Julia Sommerliebe 0020
die Prüfung gerade mit Bravour bestanden. Seb, der sich ungewöhnlich aufgewühlt und emotional fühlte, brauchte einen Moment, um sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Langsam stand er auf und begann, die Teller abzuräumen.
Stockend sagte er: „Geh doch schon einmal auf die Terrasse, während ich hier ein bisschen aufräume. Dann fahre ich dich zurück zu Signora Mancini.“
Gina strich ihm zart über den Rücken. „Also gut“, erwiderte sie nur. Doch er hörte ihr an, dass sie genau wusste, was in ihm vorging. „Danke für das tolle Essen.“
Als sie hinausgegangen war, schenkte Seb sich ein Glas Wasser ein und leerte es in einem Zug. Eigentlich hatte er einen Moment allein sein wollen, und jetzt fehlte Gina ihm schon. Er wünschte, sie würde die Nacht bei ihm verbringen und nicht bei Signora Mancini. Er wollte sie in seiner Nähe haben.
Was um alles in der Welt geschah nur mit ihm? Noch nie hatte er auf Anhieb eine solche Harmonie zwischen sich und einem anderen Menschen verspürt. Was er für Gina empfand, war weit mehr als Begehren. Sie akzeptierte seine Vergangenheit und sah ihn einfach als den Menschen, der er war. Verflixt, und trotzdem brachte er es immer noch nicht fertig, ihr die ganze Wahrheit über sich zu sagen. Das Wissen um seinen Ruhm und seinen Reichtum könnte ihre Beziehung unwiderruflich verändern. Und davor fürchtete Seb sich.
Gina stützte sich auf die Mauer, die die große Terrasse eingrenzte. Sanftes Mondlicht erhellte die hereinbrechende Nacht und schimmerte auf den Meereswellen. Auch der Dreizack des Neptun war noch zu erkennen. In Ginas Kopf schien sich alles zu drehen, nachdem Seb ihr von seiner Vergangenheit erzählt hatte.
Der Gedanke an das, was er als kleiner Junge hatte erleiden müssen, tat ihr weh. Wie schrecklich musste es gewesen sein, die eigene Mutter tot aufzufinden! Zum Glück hatte Seb eine Tante und einen Onkel gehabt, bei denen er ein liebevolles Zuhause und eine sichere Zukunft gefunden hatte.
Er war ein stolzer, zurückhaltender Mann, den es sicher einiges gekostet hatte, ihr all jenes anzuvertrauen. Sie hatte deutlich gespürt, dass er danach ein wenig Zeit für sich gebraucht hatte, um sich zu sammeln. Und Gina, die mit den Tränen gekämpft hatte, war es ähnlich ergangen. Sie empfand es als große Ungerechtigkeit, dass er nach dieser schrecklichen Kindheit nun auch noch mit den Verletzungen seiner Hand zurechtkommen musste – weil er einem anderen Menschen selbstlos zu Hilfe geeilt war. Bestimmt belasteten ihn die Sorgen darüber, ob er künftig würde malen können.
Gina wünschte, Seb wäre bereit, mit ihr über die Verletzungen zu sprechen. Doch es gab so vieles, was sie nicht von ihm wusste – zum Beispiel, wie er nach Elba gekommen war, wo er malte und als Hausmeister arbeitete.
Sie schrak aus den Gedanken, als Seb sich dicht hinter sie stellte und die Hände links und rechts von ihren auf die Mauer legte. Gina spürte seinen Atem auf ihrer Haut, und ein erregender Schauer rieselte durch ihren Körper. Allein seine Nähe weckte ein heißes Verlangen in ihr. Plötzlich begann er, ihren Nacken zu küssen, und liebkoste ihren Hals mit der Zunge. Unwillkürlich stöhnte Gina leise auf und drehte sich zu ihm um. In seinem Blick spiegelte sich eine glühende Sehnsucht; sofort vergaß Gina jeglichen klaren Gedanken.
Sanft strich er ihr über die Wange, ließ die Finger zu ihrem Hals gleiten und hielt ihren Kopf, während er ihr tief in die Augen sah. Im nächsten Moment presste Seb die Lippen auf ihre und küsste sie mit einer solchen Leidenschaft, dass Gina schon wieder fast schwindelig wurde. Sie fühlte sich von einer Woge des Begehrens erfasst. Doch statt zu zögern, gab sie sich ganz ihren Gefühlen hin. Als Seb sie fest an sich zog, legte sie ihm sehnsüchtig die Arme um den Nacken.
Leise seufzend, küsste er sie noch intensiver, sodass die Welt um Gina zu versinken schien und es nur noch sie und Seb gab. Könnte sie doch diesen Augenblick für die Ewigkeit festhalten!
Als sie sich nach einer Weile schwer atmend voneinander lösten, schlug ihr Herz heftig.
„Was zwischen uns passiert, ist einfach unglaublich“, sagte Seb rau.
Gina konnte es nicht leugnen. „Ja“, flüsterte sie.
„Ich habe noch nie so etwas Überwältigendes für eine Frau empfunden“, fuhr er fort. „Schon als ich dich das erste Mal sah, war es um mich geschehen. Es war, als hätte ich eine Seelenverwandte getroffen.“
Bei seinen Worten wurden ihr die Knie
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