Julia Gold Band 0045
Seite. Und nun ließ er den Blick anerkennend über den blauen Kaftan gleiten, den sie am Morgen angezogen hatte. „Der steht dir viel besser.“
Leah war ein wenig erleichtert, wie unerwartet friedlich er reagierte, befürchtete aber, dass es nur die Ruhe vor dem Sturm war.
Sharif umfasste ihre Taille, hielt jedoch unvermittelt inne, als er den Gürtel mit dem Geld berührte. „Was ist das?“, fragte er, während es in seinen dunklen Augen missbilligend aufblitzte.
Leah wand sich insgeheim, antwortete jedoch ruhig: „Das ist der Gürtel mit dem Geld meines Bruders.“
Wieder runzelte er die Stirn. „So. Du hast es also doch noch an dich genommen.“
„Ja, unter den gegebenen Umständen hielt ich es für nötig“, erklärte sie.
„Leg ihn ab, und zwar sofort“, forderte er sie auf.
Und während sie es tat, schritt er in der Galerie auf und ab.
Leah legte den Gürtel auf den schwarzen Umhang und machte sich immer noch auf heftige Vorwürfe gefasst.
Sharif drohte ihr mit dem Zeigefinger. „Dein Fluchtversuch zeugt von schlechtem Benehmen. Ich finde, das passt nicht zu dir.“
„Es tut mir leid“, antwortete sie vorsichtig, um ihn nicht noch mehr zu verärgern.
„Das will ich hoffen. Habe ich nicht alles getan, um dir das Leben angenehm zu gestalten? Es ist absolut richtig, dass wir zusammen sind. Hast du das immer noch nicht begriffen? Es war dumm von dir zu versuchen, mich zu verlassen“, erklärte er leidenschaftlich. Dabei schaute er ihr so eindringlich in die Augen, als wollte er sie zwingen, seine Gefühle zu erwidern.
Leah atmete tief ein und bemühte sich, sich seinem übermächtigen Charisma zu entziehen. „Es gefällt mir nicht, dass du mich wie eine Gefangene behandelst“, sagte sie.
Er machte eine abwehrende Handbewegung. „Das ist deine eigene Schuld.“
„Wie bitte?“, fragte Leah ungläubig.
Seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und war eindeutig und unmissverständlich. „Wie kann ich dir denn vertrauen und dir glauben, dass du bei mir bleibst?“
„Ich möchte frei sein, Sharif. Du kannst es mir nicht verübeln, dass ich mir das, was du mir verweigerst, selbst verschaffen wollte“, wandte sie ein.
Er seufzte. „Wenn du noch einmal einen Fluchtversuch unternehmen willst, dann tu mir bitte den Gefallen und stell es geschickter an.“
Leah war verblüfft über diesen unerwarteten Ratschlag.
„Die Sache mit dem Messer hattest du eigentlich ganz gut durchdacht“, fuhr er fort. „Aber dieser Fluchtplan war viel zu unüberlegt und deiner nicht würdig.“ Seine Stimme klang leicht verächtlich.
„Es war doch gar nicht meine Idee“, antwortete Leah unüberlegt, so als müsste sie sich für den laienhaften Versuch entschuldigen.
Sharif verzog das Gesicht. „Tayi meint es gut, aber sie versteht die Zusammenhänge nicht.“
Nun war Leah sich ganz sicher, dass es keine Falle gewesen war. Tayi hatte offenbar aus eigenem Antrieb gehandelt, was Leah ihr hoch anrechnete.
„Was wirst du mit Tayi machen?“, erkundigte sie sich, besorgt um die junge Frau.
Er blickte sie überrascht an. „Nichts. Warum sollte ich Tayi bestrafen? Sie hatte nur die besten Absichten, sieht jedoch nicht alles.“
Leah verstand überhaupt nichts mehr. Mit dieser Reaktion hatte sie gewiss nicht gerechnet. Sharif al Kader ist der unberechenbarste Mensch, den ich kenne, dachte sie irritiert. Denn er tat nicht nur ihren Fluchtversuch als belanglos ab, sondern ging auch einfach über die Rolle hinweg, die Tayi dabei gespielt hatte.
„Vielleicht sehe ich auch nicht alles, Sharif“, sagte sie eindringlich. „Weshalb bin ich hier? Was hast du mit mir vor?“
Wieder runzelte er die Stirn und setzte seine Wanderung durch den Raum fort. Schließlich blieb er stehen und schaute Leah an. „Die Situation hat sich geändert. Ich werde dich ins Vertrauen ziehen.“
„Danke, das freut mich“, erwiderte Leah und hoffte, endlich Informationen über seine Pläne zu erhalten.
„Man ist deinetwegen vorstellig geworden“, erklärte er leicht verärgert.
Leahs erster Gedanke war, Glen sei aufgetaucht. Doch dann kamen ihr Bedenken. Es war für ihren Bruder nicht ungefährlich, den Mann aufzusuchen, der allen Grund hatte, sich an ihm zu rächen. Vielleicht hatte Glen die australische Botschaft eingeschaltet und um Intervention gebeten.
Dann fuhr Sharif vorwurfsvoll fort: „Du hast behauptet, außer deinem Bruder habe sich niemand um dich gekümmert.“
„Ja, das stimmt.“ Sie hatte
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