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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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leises
Bedauern.
    »Du brauchst dich nicht für deine Familie zu opfern«, argumentierte
er leise.
    »Es ist kein Opfer. Es ist ...« Sie lächelte verlegen,
vielleicht auch ein bisschen sehnsüchtig. »Ich weiß nicht, was es ist, aber ein
Opfer ist es nicht.« Sie sah auf. Ihr Blick war warm. »Es gehört eben zu
mir.«
    »Ich ...«
    Sie wartete einen Moment ab, ob er weitersprechen würde, und fragte
dann: »Was ist denn?«
    Er hätte ihr gern gesagt, dass er sie für die
wohl tapferste, selbstloseste Person hielt, die er kannte. Er
hätte ihr gern gesagt, dass er auch tausend Smythe-Smithsche musikalische Soireen
durchstehen würde, wenn er dafür mit ihr zusammen sein konnte.
    Er hätte ihr gern gesagt, dass er sie liebte. Aber hier ging das
nicht. »Ich bewundere dich.«
    Darauf lachte sie nur leise. »Möglich, dass du das am Ende dieses
Abends zurücknehmen möchtest.«
    »Ich würde das nicht fertigbringen, was du da
tust«, sagte er ruhig.
    Sein ernster Ton verblüffte sie. »Wie meinst
du das?«
    Er war sich nicht ganz sicher, wie er es
formulieren sollte, und so sagte er schließlich zögernd: »Ich stehe nicht gern
im Mittelpunkt.«
    Sie legte den Kopf schräg und sah ihn lange
an, ehe sie antwortete: »Nein, das stimmt.« Und dann: »Du warst immer ein
Baum.«
    »Wie
bitte?«
    Ihr Blick wurde erinnerungsselig. »Damals, als wir unsere
schrecklichen Krippenspiele aufgeführt haben. Du hast immer einen Baum
gespielt.«
    »Da brauchte
ich nie etwas zu sagen.«
    »Und du durftest dich immer im Hintergrund
halten.«
    Er spürte, wie sich in seiner ernsten Miene ein Lächeln Bahn
brach, etwas schief zwar, aber ehrlich. »Als Baum habe ich mich ziemlich wohl
gefühlt.«
    »Du warst auch ein sehr guter Baum.« Sie lächelte jetzt ebenfalls
– ein strahlendes, wunderbares Lächeln. »Wir brauchen mehr Bäume auf dieser
Welt.«
    Am Ende der
Soiree tat Honoria vor lauter Lächeln das Gesicht weh. Sie grinste während des
ersten Satzes, strahlte während des zweiten, und nach dem dritten hatte sie
mindestens so viele Zähne gezeigt wie beim Zahnarzt.
    Die Aufführung war genauso schrecklich, wie sie befürchtet hatte.
Eher noch schrecklicher. Tatsächlich war es das vielleicht schlimmste Konzert in der Geschichte der Smythe-Smithschen
musikalischen Soiree gewesen, und das war keine geringe Leistung. Anne hatte
sich am Klavier ganz geschickt gezeigt; mit etwas mehr Zeit zum Üben hätte sie
sich im Stück vermutlich einigermaßen zurechtgefunden und ihre Sache gut
gemacht. So aber hechelte sie den anderen immer eineinhalb Takte hinterher.
    Was noch durch die Tatsache verkompliziert wurde, dass Daisy immer
eineinhalb Takte voranpreschte.
    Iris hatte wunderbar gespielt beziehungsweise
hätte wunderbar spielen können. Honoria hatte sie schon öfter allein üben
hören und war jedes Mal so überwältigt von ihrer Kunstfertigkeit, dass es sie
nicht überrascht hätte, wenn Iris plötzlich aufgestanden wäre und erklärt
hätte, sie sei adoptiert.
    Aber ihre Cousine war so unglücklich über diesen
erzwungenen Auftritt auf der behelfsmäßigen Bühne gewesen, dass sie ihren
Bogen ohne jede Energie führte. Sie hatte die Schultern hängen lassen, ihre
Miene war schmerzerfüllt, und jedes Mal, wenn Honoria zu ihr hinübersah, schien
sie kurz davor, sich den Hals ihres Cellos in den Leib zu rammen.
    Was Honoria selbst anging ... Nun, sie war
schrecklich, sogar noch schlechter als sonst. Sie hatte sich so darauf konzentrieren
müssen, die Lippen zu jenem seligen Pflicht-Lächeln zu verziehen, dass sie beim
Notenlesen oft einfach nicht mehr mitgekommen war.
    Trotzdem war es die Sache wert gewesen. In
der ersten Reihe hatten größtenteils Verwandte gesessen. Ihre Mutter war da und
sämtliche Tanten. Ein paar Schwestern, Scharen von Cousinen ... Und sie alle hatten
mindestens so strahlend gelächelt wie sie. Und sie war wieder einmal stolz und
so glücklich, Teil dieser Tradition sein zu dürfen.
    Zugegeben, das übrige Publikum wirkte ein
wenig mitgenommen, aber schließlich wussten die Leute ja von Anfang an, worauf
sie sich einließen. Nach achtzehn Jahren besuchte niemand eine
Smythe-Smithsche musikalische Soiree, ohne etwas von den Schrecken zu ahnen,
die vor ihm lagen.
    Der Applaus war recht üppig ausgefallen,
zweifellos wollte man das Ende des Konzerts feiern, und danach stand Honoria immer
noch lächelnd auf der Bühne und begrüßte die wenigen Zuhörer, die den Mut
aufbrachten, nach vorne zu kommen.
    Sie hatte den

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