Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 3
hatte er eine Frau getroffen, die keine Worte der Liebe und der Verpflichtung von ihm verlangt hatte. Doch Rose hatte dies nicht einmal nach dem Liebesakt getan. Sie brauchte von ihm keine emotionale Unterstützung. Ihre praktische Ader sagte ihr wohl, dass diese Worte nichts bedeuten konnten. Es waren Taten, die zählten. Bald würde er sie verlassen müssen.
„Dann sollten wir die letzten beiden Tage gut nutzen“, sagte sie freudlos.
Er nickte. Gern hätte er die Traurigkeit aus ihren Augen vertrieben. „Lass uns gleich damit beginnen.“ Er zog sie an sich und küsste sie. Ihn verwirrte die Wirkung dieses traurigen, süßen Kusses. „Das war ein Kuss, als ob es kein Morgen mehr gäbe“, bemerkte er.
Rose wünschte sich, dass es niemals ein Morgen geben würde. Dann küsste sie ihn mit einer hungrigen Verzweiflung, die sich zu einem Sturm der Leidenschaft auswuchs. Hilflos blieb sie nach dessen Abebben zurück.
Beide bemühten sich sklavisch um die Einzelheiten dieser letzten gemeinsamen Stunden, um alles so perfekt wie möglich zu gestalten. Sie kochten ihre Lieblingsmahlzeiten und spielten ihre Lieblingsmusik.
Zärtlichkeiten und körperliche Liebe nahmen eine neue Dimension an. Rose und Khalim wurden durch den drohenden Verlust des anderen zu einer noch größeren Gefühlstiefe befähigt.
Sein Körper war wie ein Instrument unter ihren geschickten Händen. Schließlich stöhnte er hilflos vor Vergnügen.
In der Nacht, bevor er abfliegen sollte, aßen sie ein Liebesmahl im Bett. Rose leckte eben den Erdbeersaft ab, der auf seine muskulöse Brust getropft war, als das Telefon klingelte.
„Überlass das dem Anrufbeantworter“, befahl er ihr mit geschlossenen Lidern.
Rose schüttelte den Kopf und erhob sich. Sie trug nur einen winzigen Slip aus dunkelroter Seide, den er für sie gekauft hatte. „Es könnte Maraban sein“, flüsterte sie. „Vielleicht sind es Neuigkeiten von deinem Vater.“
Schuldgefühle vertrieben augenblicklich die Lust. Khalim griff nach dem Hörer und meldete sich.
Sobald er schnell in Marabanisch zu sprechen begann, wusste Rose, dass etwas passiert sein musste. Sein Gesicht verzog sich schmerzlich.
Er sprach mit einer ungewöhnlich brüchigen Stimme und nickte mehrmals. Dann legte er den Hörer nieder. Rose ahnte, was geschehen war.
„Ist er tot?“, fragte sie mit zitternder Stimme.
Er blieb einen Moment stumm. Dann schüttelte er fassungslos den Kopf. Das Unvermeidliche war eingetroffen. Obwohl sie es erwartet hatte, war es unerträglich.
„Ja, er ist tot“, sagte er mit tonloser Stimme. „Er ist vor einer Stunde überraschend gestorben.“
„Khalim …“ Sie wollte ihm die Hand auf die Schulter legen, doch er schwang sich aus dem Bett. „Philip ist bereits auf dem Weg. Das Flugzeug wird aufgetankt. Wir werden sofort nach Maraban fliegen.“
Rose biss sich auf die Lippen. „Es tut mir so leid, Khalim.“
Er wandte sich ihr zu. Ihr verzweifeltes Gesicht erschütterte ihn.
„Ja, ich danke dir.“
Er wirkte abweisend, fast wie ein Fremder. Dennoch ging Rose durch das Zimmer zu ihm hinüber und schloss ihn tröstend in ihre Arme. Er fühlte sich steif an. Sie umarmte ihn noch fester.
„Ich hätte dort sein sollen“, sagte er mit brüchiger Stimme. „Ich hätte dort sein sollen.“
„Du konntest es nicht wissen. Du wolltest hinfahren, es war nicht zu erwarten, Khalim. Das ist Schicksal!“
„Schicksal“, wiederholte er dumpf. Dann umarmte er sie.
Lass es los, bat sie ihn stumm. Lass es los.
Vielleicht hatte er ihre stumme Bitte gespürt. Er atmete seufzend aus. Es klang gequält, dann drückte er sie an sich und lehnte den Kopf gegen ihre Schulter. Er erzitterte.
Für einige Augenblicke, die ihr wie Minuten oder Ewigkeiten vorkamen, standen sie einfach so da. Dann klingelte es nachdrücklich an der Tür.
Er sah sie an. Er hatte Tränen in den Augen.
„Khalim?“, flüsterte sie.
Die große schwarze Wolke der Trauer hob sich nur einen winzigen Moment, als er ihr Mitleid sah.
Er erkannte, dass dies der Moment der Wahrheit war. Er musste sie loslassen.
Er wollte es nicht.
„Mögen die Götter mir verzeihen, dass ich dies zu dieser Zeit sage“, flüsterte er. „Aber ich möchte dich nicht verlieren, Rose.“
Der Schmerz war unvorstellbar, ein Leben ohne Khalim führen zu müssen. „Es muss sein.“ Die Worte klangen wie eingeübt, was sie tatsächlich auch waren. Sie hatte sich lange auf diesen Augenblick vorbereitet. „Es muss
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