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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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Seiten. Wäre es denn so schlimm, wenn
sie einen kurzen Blick riskieren würde?
    Nein. Das durfte sie nicht. Es wäre ein übler Vertrauensbruch, ein
Einbruch in Marcus' Privatsphäre. Und in Daniels.
    Andererseits – was konnten die beiden zu besprechen haben, was sie
nicht auch etwas anginge?
    Sie drehte sich um und blickte zu der Tür, die das Hausmädchen
erwähnt hatte. Dahinter war noch alles still. Wenn Marcus sein Bad beendet
hätte, würde sie ihn doch sicher herumgehen hören. Wieder wanderten ihre Augen
zu dem Brief.
    Sie konnte sehr schnell lesen.
    Am Ende beschloss sie nicht ausdrücklich, Daniels Brief an Marcus
zu lesen. Stattdessen erlaubte sie sich einfach nicht, sich dagegen zu
entscheiden. Der Unterschied war zugegebenermaßen nicht groß, aber doch
bedeutsam genug, um ihren eigenen Moralkodex zu überlisten. Das ermöglichte
ihr, etwas zu tun, was sie sehr erbost hätte, wenn es ihr Brief gewesen
wäre, der da auf dem Nachttisch lag.
    Rasch, als könnte Geschwindigkeit das
Vergehen geringer machen, riss sie die Seiten an sich. Lieber Marcus, und
so weiter, und so weiter ... Daniel schrieb von seiner Wohnung, beschrieb die
Läden in der Nachbarschaft in ausufernden Details, versäumte es aber, den Namen
der Stadt zu erwähnen, in der er weilte. Dann widmete er sich dem Essen, das er
weitaus delikater fand als das englische. Danach kam ein kurzer Absatz über
seine Pläne, nach Hause zu kommen.
    Lächelnd wandte Honoria sich dem zweiten Blatt Papier zu. Daniel
schrieb genauso, wie er sprach, seine Stimme tönte ihr praktisch aus dem Brief
entgegen.
    Im nächsten Absatz bat Daniel Marcus, Lady Winstead von seiner
bevorstehenden Rückkehr zu unterrichten, was Honoria ein noch breiteres Lächeln
entlockte. Nie wäre Daniel auf die Idee gekommen, dass Mutter und Schwester
neben Marcus stehen würden, wenn er den Brief bekam.
    Ganz am Ende entdeckte Honoria ihren eigenen
Namen.
    Ich habe nichts von einer Hochzeit Honorias gehört, also nehme ich
an, dass sie noch unverheiratet ist. Ich muss Dir noch einmal dafür danken,
dass Du Fotheringham letztes Jahr vergrault hast. Er ist ein Schuft, und es
ärgert mich, dass er überhaupt den Versuch unternommen hat, ihr den Hof zu
machen.
    Was war das denn? Honoria blinzelte, als könnte sie das Geschriebene
dadurch verändern. Marcus hatte etwas damit zu tun, dass Lord Fotheringham ihr
am Ende keinen Heiratsantrag gemacht hatte? Sie war damals zwar schon selbst zu
dem Schluss gekommen, dass sie Lord Fotheringham nicht mochte und ihm daher
einen Korb geben würde, aber trotzdem ...
    Travers wäre auch eine schlechte Partie gewesen. Ich hoffe, Du
musstest ihn nicht auszahlen, damit er sie in Ruhe lässt, aber falls doch, gebe
ich Dir das Geld zurück.
    Was? Leute wurden bezahlt, damit sie ... was? Ihr nicht den Hof
machten? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn.
    Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Du ein Auge auf sie hast.
Das war wirklich viel verlangt, und ich weiß, dass ich Dir keine große Wahl
gelassen habe, nachdem ich Dich erst am Abend meiner Abreise darum gebeten
habe. Wenn ich zurückkehre, liegt die Verantwortung wieder bei mir und Du
kannst London den Rücken kehren. Ich weiß, wie sehr Du es verabscheust.
    Und damit beendete Daniel seinen Brief. Mit dem Versprechen, Marcus
die entsetzliche Last abzunehmen, die sie anscheinend für ihn war.
    Sie legte den Brief sorgfältig zurück, genau so, wie er ausgesehen
hatte, als sie ihn in die Hand genommen hatte.
    Daniel hatte Marcus gebeten, auf sie aufzupassen? Warum hatte
Marcus denn nichts gesagt? Und wie dumm von ihr, dass sie nicht von selbst
darauf gekommen war! Es lag doch so nahe. All die Gesellschaften, auf denen sie
Marcus finster in ihre Richtung hatte starren sehen – er hatte sie nicht etwa
so angesehen, weil er sie oder ihr Benehmen missbilligte; er war einfach
schlechter Laune gewesen, weil er in London festsaß, bis sie einen passenden
Heiratsantrag erhielt. Kein Wunder, dass er die ganze Zeit so verdrießlich
gewirkt hatte.
    Und all die Verehrer, die nach einer Weile aus unerfindlichen
Gründen das Interesse verloren hatten – er hatte sie vergrault! Marcus
hatte entschieden, dass sie nicht dem entsprachen, was Daniel sich für sie
gewünscht hätte, und so hatte er sie hinter ihrem Rücken einfach vergrault.
    Eigentlich hätte sie außer sich vor Zorn sein
müssen.
    Aber das war sie nicht. Zumindest nicht
deswegen.
    Alles, woran sie denken konnte, waren seine Worte von

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