Julia Liebeskrimi Band 09
sie auf seine Hand hinunterschaute, dann hörte er, wie sie tief und zitternd durchatmete.
„Mary Faith … was ist mit dir?“
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war fest davon überzeugt, dass dies alles nur in einer Art Traum stattfand. Die Toten kehrten nicht ins Leben zurück, trotzdem hatte sie noch nie einen Traum gehabt, der sich so real anfühlte. Wenn sie vor die Wahl gestellt worden wäre, hätte sie sich eher für diese Verrücktheit entschieden, als wieder in ihr einsames trauriges Leben zurückzukehren. Und genau das war ihr Dilemma. Würde das alles verschwinden, wenn sie ihre Befürchtungen laut aussprach? Die Tatsache, dass sie Daniels Hand in ihrer wirklich spüren konnte, war für einen Traum etwas ganz Außergewöhnliches. Das wieder hergeben zu müssen – ihre Familie wieder hergeben zu müssen – würde sie nicht überleben.
Sie bewerkstelligte ein Lächeln und entschied sich, auf Nummer sicher zu gehen.
„Mir geht es gut“, sagte sie. „Hör auf, dir Sorgen zu machen.“
Daniel grinste. „Jetzt bittest du mich um etwas Unmögliches, das weißt du ganz genau. Ich mache mir ständig Sorgen um meine beiden Mädchen.“ Seine Stimme wurde weicher und so tief, dass nur Mary sie hören konnte. „Du bist mein Leben, Mary Faith. Wenn dir etwas passiert, passiert es mir auch.“
Ihr schossen die Tränen in die Augen. Impulsiv hob sie seine Hand an ihre Lippen und küsste seine Handfläche, bevor sie sie an ihre Wange legte.
Daniel stöhnte leise, dann zwinkerte er Mary nach einem kurzen Blick in den Rückspiegel zu und sagte: „Dein Timing könnte besser sein. Ich wüsste nicht, was ich lieber täte, als dich auf der Stelle zu vernaschen, aber wir stehen leider mit einem Kind im Auto mitten auf einer belebten Kreuzung.“
Als Mary die Leidenschaft in seinen Augen sah, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Plötzlich erinnerte sie sich sehr genau an das, was sie fühlte, wenn Daniel sie küsste oder wenn er sich in intimer Weise an sie drängte. Sie biss sich auf die Unterlippe und wich seinem Blick aus.
Verrückt. Das war sie. Absolut verrückt.
„Mommy, bist du krank?“
Als Mary das Zittern in Hopes Stimme hörte, drehte sie sich schnell um und lächelte das Kind an.
„Nein, Herzchen. Mir geht es gut. Mir war vorhin wahrscheinlich einfach nur ein bisschen zu heiß, okay?“
Hope nickte, doch ihre großen Augen waren dunkel vor Besorgnis.
Daniel warf einen Blick in den Rückspiegel. Hope war offenbar immer noch nicht ganz beruhigt. Er wusste genau, wie sie sich fühlte. Als Mary in seinen Armen schlaff geworden war, hatte sein Herz fast aufgehört zu schlagen. Sie war seine ganze Welt. Er zwinkerte seiner Tochter im Rückspiegel zu und fragte dann: „Willst du immer noch ein Vanilleeis, Schätzchen, oder willst du es diesmal mit einer anderen Sorte versuchen?“
Diese Ablenkung war genau das Richtige für Hope. „Ich will immer noch ’n Vanilleeis“, verkündete sie. „Aber diesmal will ich es lieber in einer Waffel, geht das?“
Mary blinzelte, als erwache sie aus einer Trance. „Was? Oh … äh … ja, natürlich kannst du dein Eis in einer Waffel haben.“
„Au toll!“, kreischte Hope begeistert und lehnte sich dann wieder zurück, als Daniel den Wagen beschleunigte.
Fast eine Stunde später waren sie auf dem Heimweg. Hope war auf dem Rücksitz eingeschlafen, und Mary hatte immer noch den Geschmack nach Schokoladen- und Walnusseis auf der Zunge, als Daniel rechts abbog.
„Wohin fahren wir jetzt?“
Daniel runzelte die Stirn. „Nach Hause.“
„Aber warum biegst du dann rechts ab? Das ist doch falsch.“
Daniels Furchen auf der Stirn vertieften sich. Sollte er seine Frau nicht doch besser in ein Krankenhaus fahren? Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, wenn sie nicht einmal mehr wusste, wo sie wohnten.
Er bog auf die runde Einfahrt ein und hielt neben dem Säulengang, dann drehte er sich zu ihr um.
„Honey, wir leben jetzt schon seit fast drei Jahren hier“, erklärte er in ihr verwirrtes Gesicht.
Marys Augen weiteten sich, als sie auf das zweistöckige Haus mit den beeindruckenden weißen Säulen schaute. Sie machte die Augen zu und atmete tief durch. Ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben, beschwor sie sich im Stillen.
„Also wirklich, wie dumm von mir! Aus irgendeinem Grund habe ich eben an unser altes Haus drüben auf der Lee Street gedacht.“
Daniel beugte sich über den Sitz und befühlte ihre Stirn, als ob er glaubte, sie könnte Fieber
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