Julia Liebeskrimi Band 09
an sich und brachte sein Gesicht so dicht an ihres heran, dass die Krempe seines Huts auch ihr Gesicht beschirmte. „Ich nenne es Aufwärmen.“
Aufwärmen? „Nun …“ Molly überlegte. „Ich persönlich finde den Wind ein bisschen kalt.“
„Diese Art Aufwärmen meine ich nicht.“
„Oh.“ Sie spürte, wie er die Hände um ihre Mitte legte. „Du bist wohl ziemlich von dir selbst überzeugt, hm, Vorarbeiter?“
„Wenn mir etwas gut und richtig erscheint, kämpfe ich nicht dagegen an.“
Eine wohlige Wärme durchströmte ihren Körper. „Was ist mit unserem Boss? Er schätzt doch keine Verbrüderung zwischen den Angestellten.“
Raleigh stieß ein leises Lachen aus. „Herrgott, Ma’am, aber Verbrüderung würde ich das nicht nennen.“
Seine Worte brachten Mollys Herz vor Freude fast zum Überlaufen. Sie war erst seit zwei Wochen in Wyoming, und schon hatte sie eine Ranch gefunden, einen Cowboy, eine Katzenfamilie und ein süßes kleines Mädchen. Drei der vier Mottos des Cowgirl-Clubs sah sie bereits verwirklicht: endlose Weiten, harte Arbeit und – sie strich über Raleighs stahlharten Schenkel – enge Jeans.
Molly schloss die Augen, um ihn zu küssen. Es war ein kleiner, sehr zärtlicher Kuss. Er landete auf seiner Unterlippe, und Raleigh lächelte, als ihre Lippen sich öffneten, um spielerisch an seinen zu knabbern. Seine rauen Bartstoppeln kratzten über ihre zarte Haut, seine Hände streichelten über ihren Rücken, und er presste sich genüsslich an sie.
Und dann war es vorbei.
Mit hämmerndem Herzen lief sie eilig den Weg entlang, während das Blut heftig durch ihre Adern pulsierte. Tief Atem holend betrat sie die Hütte. Der Geruch nach Zedernholz erfüllte die Luft, obwohl die Hütte schon alt war.
Mit einem raschen Blick nahm Molly das Innere der Hütte in Augenschein. Es gab nur einen einzigen Raum mit jeweils einer Koch- und einer Schlafnische. Ein prachtvoller Quilt diente als Bettdecke. Ansonsten war das Mobiliar alt, aber bequem und wirkte wie aus Großmutters Speicher zusammengesammelt. Es gab einen schwarzen, gusseisernen Ofen und einen großen, rustikalen Holztisch. Drei nebeneinander angeordnete Schiebefenster, deren Rahmen leicht verzogen waren, boten eine umwerfende Aussicht auf die wildromantische Landschaft: das Flüsschen mit dem eisklaren Wasser, den dichten Pinienwald und im Hintergrund die Berge mit den schneebedeckten weißen Spitzen, die sich majestätisch von dem tiefblauen Himmel abhoben.
Raleigh betrat die Hütte, und sofort war die Atmosphäre wie elektrisiert. So kam es Molly jedenfalls vor. Um sich abzulenken, richtete sie die Aufmerksamkeit auf Jocelyn. Das Mädchen lag mit dem Rücken auf einem großen runden Flickenteppich, während die Kätzchen auf ihr herumspazierten.
„Oh Jocelyn, Liebes. Vergiss bitte nicht, dass du die Kätzchen nicht behalten kannst.“
Das Mädchen setzte sich auf, Krümel fest an seine Wange geschmiegt. „Ich wünschte …“ Jocelyn seufzte.
„Ich weiß.“ Molly hatte Mitgefühl mit ihr. Sie kannte sich aus mit Wünschen. Und jetzt wusste sie auch, wie quälend es war, wenn Wünsche in Erfüllung gingen, wenn sie in greifbare Nähe rückten. Wenn man nur daran glauben könnte, dass alles nicht nur einfach ein Traum war …
„Hier können die Kätzchen nicht groß was anstellen“, brachte Raleighs Stimme sie in die Realität zurück. „Aber ich kann sie nicht für ewig behalten. Irgendwann müssen sie weg.“
„Ich finde schon ein gutes Zuhause für sie“, meinte Molly zuversichtlich.
Jocelyn sah zu ihr auf, und ihre Unterlippe zitterte unheilverkündend. „Sie haben versprochen, dass sie ihre Namen behalten dürfen.“
„Ja.“ Molly bückte sich, um das weiße Kätzchen aufzunehmen. „Hast du dich schon entschieden, wie du sie taufen willst?“
Das Mädchen nickte. „Das weiße ist Holly.“ Jocelyn stand auf und reichte Raleigh das Kätzchen mit dem schwarz gezeichneten Gesicht. „Und das ist Dolly.“
„Holly?“ Molly lachte. „Dolly?“
Raleigh fiel in ihr Lachen mit ein. „Und das Schönste heißt Molly!“
„Weißt du, dass du einen Fan hast?“, fragte Raleigh, nachdem sie die Pferde gezügelt hatten, um den letzten Rest des Weges gemächlich nach Hause zu reiten. Raleigh hatte wieder den temperamentvollen Appaloosa gewählt, Molly jedoch eines der Anfängerpferde zugeteilt, einen roten Wallach mit dickem Winterfell.
Obwohl sie ihm versichert hatte, regelmäßig mit ihren Freundinnen
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