Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 04
geflogen. Wie immer waren die Prinzen jedoch geteilter Meinung. Karim wollte als Erstes eine Rettungsaktion starten. Aber Rafi stimmte für ein größeres Aufgebot, weil in der Nähe des Hauses am See Parvaneh nur ein Hubschrauber landen konnte. Ashraf stimmte Karims Vorschlag zu und war im Stillen entschlossen, nicht bis zum nächsten Morgen zu warten, falls die Prinzen sich nicht einig werden sollten.
„Wir können uns dabei auch gleich um Jalal kümmern“, widersprach Rafi ihnen.
„Das kann eine Woche dauern. Zuerst müssen wir wissen, wie es oben am See steht, Rafi. Woher wollen wir wissen, ob es Jalal nicht gelungen ist, die Mädchen zu entführen?“
„Das hätten wir mitbekommen. Er hätte uns längst eine Forderung geschickt. Aber falls er das getan haben soll, was hat es dann für einen Sinn, nur mit einem Hubschrauber dorthin zu fliegen? Wir können nur in einen Hinterhalt geraten, ehe wir überhaupt etwas herausfinden.“
„Wir müssen aber doch wissen, ob Omar lebt oder nicht. Wenn er lebt, ist es im schlimmsten Fall erforderlich, ihn umgehend ins Krankenhaus zu bringen. Das lässt sich schneller bewerkstelligen, wenn wir uns nicht gleichzeitig in kriegerische Aktionen verlieren.“
Rafi schüttelte den Kopf. „Ich finde, es ist Leichtsinn, wenn wir nur mit einem Helikopter hinfliegen, besonders wenn Jalal es gelungen sein sollte, bis dorthin vorzudringen.“
„Aber nur einer kann am Haus landen. Weiter unten ist Platz für mehrere, sollte das notwendig sein.“
„Notwendig schon, aber sinnlos. Ich finde, wir sollten mit der entsprechenden Ausrüstung über Land aufbrechen, auch wenn wir uns dabei nicht mit Jalal einlassen.“
„Falls Omar lebt, wird er sich bedanken, dass wir ohne seine Erlaubnis mit unseren Armeen in sein Hoheitsgebiet eindringen. Verflixt, Rafi, überleg doch mal!“
Rafi hob eine Hand.„Sicher, da hast du recht. Wir wollen die Kluft schließen, nicht vergrößern.“
„Hör mal, es ist doch einfach. Ashraf, du und ich, wir nehmen ein paar kleine Helikopter, die gleich neben dem Haus landen können. Zusätzlich lassen wir uns von ein paar bewaffneten Sikorskys begleiten. Sie bieten uns Deckung, während wir landen und die Lage auskundschaften. Falls es notwendig ist, können die Fallschirmspringer zur Verstärkung anrücken. Wenn nicht, nehmen wir die Mädchen, Omar und diese Miss Stewart mit.“
„Mir gefällt das nicht“, wandte Rafi ein. „Ich würde lieber zuerst Jalals Lager vernichten und …“
„Wo immer sich das befindet“, erinnerte Karim ihn.
Nun mischte sich Ashraf Durran ein. „Jedes Mal, wenn es um Jalal geht, zerstreitet ihr euch. Was ist denn so schwer daran, Prinz Rafi? Für mich ist die Rettungsaktion vordringlich. Wir müssen uns zwar auch um Jalal kümmern, das steht außer Frage, aber wenn ihr beide euch nicht entscheiden könnt, werde ich im Morgengrauen zum See fliegen.“
„Ashraf hat recht. Wir können nicht hier herumsitzen und uns den ganzen Tag streiten. Wir müssen etwas unternehmen“, erklärte Karim.
„Schon gut, schon gut“, gab Rafi nach. „Ihr habt recht. Wir fliegen hin und holen sie heraus. Zusätzlich nehmen wir ein paar Hubschrauber zur Deckung und Verstärkung mit, sollte Jalal auf uns schießen.“
„Also starten wir im Morgengrauen“, entschied Karim.
Schweigend machten Omar und Jana sich auf den Rückweg zum Haus. Jana hätte gern etwas gesagt, aber sie wagte es nicht, denn Omar schien tief in Gedanken versunken.
Wie sonst auch ging jeder in sein eigenes Schlafzimmer. Omar zog sich aus und legte sich hin, aber er konnte nicht sofort schlafen. Es gab zu vieles, über das er nachdenken musste. Jana hatte ihm zu Erkenntnissen verholfen, die er nicht hatte wahrhaben wollen.
Aber jetzt musste er sich damit auseinandersetzen. Seine Zukunft hing davon ab, dass er sich selbst erkannte.
Er hatte sich belogen, und aus dem schrecklichsten Grund: aus Furcht. Bei jedem hatte er die Schuld für die Leere in seinem Leben gesucht, nur nicht bei sich.
Seine Mutter hatte ihn zu der Ehe überredet, die nicht nur ihm, sondern auch Faridah Unglück gebracht hatte. Dabei hatte er sich Mühe gegeben, eine gute Ehe mit ihr zu führen. Er hatte es als seine Pflicht betrachtet, sie glücklich zu machen. Er hatte sogar versucht, ihr eine Ausbildung angedeihen zu lassen. Doch sie hatte sich geweigert. Sie hatte große Teile des Korans auswendig gelernt und war ehrlich überzeugt, dass die Religion die beste Bildung für eine
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