selina“, bemerkte Steven trocken. „Ich sagte hinunterlassen, nicht springen. Haben Sie sich wehgetan?“
„Nein“, antwortete Selina kleinlaut. Sie setzte sich auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Tut mir leid“, sagte sie zu Steven, der noch immer auf dem Rücken lag. „Und Sie?“
„Alles in Ordnung.“ Die Hände flach nach hinten auf den Boden gestützt, richtete er sich auf. Sein Gesicht kam Selinas viel zu nah. Das Lächeln, das um seinen Mund spielte, machte sie unsicher.
„Tun Sie’s nicht“, sagte sie unwillkürlich.
„Was?“, erkundigte er sich sanft.
„Das, was Sie gerade vorhatten.“
„Aufstehen?“, fragte er spöttisch. „Soll ich etwa den Rest des Tages hier auf dem Boden verbringen?“
„Ach, lassen Sie das doch, Steven. Sie wissen genau, was ich meine.“
„Hm, Sie meinen, ich soll das nicht tun …“ Bevor sie sich wehren konnte, küsste er sie besitzergreifend auf den Mund und lächelte danach amüsiert. Die dichten dunklen Wimpern konnten den schalkhaften Ausdruck seiner Augen kaum verbergen. „Das hatte ich eigentlich nicht vor“, behauptete er frech, während er mit einer geschmeidigen Bewegung aufsprang und ihr die Hand entgegenstreckte.
Ohne Notiz davon zu nehmen, stand sie auf. Sie warf Steven einen verächtlichen Blick zu und eilte an ihm vorbei. Es war nur ein Kuss, sagte Selina sich. Nein, nicht einmal das. Eine bedeutungslose Berührung ihrer Lippen. Vorbei, bevor es begonnen hatte – trotzdem fühlte sie sich zutiefst gekränkt.
„Oh Steven!“, rief Selina, und der Zwischenfall war vergessen, als sie die kleine Tanne in der Ecke sah. „Der Baum ist wundervoll. Wo haben Sie ihn her?“
„Ach, der lag einfach so herum“,
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