Julia Sommerliebe 0023
aus. „Das liegt nur daran, dass meine Wohnung zu klein ist. Er ist es gewohnt, im Luxus zu leben. Eine Einzimmerwohnung in einem schäbigen Viertel im Stadtkern ist wirklich nichts für ihn. Daher war es für mich naheliegend, bei ihm einzuziehen – zumindest vorübergehend.“
„Und? Hast du es schon mit ihm getrieben?“
Claire spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Sogar ihr ganzer Körper erhitzte sich bei der Erinnerung daran, was sie mit ihm und er mit ihr getrieben hatte. „Bex, frag mich nicht so etwas. Es gibt gewisse Dinge, die sogar die besten Freundinnen nichts angehen.“
Rebecca hockte sich auf den nächsten Hocker und schlug die Stiefel übereinander. „Das heißt also ja“, vermutete sie. „Ich habe es mir schon gedacht. Sobald er hier hereinspaziert ist, wusste ich, dass du verloren bist. Er ist nicht der Typ Mann, den man abweisen kann. Oder?“
„Es ist nur eine Versöhnung auf Probe zwischen uns. Langfristig ist nichts entschieden. Bloß, weil er mir ein Auto gekauft hat, heißt es noch lange nicht, dass er mich für immer zurückhaben will. Womöglich soll es nur ein Trostpreis für mich sein, wenn er ohne mich nach Italien abreist.“
Rebecca runzelte die Stirn. „Aber ich dachte, dass du ihn immer noch liebst. Es stimmt doch, oder? Zerstör mir bitte nicht all meine romantischen Illusionen. Ich baue darauf, dass auch ich meinen Märchenprinzen kennenlerne – genau wie du. Lass mir meine Hoffnungen, ja?“
Claire beschloss, reinen Tisch zu machen. „Es ist eine Farce, Bex.“ Sie seufzte tief. „Ich bin nicht wirklich wieder mit Antonio zusammen. Nicht im eigentlichen Sinn.“
„Aber du hast doch zugegeben, dass du mit ihm geschlafen hast. Wenn das nicht Zusammensein bedeutet, was dann? Und was ist mit dem Kuss, den ihr euch hier im Salon gegeben habt? Der hat auf mich hundertprozentig echt gewirkt.“
„Antonio ist nur für drei Monate hier“, entgegnete Claire tonlos. „Ich würde auf keinen Fall mit ihm nach Italien zurückgehen – es sei denn, ich wäre absolut sicher, dass ihm etwas an mir liegt. Offen gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass es dazu kommt. Er ist nicht der Typ für Liebeserklärungen. Ich habe ein Baby von ihm bekommen, und er hat nicht ein einziges Mal erwähnt, was er für mich empfindet. Sagt das nicht alles über seine Gefühle aus?“
Rebecca verzog das Gesicht. „Na ja, wenn du es so ausdrückst …“
„Sein Vater ist gestorben. Das ist gerade mal ein paar Monate her. Ich habe Grund zu der Annahme, dass Antonio deswegen hier ist. Nicht nur wegen der Vortragsreihe, sondern um herauszufinden, was bei mir Sache ist.“
„Und was ist bei dir Sache?“
Claire wandte den Blick ab und richtete erneut die Haarbürsten aus, obwohl sie alle ordentlich auf dem Rollwagen lagen. „Da bin ich mir eben nicht sicher.“ Sie strich mit den Fingern über die gezackten Zähne eines Toupierkamms und entlockte ihm damit ein surrendes Geräusch. „Eine Scheidung hing immer in der Luft. Die ganze Zeit über habe ich darauf gewartet, dass er den ersten Schritt unternimmt, aber er hat es nicht getan. Deswegen habe ich beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, sobald ich erfahren habe, dass er herkommt. Aber jetzt wünschte ich, ich hätte keine schlafenden Hunde geweckt.“
„Hast du dich jemals gefragt, warum er nie die Scheidung verlangt hat?“
„Was damals passiert ist, war …“ Claire hielt inne und überlegte, warum Antonio nicht unverzüglich auf seine Freiheit gepocht hatte. Wäre er wirklich mit Daniela Garza liiert gewesen, hätte er bestimmt so schnell wie möglich die Scheidung eingereicht, um mit ihr zusammen zu sein. Habe ich mich etwa total in ihm geirrt? Mit einem Mal deutete alles darauf hin, dass sie die Schuld an ihrem Zerwürfnis trug. Das gefiel ihr ganz und gar nicht. Denn die Rolle des Schuldigen hatte sie immer Antonio zugedacht.
Rebecca bemerkte: „Noch wichtiger ist die Frage, warum du dich nicht früher scheiden lassen wolltest.“
„Ich glaube, du hast den Grund schon erraten.“
„Also liebst du ihn noch. Das habe ich doch gemerkt. Daran, wie du seinen Namen aussprichst, und an dem Blick in deinen Augen.“
„Die ganze Zeit über habe ich mir vorgemacht, dass ich ihn hasse. Aber das stimmt nicht. Ich liebe ihn. Ich habe ihn immer geliebt.“ Claire ließ den Kamm auf den Rollwagen fallen. „Ich war felsenfest davon überzeugt, dass er eine Affäre hatte, aber er hat es immer
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