Julia Quinn
Lehm von den Schuhen zu bekommen, und betrat ihr
kleines Haus. Leise versuchte sie sich durch die Diele zur Treppe zu schleichen.
Sie wollte in ihrem Zimmer verschwinden, ehe jemand sie sah, aber Susan war
schneller.
»Liebe Güte! Was ist dir denn
passiert?«
»Ich bin gestürzt«, meinte
Elizabeth gepresst, ohne den Blick von der Treppe zu wenden.
»Schon wieder?«
Sie fuhr herum und durchbohrte ihre
Schwester mit Blicken. »Was heißt, schon wieder?«
Susan räusperte sich. »Ach,
nichts.«
Elizabeth wirbelte schwungvoll
herum, um endlich die Treppe hochzusteigen, doch dabei prallte sie mit der Hand gegen das Geländer. »Au!«
Susan verzog mitfühlend das Gesicht.
»Das hat bestimmt wehgetan!«
Elizabeth starrte sie nur wütend an.
»Verzeihung«, meinte Susan
hastig, als ihr klar wurde, was für eine schlechte Laune ihre
Schwester hatte.
»Ich gehe jetzt in mein
Zimmer«, betonte Elizabeth.
»Dann werde ich mich hinlegen und
ein wenig schlafen.
Wenn einer es wagt, mich zu stören,
garantiere ich für gar nichts!«
Susan nickte. »Jane und Lucas
spielen draußen im Garten. Ich werde ihnen sagen, dass sie
leise sein sollen, wenn sie ins Haus kommen.«
»Gut. Au!«
Susan zuckte zusammen. »Was ist
jetzt?«
Elizabeth bückte sich und hob einen
von Lucas' Zinnsoldaten auf. »Kann mir einer erklären,
warum das Ding hier mitten auf dem Boden liegt, wo jeder
unweigerlich darauf treten muss?«
»Eigentlich nicht«, meinte
Susan mit dem halbherzigen Versuch eines Lächelns.
Elizabeth seufzte. »Das ist heute
wohl nicht mein Tag.«
»Das Gefühl habe ich auch. Soll ich
dir eine Tasse Tee bringen?« erkundigte Susan sich
freundlich.
Elizabeth nickte. »Das wäre
herrlich, ja.«
»Mit Vergnügen. Ich werde gleich ...
Was ist das da in deiner Tasche?«
»Was denn?«
»Dieses Buch da.«
Elizabeth fluchte insgeheim und zog
ein Taschentuch über das Buch. »Nichts weiter.«
»Hast du dir von Lady Danbury ein
Buch ausgeliehen?«
»Sozusagen.«
»Oh, fein. Ich habe alles gelesen,
was wir haben, und das ist ohnehin nicht mehr viel.«
Elizabeth nickte nur und wollte sich
an ihr vorbeidrücken.
»Ich weiß, es hat dir das Herz
gebrochen, als du die Bücher verkaufen musstest«,
erklärte Susan. »Aber von dem Geld konnten wir wenigstens
Lucas' Lateinstunden bezahlen.«
»Ich muss
jetzt wirklich ...«
»Darf ich das Buch einmal sehen? Ich
würde es gern lesen.«
»Das geht nicht!« entfuhr es
Elizabeth lauter, als ihr lieb war.
Susan wich
zurück. »Entschuldigung.«
»Ich muss es morgen zurückgeben, das
ist alles. Du hast gar nicht die Zeit, es zu lesen.«
»Darf ich
nur mal einen Blick darauf werfen?«
»Nein!«
Susan trat
einen Satz auf sie zu. »Ich möchte es aber!«
»Ich sagte Nein!« Elizabeth
wich aus und wollte die Treppe hinaufrennen. Doch gerade, als sie den Fuß auf
die erste Stufe gesetzt hatte, merkte sie, dass die Schwester ihren Rock zu
fassen bekommen hatte.
»Ich habe
dich!« triumphierte Susan.
»Lass mich
sofort los!«
»Erst, wenn
du mir das Buch gezeigt hast.«
»Susan, ich
bin dein Vormund, und ich befehle dir ...«
»Du bist meine Schwester, und ich
will sehen, was du da versteckst!«
Elizabeth begriff, dass sie mit Vernunft
nicht weiterkam, daher zerrte sie einmal fest an ihrem Rock, um sich zu
befreien. Das führte allerdings nur dazu, dass sie das Gleichgewicht verlor und
das Retikül fallen ließ.
»Na also!« rief Susan erfreut
und nahm das Buch heraus. Elizabeth stöhnte. »,Wie heiratet man einen
Marquis'«. Susan sah teils verwirrt, teils belustigt auf.
»Es ist nur ein dummes kleines
Buch.« Elizabeth spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. »Ich dachte
nur ... Das heißt, ich dachte ...«
»Einen Marquis?« wiederholte
Susan zweifelnd. »Du steckst dir ganz schön hohe Ziele, nicht wahr?«
»Um Himmels willen, ich werde doch
keinen Marquis heiraten!« brauste Elizabeth auf. »Aber vielleicht stehen
in dem Buch ja ganz nützliche Ratschläge, da ich schließlich irgendjemanden
heiraten muss und mir bislang noch niemand einen Antrag gemacht hat.«
»Außer Squire Nevins«, murmelte
Susan und blätterte die Seiten durch.
Elizabeth
befiel eine leichte Übelkeit. Der Gedanke, dass Squire Nevins sie berührte, sie
küsste ... Aber wenn er der einzige Ausweg war, wie sie ihre Familie retten
konnte ... Sie schloss die Augen. In dem Buch musste einfach etwas stehen, das
ihr half, einen Ehemann zu finden.
»Das hier klingt wirklich
interessant.« Susan
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