Julia Quinn
überzeugen konnte, dass sie in Wirklichkeit gar nicht
Carlotta De Leon war. Sie war keine Verräterin oder Spionin. Sie war einfach
eine Frau – eine ziemlich reizvolle Frau –, und sie war hier in seinem Haus, in
seinen Armen.
Er zog sie an sich und bedeckte
ihren Mund zärtlich mit seinem. Sie rührte sich nicht, aber
er vernahm ein kleines, überraschtes Keuchen von ihren Lippen. Das leise
Geräusch von ihr – das erste außer dem Husten am heutigen Tag – bezauberte ihn,
und er vertiefte den Kuss, folgte mit seiner Zungenspitze dem Schwung ihrer
Lippen.
Sie schmeckte süß und salzig und
genau, wie eine Frau schmecken sollte. Blake war so hingerissen, dass ihm gar
nicht auffiel, dass sie den Kuss nicht erwiderte. Aber bald schon merkte er,
dass sie vollkommen reglos in seinen Armen lag. Aus irgendeinem
unerfindlichen Grund ärgerte ihn das. Er hasste es, sie so zu begehren, und
wollte, dass sie dieselben Qualen litt.
»Erwidere meinen Kuss«, flüsterte er
heiser, sein Atem heiß auf ihrer Haut. »Ich weiß, du willst es. Ich habe es in
deinen Augen gelesen.«
Ein paar Sekunden lang starrte sie
ihn an, dann spürte er, wie ihre kleine Hand zart über seinen Rücken glitt. Sie
drängte sich fester an ihn, und als Blake die Hitze ihres Körpers mit sanftem
Druck an seinem fühlte, hatte er das Gefühl, gleich zu explodieren.
Ihre Lippen bewegten sich nicht mit
derselben Glut wie seine, aber sie teilten sich, forderten ihn schweigend auf,
den Kuss zu vertiefen.
»Gütiger Himmel«, murmelte er, als
er Atem schöpfen musste. »Carlotta.«
Sie versteifte sich in seinen Armen
und versuchte sich ihm zu entziehen.
»Nicht jetzt«, stöhnte Blake. Er
wusste, er musste dies hier beenden, wusste, er konnte es nicht so weit gehen
lassen, wie sein Körper es verlangte, aber er war noch nicht bereit, sie jetzt
schon loszulassen. Noch brauchte er sie, musste die Hitze ihrer sanft
gerundeten Formen fühlen, ihre Haut berühren, ihre Wärme benutzen, um sich
daran zu erinnern, dass er am Leben war. Und er ...
Sie entwand sich ihm und stolperte
einige Schritte rückwärts, bis sie an die Wand stieß.
Blake fluchte lautlos und stemmte
die Hände in die Hüften, während er sich darum bemühte, zu Atem zu kommen.
Als er sie wieder ansehen konnte, waren ihre Augen furchtsam aufgerissen, und
sie schüttelte heftig den Kopf.
»Ich war Ihnen derart widerwärtig?«
entrang es sich ihm.
Sie schüttelte erneut den Kopf,
schnell, kaum wahrnehmbar. Ich kann nicht, formten ihre Lippen.
»Nun, ich auch nicht«, erklärte er
mit unverhohlener Selbstverachtung. »Aber ich habe es trotzdem getan. Also was,
zum Teufel, soll das heißen?«
Sie riss die Augen weit auf, gab
aber sonst keine Antwort.
Blake betrachtete sie eine endlose
Minute lang, bevor er sagte: »Ich werde Sie jetzt allein lassen.«
Sie nickte langsam.
Er fragte sich, warum es ihm derart
widerstrebte, sie zu verlassen. Schließlich ging er unter ein paar gemurmelten
Flüchen zur Tür. »Ich sehe Sie morgen früh.«
Hinter ihm fiel sie krachend ins
Schloss, und Caroline starrte benommen auf die Stelle, wo er gerade eben noch
gestanden hatte. »O mein Gott!« flüsterte sie.
Am nächsten Morgen suchte Blake erst die Küche auf,
bevor er nach oben ging, um nach seinem »Gast« zu sehen. Er würde sie heute
zum Reden bringen, und wenn es ihn umbrächte. Dieser Unsinn war weit genug
gegangen.
Als er die Küche erreichte, traf er
Mrs. Mickle, seine Haushälterin und Köchin, an, die irgendetwas in einem
Suppentopf umrührte.
»Guten Morgen, Sir«, sagte sie.
»So also hört sich eine weibliche
Stimme an«, bemerkte Blake halblaut. »Ich hatte den Klang schon fast vergessen.«
»Verzeihung?«
»Nichts. Würden Sie mir bitte Wasser
für Tee aufsetzen?«
»Noch mehr Tee? Ich dachte, Sie
bevorzugen Kaffee?«
»Das tue ich auch. Aber heute möchte
ich Tee.« Blake war sich ziemlich sicher, Mrs. Mickle wusste genau, dass eine
Frau im obersten Stockwerk untergebracht war, doch sie arbeitete schon viele
Jahre für ihn. Sie hatten ein stillschweigendes Einverständnis: Er bezahlte
sie gut und behandelte sie mit größtem Respekt, und im Gegenzug dafür stellte
sie keine Fragen und erzählte nichts herum. So hielt er es mit all seinen
Dienstboten.
Die Haushälterin nickte und
lächelte. »Dann möchten Sie noch eine große Kanne?«
Blake erwiderte ihr Lächeln trocken.
Natürlich hieß dieses stillschweigende Einverständnis nicht, dass Mrs. Mickle
ihn nicht gerne
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