Julia Quinn
funkelnden grünen Augen. Das wäre ja fast noch angegangen, aber als
Colin Bridgerton dann angefangen hatte, ihr Lächeln zu erwidern ...
Es gab Dinge, die konnte man einfach nicht
ertragen.
Doch bevor er eingreifen konnte, musste er sich aus dem Gespräch
mit Felicity Featherington loseisen – oder eher aus dem Gespräch mit Felicity
Featheringtons Mutter, deren Konversation etwas von der Unnachgiebigkeit eines
Schraubstock hatte. Vermutlich war er unhöflich gewesen, nein, er war bestimmt
unhöflich gewesen, aber sich aus den Fängen der Featheringtons zu befreien war
keine Aufgabe, die mit Takt oder Fingerspitzengefühl zu bewerkstelligen war.
Nachdem er Mrs Featherington seinen Arm förmlich entrissen hatte,
konnte er endlich zu Honoria gehen, die lachend und strahlend mit Mr Bridgerton
scherzte.
Er hatte die Absicht, höflich zu bleiben. Wirklich, er war fest
dazu entschlossen. Doch genau in dem Moment, in dem er näher kam, trat Honoria
einen kleinen Schritt zur Seite, und er sah unter ihrem Rock roten Satin
aufblitzen.
Ihre roten Glücksschuhe.
Und plötzlich brannte sein Zorn lichterloh.
Er wollte nicht, dass irgendein anderer Mann diese Schuhe sah. Er
wollte nicht einmal, dass irgendein anderer Mann davon wusste.
Er sah zu, wie die Schuhe wieder sicher unter dem Rock verschwanden,
trat vor und sagte, vielleicht frostiger als er beabsichtigte: »Lady
Honoria.«
»Lord Chatteris«, erwiderte sie.
Er hasste es, wenn sie ihn Lord Chatteris
nannte.
»Wie schön, dich zu sehen.« Ihr Ton war der einer flüchtigen
Bekannten, oder vielleicht einer sehr entfernten Verwandten. »Kennst du Mr
Bridgerton?«
»Allerdings«, erwiderte Marcus knapp.
Bridgerton nickte sein höfliches Nicken, und dann nickte Marcus,
und das war anscheinend das Maximum an Konversation, zu dem sich die beiden
Männer herabzulassen gedachten.
Marcus wartete darauf, dass Bridgerton irgendeine Entschuldigung
vorbrachte und ging, denn er verstand doch sicherlich, was von ihm erwartet
wurde. Doch der Blödmann blieb einfach stehen und grinste, als hätte er keine
Sorgen auf der Welt.
»Mr Bridgerton hat gerade davon gesprochen ... «, begann
Honoria. Genau im selben Augenblick erklärte Marcus: »Wenn Sie uns bitte
entschuldigen würden. Ich möchte mit Lady Honoria unter vier Augen
sprechen.«
Da Marcus' Ton lauter und entschiedener war, konnte er seinen Satz
vollenden. Honoria presste die Lippen zusammen und schwieg.
Mr Bridgerton musterte ihn von oben bis unten,
gerade so lange, dass Marcus wütend die Zähne zusammenbiss. Dann drehte er von
einer Sekunde auf die andere seinen Charme auf, so, als wäre nichts geschehen.
Mit einer munteren Verbeugung sagte er: »Aber natürlich. Gerade habe ich mir
gedacht, dass ich jetzt furchtbar gern ein Glas Limonade trinken würde.«
Er verbeugte sich, lächelte und war im nächsten Moment
verschwunden.
Honoria wartete, bis er außer Hörweite war, und bedachte Marcus
dann mit einem finsteren Blick. »Das war unglaublich rüde von dir.«
Er sah sie streng an. »Im Gegensatz zu seinem kleinen Bruder ist
dieser Bridgerton nicht mehr feucht hinter den Ohren.«
»Was redest du denn da?«
»Du solltest nicht mit ihm flirten.«
Honoria blieb der Mund offen stehen. »Das habe ich doch gar
nicht!«
»Natürlich hast du das«, erwiderte er. »Ich habe dich doch
dabei beobachtet.«
»Von wegen!«, gab sie zurück. »Du
hast mit Felicity Featherington geredet.«
»Die einen ganzen Kopf kleiner ist als ich. Ich konnte direkt über
sie hinwegsehen.«
»Wenn du es unbedingt wissen musst«, stieß Honoria hervor und
konnte es gar nicht fassen, dass er sich verhielt, als wäre er derjenige, dem
hier Unrecht geschehen war, »so hat ihn deine Tante hergerufen.
Erwartest du etwa, dass ich so unhöflich bin, ihm in meinem eigenen Haus die
kalte Schulter zu zeigen? Bei einer Veranstaltung, möchte ich hinzufügen, zu
der er eingeladen war?«
Beim letzten Punkt war sie sich nicht ganz
sicher, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Mutter irgendeinen
Bridgerton nicht eingeladen hätte.
»Meine Tante?«
»Lady Danbury. Deine Urur...«
Wütend starrte er sie an.
»Urururur... fuhr sie fort, nur um ihn zu
ärgern.
Marcus murmelte etwas Ungebührliches in sich
hinein und sagte dann in kaum respektvollerem Ton: »Sie ist eine Landplage.«
»Ich mag sie«, entgegnete Honoria
trotzig.
Er schwieg, doch sein zorniger Blick sprach
Bände. Und Honoria konnte nur denken: warum? Weswegen war er
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