Julia Sommerliebe 0023
fertig“, rief sie und erschrak: Das klang ja fast so, als wäre sie seine Ehefrau!
„Sie können mir den Teller vor die Tür stellen“, gab er kühl zurück. Zoe fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen.
Kein Grund zur Enttäuschung, sagte sie sich tapfer. Ich sollte wirklich nicht damit rechnen, dass der Boss sich jeden Abend mit seiner kleinen Angestellten abgibt.
Es mochte ja durchaus sein, dass sie sich körperlich zueinander hingezogen fühlten … Aber jetzt gab er ihr doch sehr deutlich zu verstehen, wie er sich ihren weiteren Kontakt vorstellte: kühl und distanziert. Und genau so war es wahrscheinlich am besten.
Also nahm sie sich zusammen und atmete tief durch. „In Ordnung“, rief sie zurück und ging wieder auf die Terrasse. Sie seufzte, als sie den romantisch gedeckten Tisch sah, und kam sich plötzlich ziemlich albern vor.
Wie schnell sich ihre Laune von reiner Vorfreude in ein schales Gefühl von Demütigung verwandelt hatte! Doch davon würde sie sich nicht unterkriegen lassen. Nicht an einem so schönen Sommerabend mitten in Italien.
Entschlossen füllte sie Leandros Teller, stellte ihn vor der Tür des Arbeitszimmers ab und klopfte kurz an. Keine Reaktion.
Dann setzte sie sich allein an den Terrassentisch und aß. Nach dem Essen holte sie sich noch eine Tasse Kaffee und nippte an dem heißen Getränk, während sie die Segelboote und Jachten beobachtete, die über den See glitten.
Auf einmal kam ihr der bevorstehende Sommer nicht mehr schön, sondern unendlich lang und einsam vor. Was sollte sie bloß die ganze Zeit machen? Von Leandro konnte sie wohl kaum erwarten, dass er sich mit ihr befasste. Trotzdem gefiel ihr die Vorstellung, jeden Abend allein verbringen zu müssen, überhaupt nicht.
Sie fühlte sich leer. Da waren kaum Gefühle in ihr, nur diese Sehnsucht nach etwas, das sie nicht genau benennen konnte. Vielleicht wollte sie es sich aber auch einfach nicht eingestehen …
Unten auf dem See fuhr eine Jacht dicht am Ufer vorbei, gerade kamen ein Mann und eine Frau an Deck. Zoe kniff die Augen zusammen, um sie besser beobachten zu können. Die beiden waren groß, schlank … und wahrscheinlich sehr reich. Genau wie Leandro waren sie bestimmt Einfluss und Luxus gewohnt und nahmen Dienstmädchen wie sie nicht für voll.
Das Paar umarmte sich, dabei schlang die Frau die Arme um den Hals des Mannes. Zoe stellte sich vor, wie sie sich liebevoll ansahen, wie der Mann vielleicht leise über etwas lachte, das die Frau ihm zugeflüstert hatte.
Die beiden haben wirklich alles, dachte Zoe. Sie sind wohlhabend, angesehen und glücklich … und sehr verliebt.
Sie spürte einen Stich in der Herzgegend. Neidlos konnte sie dem Paar das nicht gönnen. Ein wenig Bitterkeit schwang in ihren Gedanken mit. Und auf einmal war sie wieder da, stärker als je zuvor: diese schmerzhafte Sehnsucht, die sie, bevor Leandro in ihr Leben getreten war, solange erfolgreich verdrängt hatte.
Obwohl Zoe insgeheim immer daran geglaubt hatte, dass alle Menschen Liebe und Zweisamkeit brauchten, hatte sie sich immer wieder einbilden können, dass sie anders war und ihr Leben auch gut allein meistern konnte. War das tatsächlich nur Einbildung gewesen?
Und dabei war sie eigentlich nach Italien geflogen, um etwas Neues zu erleben, sich mal ein bisschen von allem abzulenken. Um danach wieder in ihr bisheriges Leben zurückzukehren, das ihr eigentlich sehr gut gefiel. Sie war schließlich frei und unabhängig, konnte machen, was sie wollte. Zuhause sagte ihr niemand, was sie zu tun hatte!
Nein, etwas anderes käme für sie nicht infrage. Sich von einem Mann abhängig machen? Niemals!
Zoe zwang sich, ihre Gedanken auf weniger deprimierende Dinge zu lenken. Schließlich gab es keinen Grund, warum sie diesen schönen Sommer nicht genießen sollte. Lornetto war vielleicht nicht gerade der aufregendste Ort am Comer See, aber immerhin war er auch nicht der einzige.
Bestimmt gab es in der Nähe noch andere kleine Ortschaften mit netten Bars, in denen sie Gleichgesinnte kennenlernen konnte, Frauen und Männer. Menschen, die gern lachten und tanzten und sich vergnügten.
Genau. Sie würde am Wochenende etwas unternehmen, irgendetwas. Für Zoe war das immer noch das beste Mittel, ihre Einsamkeit zu vergessen … wenigstens vorübergehend.
Jetzt musste sie nur noch den Rest der Woche überstehen, ohne vor Sehnsucht nach Leandro, der ihr doch so nahe war, zu zergehen …
„Was haben Sie denn vor?!“
Zoe fuhr zu Leandro
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