Julia Quinn
Haben Sie das jetzt verstanden?«
Sie nickte. »Könnten Sie mich
vielleicht wieder herunterlassen?«
»Gut.« Er stellte sie überraschend
sanft auf den Boden, drehte sich um und ging die Treppe weiter hoch.
Caroline jedoch war sogleich wieder
dicht hinter ihm.
»Ich dachte, Sie wollten mir aus dem
Weg gehen?« erkundigte er sich scharf und fuhr, sobald er den ersten Absatz
erreicht hatte, herum, um sie anzusehen.
»Das wollte ich auch. Ich meine
natürlich, das will ich. Aber Sie sind krank und ...«
»Ich bin nicht krank!« brüllte er.
Sie sagte nichts, doch es war klar,
dass sie seiner Beteuerung keinen Glauben schenkte.
Er stemmte die Hände in die Hüften
und beugte sich vor, bis ihre Nasen sich erneut fast berührten. »Ich werde das
hier jetzt langsam und deutlich sagen, so dass Sie mich verstehen werden. Ich
gehe jetzt auf mein Zimmer. Folgen Sie mir nicht.«
Sie hörte nicht zu.
»Gütiger Himmel, Frau!« brach es aus
ihm keine zwei Sekunden später hervor, als sie mit ihm zusammenstieß, während
sie um die Ecke bogen, »wie kann man eine Anweisung in Ihren Dickschädel
bekommen? Sie sind wie die Pest, Sie ... O Himmel, was ist denn jetzt schon
wieder los?«
Carolines Gesichtsausdruck, der eben
noch so aufsässig und entschieden gewesen war, wirkte plötzlich verloren. »Es
ist nichts«, erwiderte sie mit einem leisen Schniefen.
»Ganz offensichtlich doch.«
Sie zuckte selbstverächtlich die
Schultern. »Percy hat dasselbe zu mir gesagt. Er ist ein Dummkopf, und ich
weiß das, aber es schmerzt dennoch. Es war nur, dass ich dachte ...«
Blake fühlte sich wie der gefühlloseste
Grobian überhaupt. »Was dachten Sie, Caroline?« fragte er behutsam.
Sie schüttelte den Kopf und wandte
sich zum Gehen.
Er sah ihr einen Augenblick lang
nach, versucht, sie gehen zu lassen. Schließlich war sie den ganzen Morgen über
wie ein Dorn in seinem Fleisch gewesen – von einer besonders exponierten Stelle
seiner Anatomie gar nicht zu reden. Die einzige Möglichkeit, die ihm offen
stand, wenigstens etwas Frieden zu finden, war, sie sich aus den Augen zu
schaffen.
Aber ihre Unterlippe hatte gezittert,
und ihre Augen waren tränenfeucht gewesen, und .. .
»Verdammt«, murmelte er. »Caroline,
kommen Sie her.«
Sie hörte ihn nicht, darum schritt
er den Flur hinab und holte sie ein, als sie gerade die Treppe erreicht hatte.
Mit ein paar raschen Schritten hatte er ihr den Weg abgeschnitten. »Bleiben Sie
stehen, Caroline. Jetzt.«
Er hörte sie wieder schniefen, dann
blickte sie ihn an. »Was ist los, Blake? Ich sollte wirklich gehen. Ich bin sicher, Sie kommen wundervoll alleine zurecht. Das haben Sie selbst gesagt, und
Sie brauchen ganz bestimmt nicht meine Hilfe ...«
»Warum sehen Sie mit einem Mal so
aus, als würden Sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen?«
Sie schluckte. »Ich stehe nicht kurz
davor, in Tränen auszubrechen.«
Er verschränkte die Arme und warf
ihr einen Blick zu, der besagte, dass er ihr keine Sekunde lang glaubte.
»Ich habe doch schon gesagt, es ist
nichts«, murmelte sie.
»Ich werde Sie nicht eher die Treppe
hinuntersteigen lassen, bis Sie mir gesagt haben, was los ist.«
»Fein. Dann gehe ich nach oben auf
mein Zimmer.« Sie drehte sich um und machte einen Schritt von ihm fort, aber er
bekam sie am Rock zu fassen und zog sie zu sich zurück. »Vermutlich werden Sie
mir jetzt erklären, dass Sie nicht vorhätten, mich gehen zu lassen, bis ich es
Ihnen sage«, erklärte sie verdrossen.
»Sie sind wirklich scharfsinnig
geworden in Ihrem Ehrfurcht gebietenden Alter.«
Sie verschränkte die Arme
rebellisch. »Um Himmels willen! Sie führen sich ziemlich lächerlich auf.«
»Ich habe Ihnen schon einmal gesagt,
dass ich mich für Sie verantwortlich fühle, Caroline. Und ich nehme meine
Verantwortlichkeiten nicht auf die leichte Schulter.«
»Und das soll heißen?«
»Das soll heißen, wenn Sie weinen,
möchte ich dafür sorgen, dass Sie aufhören.«
»Ich weine aber gar nicht.«
»Sie standen kurz davor.«
»Oh!« rief sie aus und warf
erbittert die Arme in die Luft. »Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie
genauso dickköpfig sind wie ... wie ...«
»Wie Sie?« schlug er vor.
Sie presste die Lippen zu einer
festen, geraden Linie zusammen, während sie ihn mit ihren Blicken erdolchte.
»Heraus damit, Caroline. Eher werde
ich Sie nicht vorbeilassen.«
»Na gut! Wollen Sie wissen, warum
ich verstört war? Gut. Ich sage es Ihnen.« Sie schluckte und
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