Julia Liebeskrimi Band 09
Stiefel, Jeans und ihren Kordsamtmantel. Die Stiefel waren ein elegantes italienisches Modell, und auch auf den Jeans prangte ein Designername. Aber das war ihr egal. Sie würde die Sachen hier im rauen Wyoming vermutlich ruinieren, genau wie den Mantel, der schon für die Rettung der Kätzchen hatte herhalten müssen.
„Gib mir doch wenigstens einen winzig kleinen Hinweis“, drängte sie Jocelyn, als sie gemeinsam den Hof überquerten, beladen mit allerlei Utensilien, um das Katzenleben angenehmer zu machen. Vertrocknete braune Grashalme und harscher Schnee knirschten unter ihren Stiefeln. „Ich sterbe vor Neugier.“
„Genau wie eine Katze“, zog das Mädchen sie auf. Als Jocelyn von der Verbannung ihrer Kätzchen erfahren hatte, war sie in bittere Tränen ausgebrochen. Doch Mollys Fürsorge und Raleighs Einladung, die Kleinen zu besuchen, wann immer sie wollte, hatten ihre Tränen rasch trocknen lassen. Und dann hatte sie angekündigt, die Kätzchen heute zu taufen. Nur die Namen wollte sie partout nicht verraten. „Weil nämlich …“
„… ihre Neugier den Katzen zum Verhängnis wird?“, riet Molly.
Jocelyn nickte, wobei der Troddel ihrer Häkelmütze keck hin und her hüpfte. „Das sagt Etta Sue jedenfalls immer.“
„So, tut sie das.“ Molly inhalierte tief die kalte Luft. Es war ein sonniger Tag und ziemlich mild für November. Die Luft war so klar und rein, dass Molly das Bedürfnis hatte, ihre Lungen bis zum Bersten damit anzufüllen, um die vergiftete Stadtluft aus ihren Poren zu schwemmen. Ihr ehemaliges Stadtleben kam ihr auf einmal sehr weit weg vor.
„Ich persönlich halte Neugier ja durchaus für einen bewundernswerten Charakterzug.“ Molly kicherte in sich hinein. Natürlich tat sie das! War sie doch zum Sterben neugierig, was Raleigh betraf. Der Besuch in seiner Hütte, um nach den Kätzchen zu sehen, würde ihren Appetit entweder stillen oder ihn noch anregen. „Irgendwie müssen wir ja unsere Erfahrungen machen.“
„Ja.“ Jocelyn lächelte breit. Ihre runden Wangen waren rosig vor Kälte, und ihre blauen Augen strahlten. Unter Mollys warmer Fürsorge hatte sie regelrecht angefangen aufzublühen. „Ich habe schon jeden Winkel der Ranch erkundet. Wie ein Indianerscout.“
„Ah, dann übernimm du doch die Führung, Kleine Feder. Du wirst von jetzt an mein Führer.“
„Ich dachte, das sei mein Job“, fiel Raleigh ein, der sie von hinten unbemerkt eingeholt hatte. Er tippte sich grüßend an den Hut. „Ladys.“
Molly neigte gnädig den Kopf. „Gentleman.“
Den Blick in ihren versenkt, nahm er ihr einen Teil ihrer Last ab. Die Morgensonne stand noch tief am Himmel und schimmerte durch die kahlen Äste der Bäume, wobei sie Raleigh in ein bizarres Streifenmuster aus Licht und Schatten tauchte. Sein Blick wanderte von Mollys Augen zu ihren weichen roten Lippen. Wären sie allein, würde er sie jetzt küssen, daran hatte sie keinen Zweifel.
„Ich dachte, Sie sind genau wie ich noch ein Neuling hier auf der Ranch.“
„Bin noch nicht mal einen Monat hier“, räumte er ein. „Doch ich hab meine Hausaufgaben gemacht und das Gelände sondiert.“
„Ach ja?“
Jocelyn zupfte an Mollys Ärmel. „Kommen Sie. Ich möchte Krümel und seine Geschwister sehen.“
Molly hakte Raleigh unter. „Jocelyn möchte heute die beiden anderen Kätzchen taufen. Doch bis jetzt hat sie mir noch mit keinem Wort einen Hinweis auf die Namen gegeben.“
„Sie werden schon sehen“, verkündete das Mädchen stolz und zog die Erwachsenen weiter. Da es ihr offensichtlich nicht schnell genug ging, riss sie sich los und rannte den Hügel hinunter auf eine Hütte zu, von der aus man einen wunderschönen Blick auf das Bächlein haben musste, das sich durch die öde Winterlandschaft schlängelte.
„Die Tür ist offen!“, rief Raleigh ihr hinterher. Er nahm Mollys Hand und blieb stehen. „Nicht so schnell, Miss Molly.“
„Ich möchte zu den Kätzchen.“ Sie umschloss fest seine Hand und zog ihn mit sich, nicht so sehr, um ihn tatsächlich zur Eile anzutreiben, sondern um seine kräftige Hand zu spüren. Obwohl sie beide Lederhandschuhe trugen, war sie wie elektrisiert von seiner Nähe.
„Gib mir einen Gutenmorgenkuss“, sagte er herausfordernd. „Dann lasse ich dich gehen.“
Ihre Lippen kräuselten sich missbilligend. „Willst du mich etwa erpressen?“ Das Du kam auch ihr plötzlich wie selbstverständlich über die Lippen.
„Nenn du es ruhig Erpressung.“ Er zog sie dicht
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