JULIA PRÄSENTIERT TRAUMZIELE DER LIEBE Band 01
organisiert sämtliche Wohltätigkeitsveranstaltungen, einschließlich des Rotkreuzballes im nächsten Monat. Solange Antonio und ich nicht verheiratet waren, hat man mich nie dazu eingeladen. Und nach unserer Hochzeit hätte man es vermutlich auch nicht getan, wenn Antonio nicht immer so großzügig gespendet hätte.“ Sie lächelte versonnen. „Das hängt damit zusammen, dass ich seine Geliebte war. Dabei sind die Leute in den Komitees gar nicht so steif und konservativ. Andererseits gilt eine solche Einladung als Auszeichnung, und da müssen sie natürlich vorsichtig sein.“
Bryony war froh, nicht länger über Raphael reden zu müssen. „Spricht sie sonst denn nicht mit dir?“
„Oh doch. Aber dies ist der erste Ball seit Antonios Tod, und ich hatte befürchtet, sie würden mich von der Gästeliste streichen – vor allem dann, wenn Raphael seinen Einfluss gegen mich geltend macht.“
„Wirst du eingeladen?“
„Ja.“ Etta nickte zufrieden.
Da am Nachmittag alle Gäste unterwegs waren, nutzte Bryony die Gelegenheit, um am Pool ein Sonnenbad zu nehmen – und ernsthaft über ihre Zukunft nachzugrübeln.
Der heutige Tag hatte ihr gezeigt, dass sie keineswegs gegen Raphael immun war. Egal, wie wütend und beschämt sie auch sein mochte, nichts schützte sie vor diesem brennenden Verlangen, das er in ihr weckte. Wenn er sie vorhin geküsst hätte, wäre sie ihm hilflos ausgeliefert gewesen, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Ich bin verloren, dachte sie. Ich habe mich unsterblich in den unpassendsten Mann verliebt, und es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte. Außer nach England zurückzukehren und mich dort vor ihm zu verstecken.
Plötzlich fiel ihr Blick auf Etta, die sich in einem bequemen Rattansessel von den Anstrengungen des Vormittags erholte. Bryony schlug das Gewissen. Ich kann sie nicht einfach im Stich lassen und mich wie ein Dieb davonstehlen. Und schon gar nicht jetzt, da das Hotel sich so gut angelassen hatte. Entweder bleibe ich, oder ich muss einen passenden Ersatz für mich suchen.
Völlig hin und her gerissen entschied Bryony, dass Arbeit das einzige Mittel gegen ihre Depressionen war. Sie ging auf ihr Zimmer und zog sich eilig um, ehe sie sich in der Küche zu schaffen machte. Das Ergebnis ihres Eifers waren einige köstliche Pastetchen, die sie beim Dinner als Vorspeise servierte.
John Cornell war heute bei Tisch der einzige Gast. Ein Ehepaar war am Vortag abgereist, und die übrigen Urlauber, drei Damen, die sich auf einer archäologischen Rundfahrt befanden, hatte beschlossen, den Abend in Taormina zu verbringen. Obwohl Etta zunächst den Anschein erweckt hatte, Mr. Cornell nicht zu mögen, genoss sie offenbar inzwischen seine Gesellschaft. Die beiden plauderten und lachten wie alte Freunde.
Nachdem sie das Dinner serviert hatte, aß Bryony allein zu Abend. Giovanni war mit den drei Damen nach Taormina unterwegs, und Maria besuchte im Ort eine Freundin. Später versuchte Bryony vergeblich, sich auf den Brief zu konzentrieren, den sie an ihre Eltern schrieb. Sekundenlang spielte sie mit dem Gedanken, die beiden anzurufen, verwarf diese Idee jedoch sogleich wieder. Ihre Mutter hätte an der Stimme ihrer Tochter zweifellos gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung war.
Rastlos wanderte Bryony durchs Haus. Hinter der Tür zum Großen Salon erklang Ettas perlendes Lachen. Offensichtlich saß die Contessa noch immer mit John Cornell zusammen, der seinen Aufenthalt um eine weitere Woche verlängert hatte. Giovanni brachte die drei Damen zurück, die sich erschöpft auf ihre Zimmer zurückzogen.
Wie unter einem unwiderstehlichen Zwang trat Bryony auf die Terrasse hinaus und ging durch den Garten zur Klippe über der Bucht. Heute wartete niemand am Steg auf sie. Am Mast der Yacht wehte keine Fahne. Niemand würde Bryony in die Arme schließen, sie küssen und liebkosen, bis sie vor Leidenschaft aufschrie. Wahrscheinlich würde sie irgendwann einmal einen anderen Mann treffen und mit ihm schlafen, aber es würde niemals wieder so sein wie mit Raphael, so sinnlich und vollkommen …
Lange stand Bryony dort und schaute versonnen auf die See hinaus. Dann drehte sie sich entschlossen um und kehrte ins Haus zurück. Sie lief die Treppe hinauf in ihr Zimmer und ging sofort ins Bett. Nachdem sie sich eine Weile unruhig hin- und hergewälzt hatte, schlief sie endlich ein.
Es war ein wundervoller Traum. Raphael küsste sie. Seine Lippen streiften ihre Haut wie eine sanfte Sommerbrise.
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