Julia Saison Band 17
Schauer über den Rücken rieseln ließ, sah sie ihn an. Dann setzte sie sich auf eine der Schaukeln.
„Wieso ist dir das so wichtig, Jared?“, fragte sie. „Warum willst du nicht, dass sie von deinem Interesse an Tony erfahren?“
„Weil ich meine Privatsphäre schätze.“ Und weil es wichtig war, wenn man ein Fremder bleiben wollte. So lebte es sich leichter, weil man niemanden enttäuschen konnte, so wie er es früher getan hatte.
Annette neigte den Kopf zur Seite, wodurch ihr das offene Haar über eine Schulter fiel und sich das Mondlicht darin fing. Der Anblick löste auf einmal eine ungeheure Sehnsucht in ihm aus, und Jared wandte rasch den Blick ab.
„Manchmal verstehe ich dich nicht“, sagte Annette leise.
Die Worte trafen ihn wie Messerstiche. Bei jemand anderem hätte es ihm vermutlich nicht viel ausgemacht.
„Vielleicht hat Tony sein Vorleben geheim gehalten, damit er noch einmal von vorne anfangen konnte“, antwortete er. „Möglicherweise war ihm seine Vergangenheit unangenehm. Vielleicht hat er etwas getan, wofür er sich schämte.“
Annette hielt sich mit einer Hand an der Schaukelkette fest, in der anderen hatte sie ihren Becher. „Bei uns allen gibt es Dinge, vor denen wir weglaufen. Ich weiß das besser als jeder andere.“
Vielleicht ist sie mir doch ähnlich, dachte Jared. Nur dass sie jünger war und es nicht so vieles gab, was ihr Schuldgefühle verursachte.
Es wäre so schön, einmal all die Last, die er mit sich herumschleppte, abzusetzen. Oder eines Tages wirklich noch einmal von vorn anzufangen, wie Tony Amati es anscheinend getan hatte.
Jared trank einen Schluck. „Wir beide haben andere Menschen zurückgelassen. Vielleicht sollten wir es einfach dabei belassen.“
„Darf ich fragen, wen du meinst?“
Allein die Tatsache, dass Annette sich dafür interessierte, brachte diesen Lichtstrahl in ihm hervor, der in ihrer Gegenwart immer wieder aufblitzte.
„Meine Exfrau“, erwiderte er schließlich.
Annette schaukelte ein Stückchen zurück, und als sie vorwärtsschwang, quietschte die Kette. Ob seine Tochter auch gern schaukelte?
Schweigend trank Annette ihren Kakao. Von den Reihenhäusern wehten die Klänge eines romantischen Songs von Louis Armstrong zu ihnen herüber. Als Jared hinschaute, bemerkte er, dass Annettes Fenster als einziges nicht für den Valentinstag geschmückt war. Am Valentinstag sollte das Stadtfest stattfinden, das voraussichtlich noch mehr Touristen als sonst in die Stadt bringen würde.
„Gestern, als du im Kinderzimmer die Babyausrüstung zusammengebaut hast, kam es mir vor, als hätte das bei dir irgendetwas berührt, Jared“, meinte Annette nach einer Weile. „Aber wenn ich zu neugierig bin, dann sag es ruhig.“
Verdammt, er konnte ihr wirklich nichts vormachen. Doch anstatt ihr seine Geschichte zu erzählen, antwortete er nur: „Ich wurde adoptiert. Wahrscheinlich hat mich dieses ganze Babyzeug irgendwie weich gemacht.“
„Sentimental?“
Da sie die Sache nicht weiter dramatisierte, entspannte er sich. „Ich bin nie sentimental.“
„Natürlich nicht.“ Sie lächelte. „Deshalb hast du mich also gefragt, was ich mit meinem Baby machen werde. Weil du dachtest, dass ich es vielleicht weggeben würde, so wie es dir passiert ist?“
Er schwieg. Annette stand von der Schaukel auf. Ein Schritt, noch einer. Je näher sie auf ihn zukam, desto mehr beschleunigte sich sein Pulsschlag, desto heißer wurde ihm zumute. Und das lag definitiv nicht am Kakao.
„Jared“, flüsterte sie. „Ich würde mein Baby niemals weggeben. Und ich kann mir vorstellen, dass deine Eltern genauso empfunden haben. Auch wenn sie dich nicht behalten konnten.“
Die Liebe zu ihrem Kind und die Art, wie sie ihn zu trösten versuchte, gingen ihm unter die Haut.
Als er den Blick hob, war sie nur wenige Zentimeter von ihm entfernt, mit ihrer weichen Haut, dem engelhaften Haar und den großen blauen Augen.
Da konnte er nicht mehr widerstehen. Er beugte sich ihr entgegen, während die Sterne und das Mondlicht über ihnen leuchteten.
5. KAPITEL
Annette schloss die Augen und atmete den männlichen Duft von Jareds Haut ein.
Heu und Moschus, dachte sie. Ein echter Cowboy.
Unwillkürlich hielt sie den Atem an. Es kam ihr überhaupt nicht in den Sinn, wie verrückt es war, nur einen Herzschlag davon entfernt zu sein, den geheimnisvollen Jared Colton zu küssen. Sie wollte sich einfach nur diesem erregenden Moment hingeben.
Als er mit seinen Lippen ihren
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