Julia Liebeskrimi Band 09
hilflosen Geste die Hände aus.
Raleigh hockte sich neben sie. Er kickte seinen Hut zur Seite und neigte sich Molly aufmerksam zu. „Du wolltest …“
Was Molly wollte, war ein liebevoller Partner – genauer gesagt, ein Ehemann –, doch sie war realistisch genug, um zu wissen, dass man das keinem Mann direkt ins Gesicht sagte. Zumindest New Yorker Yuppies nahmen nur zu rasch Reißaus, wenn das Thema „feste Beziehung“ zur Sprache kam. Mit Cowboys hatte sie keine Erfahrung, doch Mann war Mann, das sagte ihr der Instinkt.
Also meinte sie: „Vor einer ganzen Reihe von Jahren habe ich mit zwei guten Freundinnen einen Club gegründet, den Cowgirl-Club. Eine alberne Geschichte, ehrlich. Sogar regelrecht peinlich, jetzt, da ich tatsächlich in Wyoming bin. Ich hätte dir das gar nicht erzählen sollen.“ Sie zögerte, aber nur einen Moment. Ihre Gefühle für Raleigh waren immerhin bereits stark genug, sodass sie die aufkeimende Beziehung gern vorantreiben wollte, welche Konsequenzen das auch immer nach sich zog.
„Zu Anfang war die Idee mit dem Cowgirl-Club nur ein Jux. Wir waren erst zehn Jahre alt und verrückt nach Pferden – aber über die Jahre kamen und gingen weitere Mitglieder, nur wir drei sind unserem Ziel immer treu geblieben: einen Treffpunkt zu schaffen für Frauen, die Cowboys lieben. Nein, nicht nur Cowboys, alles was mit Western-Romantik zu tun hat: Ranchen, Berge, Pferde, deftiges Essen, Mode.“ Aber Cowboys an erster Stelle.
Raleigh wirkte nachdenklich.
Nicht amüsiert.
Nachdenklich. Als ob …
„Bist du ein verkappter Anwalt?“, platzte sie heraus. „Börsenmakler, Banker?“
Überraschung überzog sein Gesicht. „Selbstverständlich nicht.“ Er runzelte die Stirn. „Wie kommst du denn darauf?“
Sie zuckte die Achseln. Oh, wie demütigend! Molly vergrub das Gesicht in den Händen, um seinem Blick auszuweichen. „Ich hab dieses Buch gelesen. Einen Liebesroman. Die Heldin ging davon aus, einen Cowboy zu heiraten, doch er war in Wirklichkeit ein Millionär, der sich als Cowboy ausgab, weil ein Entführungsversuch fehlgeschlagen war und … Ach, ist ja auch egal. Was ich damit sagen will, ist … irgendetwas an dir kommt mir seltsam vor.“
„Ich verstehe nicht recht.“ Seine Stimme klang gleichmütig, doch innerlich war er auf der Hut.
„Es sind unbedeutende Kleinigkeiten“, erklärte sie. „Abgesehen von Shane, dem Verlobten meiner Freundin, kenne ich alles, was ich über Cowboys weiß, aus Filmen. Ich bin also kein Experte. Trotzdem, meine weibliche Intuition sagt mir, dass du möglicherweise nicht wirklich …“, sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, „authentisch bist.“
Er nahm seinen Hut und pflückte bedächtig einige verirrte Strohhalme von dem dunklen Filz ab. Dann setzte er ihn wieder auf und zog die Krempe tief in die Stirn. Sein Adamsapfel hüpfte. „Molly, ich bin auf einer Ranch aufgewachsen. Okay, sie war nicht besonders groß, aber immerhin. Mein Dad war Sheriff, die Ranch betrieb er nur nebenbei. Aber es war eine richtige, echte Ranch. Mit Vieh und Traktoren, Pferchen und Heuböden.“
„Tja, dann … Man kann sich schließlich auch mal irren. Wie ich schon sagte, ich bin kein Experte.“ Abgesehen von fünfzehn Jahren Mitgliedschaft im Cowgirl-Club, fügte sie im Stillen hinzu. In ihren Augen keine schlechte Qualifikation.
„Was hattest du dann gestern Nacht in der Lodge zu suchen?“, wechselte sie abrupt das Thema.
Er versteifte sich. „Ich sehe da keinen Zusammenhang.“
„Ich auch nicht. Aber ich weiß, dass die Kätzchen auf der falschen Seite einer geschlossenen Tür gefunden wurden und dass du der Einzige warst, der dort herumspaziert ist. Mr. Wyatt ist das wahrscheinlich nicht aufgefallen, aber mir. Und es hat mir zu denken gegeben.“
Sie nahm Raleigh scharf in Augenschein. „Was hattest du im Büro von deinem Boss zu suchen?“
Raleigh schüttelte den Kopf. „Du stellst zu viele Fragen.“
„Du willst mir also nicht antworten.“
Er stand auf. „Kümmere du dich um deinen Job, Molly, und lass mich meinen machen.“
Na gut! Sie tippte nervös mit der Stiefelspitze auf den Holzboden. Unten waren Rip und Nicky dabei, die mit Süßfutter und Hafer schwer beladene Schubkarre herauszurollen. Die Pferde in ihren Ställen scharrten aufgeregt mit den Hufen und wieherten leise in Erwartung des Festmahls. Ohne Vorwarnung schleuderte Raleigh einige Heuballen durch die Öffnung nach unten. Einer schlug unten so hart auf, dass er in
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