Julia Saison Band 13 (German Edition)
mal nicht zu erwähnen. Genauso wenig wie ihre Schwangerschaft. „Wir brauchen nur ein bisschen Zeit.“
„In diesem Gebäude leben vier Leute?“
„Ja. Es tut mir leid, dass Sie das nicht wussten, bevor Sie gekommen sind. Wir haben nicht versucht, es zu verheimlichen.“ Natürlich hatten sie gewusst, dass das Haus nicht ihnen gehörte und es nicht immer so weitergehen konnte. Sie hatten auch einen Brief mit einer Räumungsaufforderung bekommen, waren aber einfach nicht gegangen. Doch das wollte Daisy dem Mann nicht auf die Nase binden. Womöglich würde er sie festnehmen und abführen lassen, und was sollte dann aus den anderen werden? Schon allein ihretwegen musste sie unbedingt etwas Zeit gewinnen.
Sie wagte ein hoffnungsvolles Lächeln. „Ich denke, dann sind Sie jetzt wohl unser neuer Hausbesitzer, Mr Sutcliffe. Wir könnten Ihnen ja Miete zahlen.“ Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie sie gemeinsam genug Geld dafür zusammenkratzen sollten.
Einen Moment lang spielte ein flüchtiges Lächeln um seine Mundwinkel. „Das hört sich an, als wäre es eine ganz neue Idee. Haben Sie meiner Tante Miete gezahlt?“
„Wir haben für Tillie gearbeitet. Jeder hat seinen Teil beigetragen. Wir sind eine Art Wohngemeinschaft gewesen.“
„Eine Wohngemeinschaft? Verstehe.“ Die Vorstellung schien ihm nicht zu gefallen.
„Wir könnten uns nützlich machen, indem wir die Hochzeitskapelle weiter betreiben“, meinte Daisy. „Wir machen Menschen glücklich. Wir lassen sozusagen ihre Träume wahr werden, und es wirft ein bisschen Geld ab.“
Parker wirkte noch beunruhigter als zuvor. „Ich glaube nicht an Träume, und ich habe kein Interesse daran, ins Hochzeitsgeschäft einzusteigen“, antwortete er. „Aber ich bin auch nicht vollkommen herzlos. Ich werde mir heute Abend die Dinge durch den Kopf gehen lassen. Und ab morgen fangen wir an, eine geeignete Wohnung für Sie zu finden, damit Sie nicht alle obdachlos werden.“
Damit wandte er sich zum Gehen. Da Daisy noch immer seinen Ärmel festhielt, hörte sie ein leises Reißgeräusch. Hastig ließ sie los und schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. „Oh, das tut mir schrecklich leid. Aber ich könnte es wieder für Sie in Ordnung bringen.“
„Sie wissen sich immer irgendwie zu helfen, nicht wahr?“
Das klang zwar nicht gerade wie ein Kompliment, doch Daisy hatte schon viel Kritik in ihrem Leben einstecken müssen. Mehr als einmal war sie von Männern im Stich gelassen worden. Männer, denen sie eigentlich hätte vertrauen sollen. Mit erhobenem Kinn sah sie Parker an. „Sie haben ja keine Ahnung, Mr Sutcliffe.“
„Richtig“, stimmte er ihr zu. „Ich weiß nicht das Geringste über Sie, aber ich weiß alles, was ich wissen muss.“
Sie öffnete den Mund.
„Morgen, Daisy.“ Er schnitt ihr das Wort ab, und das war im Grunde sogar ganz gut. Sonst wäre ihr vielleicht etwas herausgerutscht, was die Situation noch verschlimmert hätte. Falls das überhaupt möglich war.
Während er davonging, dachte Daisy bei sich, dass die meisten Frauen sich über die Aussicht, Besuch von einem Mann wie Parker Sutcliffe zu bekommen, freuen würden.
Unter anderen Umständen wäre das bei ihr wohl auch der Fall gewesen, oder zumindest hätte sie ihn sich gerne angeschaut. Doch das nächste Treffen mit Parker würde ihr Leben noch mehr durcheinanderbringen als das von eben. Deshalb sollte sie sich gut vorbereiten. Hatte sie diesem reichen Kerl tatsächlich vorhin ein Seifenblasen-Röhrchen in die Hand gedrückt und ihm Zuckerguss auf seinen superteuren Anzug geschmiert?
Daisy stöhnte. Trotz der schwierigen Lage musste sie dann aber doch lächeln, als sie an Parkers entsetzten Gesichtsausdruck dachte.
„Der Mann hat in seinem ganzen Leben wahrscheinlich noch keine einzige Seifenblase in die Luft gepustet“, murmelte sie vor sich hin. „Ich könnte ihm so einiges darüber beibringen, wie man ein bisschen Spaß hat.“
Schlagartig wurde sie wieder ernst. Eine Aussage der Nachbarn, dass Tillie für ihre Mitbewohner kein solches Schicksal gewollt hätte, würde ihn bestimmt nicht erweichen, das war klar.
Während Daisy überlegte, was Tillie an ihrer Stelle getan hätte, fielen ihr nur Dinge ein, die entweder absurd oder illegal waren.
Aber vielleicht geschah ja noch ein Wunder, und sie hatte einen Geistesblitz, wie sie Parker Sutcliffe austricksen konnte.
Um ihre kleine Wahlfamilie zu retten, brauchte sie einen Plan, und zwar schnell.
2.
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