Julia Quinn
gepresst.
Sie verschränkte ihre Hand im Schoß
und wartete darauf, dass er wieder zu sprechen begann. Irgendwie schien es
ihr nicht richtig, ihn in seiner Trauer zu stören. Er blieb schweigsam.
Als ihr die Stille unbehaglich
wurde, erhob sich Caroline und ging zum Fenster. Regen schlug an die Scheiben,
und sie fragte sich, wie viel Wasser sie wohl in dem kleinen Gefäß hatte
auffangen können. Vermutlich nicht viel, und sie brauchte auch gewiss nach all
dem Tee, den er ihr heute Nachmittag aufgenötigt hatte, das Wasser nicht, aber
sie war doch neugierig, ob ihr Plan aufgegangen war. Sie hatte schon vor langer
Zeit gelernt, sich mit wenig Aufwand allein zu beschäftigen. Ein kleines
Projekt hie und da, eine Aufzeichnung der Veränderungen des Nachthimmels von
Monat zu Monat. Wenn er sie eine Weile hier behielt, konnte sie vielleicht
den wöchentlichen Niederschlag messen. Wenigstens würde sie das beschäftigen.
»Was tun Sie da?« verlangte er zu
wissen.
Sie gab ihm keine Antwort, weder mit
Worten noch mit Gesten, und fasste nach dem Fenstergriff.
»Ich habe gefragt, was Sie da tun.«
Während er noch sprach, erklangen schon seine Schritte, und Caroline wusste,
er kam zu ihr. Trotzdem drehte sie sich nicht um. Sie öffnete das Fenster, und
sogleich drang feuchte Luft, durchsetzt mit Regentropfen, ins Zimmer, so dass
die Vorderseite ihres Kleides ganz nass wurde.
»Sie kleine Närrin«, sagte er, ihre
Hand mit seiner umschließend.
Überrascht fuhr sie zu ihm herum.
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie berühren würde.
»Sie werden vollkommen durchnässt.«
Mit einer entschiedenen Bewegung schloss er das Fenster wieder. »Und dann
werden Sie wirklich krank werden.«
Sie schüttelte den Kopf und deutete
auf das Gefäß auf dem Fensterbrett.
»Sie können doch unmöglich durstig
sein!«
Ich war einfach neugierig, versuchte sie ihm zu sagen.
»Was? Das habe ich nicht verstanden.«
Neugüierig. Sie beschränkte sich auf das eine
Wort und machte ganz langsame, deutliche Lippenbewegungen, in der Hoffnung,
dass er so von ihren Lippen lesen konnte.
»Wenn Sie laut sprächen«, bemerkte
er spöttisch, »könnte ich vielleicht verstehen, was Sie sagen.«
Caroline stampfte wütend auf, aber
ihr Fuß landete auf etwas wesentlich Unebenerem als dem Fußboden.
»Au!« schrie er.
Oh! Sein Fuß! Entschuldigung.
Entschuldigung. Entschuldigung. Entschuldigung, sagte sie immer wieder. Das
wollte ich nicht.
»Wenn Sie glauben, dass ich das
verstehen konnte, dann sind Sie noch verrückter, als ich ursprünglich
angenommen hatte.«
Sie kaute reumütig auf ihrer
Unterlippe, dann legte sie sich die Hand aufs Herz.
»Vermutlich wollen Sie mich davon
überzeugen, dass das keine Absicht war?«
Sie nickte ernsthaft.
»Ich glaube Ihnen nicht.«
Sie runzelte die Stirn und seufzte
ungeduldig. Diese Stummheit wurde langsam lästig, aber sie wusste nicht, was ihr sonst übrig blieb. Gereizt
streckte sie ihren Fuß aus.
»Was soll das heißen?«
Sie bewegte ihren Fuß hin und her,
stellte ihn dann auf den Boden und trat sich mit dem anderen darauf.
Er betrachtete sie vollkommen
verwirrt. »Wollen Sie mich davon überzeugen, dass Sie es lieben, wenn man Ihnen
Schmerz zufügt? Ich hasse es, Sie zu enttäuschen, aber dafür habe ich mich nie
hergegeben.«
Am Rande ihrer Geduld angekommen,
hob sie eine Faust, zeigte dann erst auf ihn, dann auf ihren Fuß.
»Sie wollen, dass ich Ihnen auf den
Fuß trete?« erkundigte er sich ungläubig.
Sie nickte.
»Warum?«
Weil es mir Leid tut, formten ihre Lippen.
»Tut es Ihnen wirklich Leid?« fragte
er mit gefährlich leiser Stimme.
Sie nickte.
Er beugte sich vor. »Wirklich und
von Grund auf?«
Sie nickte wieder.
»Und Sie sind entschlossen, es mir
zu beweisen?«
Sie nickte noch einmal, aber diesmal
mit weniger Überzeugung.
»Ich werde Ihnen nicht auf den Fuß
treten«, flüsterte er. Sie blinzelte.
Blake berührte zart ihre Wange, sich
wohl bewusst, dass er verrückt war, aber unfähig, damit aufzuhören. Seine
Finger glitten über ihren Hals, die Wärme ihrer Haut genießend. »Sie werden es
auf eine andere Weise wieder gutmachen.«
Sie versuchte, einen Schritt nach
hinten zu machen, aber er hatte ihr seine Hand um den Nacken gelegt und hielt
sie fest.
»Ein Kuss, würde ich sagen«,
murmelte er. »Nur einer. Nur ein Kuss.«
Ihre Lippen teilten sich überrascht,
und sie sah so verdammt erstaunt und unschuldig aus, dass er sich einen
Augenblick lang davon
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