Julia Liebeskrimi Band 09
der Stirn und blinzelte in den eisigen Regen. Himmel, selbst unter den günstigsten Umständen war sie keine Audrey Hepburn! Auch noch den letzten Rest Würde in den Wind schreibend, stapfte sie weiter durch den Graben, bis sie die ausgesetzten Kätzchen gefunden hatte. Mit einem erschrockenen Aufschrei bückte sie sich und hob die kleinen, völlig durchnässten Wesen hoch und drückte sie an ihre Brust. Drei Kätzchen, bis auf die Knochen abgemagert, das weiße Fell schmutzverkrustet. „Okay, Babys“, säuselte sie, „ihr seid in Sicherheit.“
Molly kletterte mühsam die Böschung hinauf und trottete durch den strömenden Eisregen zurück zu ihrem Wagen, wobei sie die Kätzchen beschützend unter ihren Mantel schob. Sie hatte den Motor angelassen, sodass es im Inneren des Wagens schön warm war. Mit einer stummen Entschuldigung an Shane McHenry, den Besitzer des Pick-ups und Verlobten ihrer besten Freundin Grace Farrow, schlüpfte Molly aus ihrem schlammbespritzten Mantel und bereitete den Kätzchen auf dem Beifahrersitz damit ein kuscheliges Lager. Sie kuschelten sich dicht aneinander, zitternde, schmutzige kleine Fellknäuel.
„Ach, egal … Wer A sagt, muss auch B sagen.“ Molly streifte sich den blauen Kaschmirpullover über den Kopf, dankbar, in der Zwiebeltechnik gekleidet zu sein. Vorsichtig rieb sie die Katzenbabys mit dem Pullover ab. Ihre winzigen pinkfarbenen Mäulchen öffneten sich zu einem herzzerreißenden Maunzen.
Molly warf einen verzweifelten Blick in den Spiegel. Nasse braune Strähnen umrahmten ihr rundes, matschverschmiertes Gesicht. Dunkle Augen, in denen sich Besorgnis und Unsicherheit spiegelten. Vielleicht sogar ein Anflug von Panik. Normalerweise war sie eine energische, solide, gepflegte, gelassene und verlässliche Person, die tief greifende Veränderungen in ihrem Leben strikt ablehnte.
Sie rümpfte die Nase über diese Beschreibung. Doch sie hatte keine andere Wahl, als der Realität ins Gesicht zu blicken. Molly Broome und die raue, gespenstische Landschaft in Wyoming passten nicht zusammen.
Sie nahm eines der maunzenden Kätzchen hoch und drückte das flaumige Bündel sanft gegen ihre Wange. „Wie sind wir bloß in diesen Schlamassel geraten, Kleines?“
Nun, für das Kätzchen konnte sie natürlich nicht sprechen, aber was sie selbst betraf, so hatte sie ihren gut bezahlten Job in New York aufgrund einer Firmenpleite verloren und sah sich mit einem rasch schrumpfenden Bankkonto konfrontiert. Grace, die sich gerade häuslich auf der Goldstream-Ranch eingerichtet hatte, hatte Molly überredet, auf ein verlängertes Thanksgiving-Wochenende nach Wyoming zu kommen. Ihrer Meinung nach gab es keinen besseren Ort als die Rockies, um sich über neue Lebensperspektiven klar zu werden. Molly, die zum ersten Mal in ihrem Leben völlig aus der Bahn geworfen war, hatte die Einladung dankbar angenommen.
Sie besaß ein unschlagbares Talent im Organisieren von Partys, und ihr liebstes Hobby war Kochen. So hatte sie die Gelegenheit ergriffen, sich nützlich zu machen, indem sie das McHenry’sche Thanksgiving-Dinner für zehn Personen in die Hand nahm. Das Essen war ein derartiger Erfolg gewesen, dass Lilah Evers, die Frau von Shanes Vorarbeiter, ihr vorgeschlagen hatte, sich um einen Job auf der Triple Eight Dude Ranch zu bewerben. Die Gerüchteküche besagte nämlich, dass Mrs. Peet, die Managerin der Ferienlodge, sich einen komplizierten dreifachen Beinbruch zugezogen hatte und voraussichtlich für die nächsten drei Monate ans Bett gefesselt sein würde. Das wäre zumindest besser als nichts, fand Molly, die sonst keine konkreten Berufsaussichten hatte.
Nicht in ihren schlimmsten Träumen allerdings hätte sie sich vorstellen können, in einem derart verwahrlosten Aufzug bei ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber vorstellig zu werden. Sie legte das Kätzchen wieder zu seinen Geschwistern und überlegte, ob sie nicht besser umkehren sollte. Der Anblick der zitternden Kätzchen nahm ihr die Entscheidung ab. Sie brauchten dringend einen Unterschlupf und warme Milch. Und die Triple Eight war nicht mehr weit.
Sie legte den Gang ein, und mit einem hysterischen Durchdrehen der Hinterräder setzte der Pick-up sich schwerfällig in Bewegung. Molly war in Gedanken derart mit dem Schicksal ihrer kleinen Findelkinder beschäftigt, dass sie es versäumte, beim Anfahren in den Rückspiegel zu schauen. Deshalb bemerkte sie auch nicht den Wagen, der beim Versuch, ihrem Pick-up auszuweichen, von der
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