Julia Sommerliebe 0023
volle Unterlippe und sah Abigail tief in die Augen. „Und selbst wenn sie dich nicht mögen sollten“, sagte er leise, „ich mag dich. Sehr sogar.“
5. KAPITEL
Die erste Hürde war genommen, und Michael war zuversichtlich, dass das Essen und Beisammensein ein voller Erfolg werden würde.
Das lag nicht nur daran, dass Abigail von den leckeren italienischen Spezialgerichten seiner Mutter total begeistert war, sondern auch an ihrer Art.
Sie fühlte sich sichtlich wohl und benahm sich so ungezwungen, als wäre sie ein lange vermisstes Mitglied der Familie.
Seine Eltern mochten sie auf Anhieb.
Während der ersten paar Minuten waren die beiden etwas zurückhaltend gewesen, und Michael hatte Abigail angemerkt, wie nervös auch sie war.
Aber das änderte sich bald.
Abigail lobte die Kochkünste seiner Mutter – die Lasagne war auch aus Michaels Sicht vielleicht die beste, die sie je gemacht hatte –, bewunderte die Einrichtung und staunte über die winzigen Schiffsmodelle in Flaschen, die sein Vater seit vielen Jahren sammelte.
Die Anspannung legte sich, und die drei unterhielten sich so angeregt, als würden sie einander schon lange kennen.
Das ist gut, dachte er zufrieden, als Abigail sich zu seiner Mutter auf die Couch im Wohnzimmer setzte, um gemeinsam im Familienalbum zu blättern. Jeder Besucher musste die unzähligen Fotos betrachten, die ihn als Kind zeigten – einschließlich derjenigen, auf denen er nackt in der Badewanne, nackt mit dem Gartenschlauch und halb nackt als kleiner Cowboy, mit nichts als Hut und Revolvergurt, zu sehen war.
Oft war Michael das unangenehm. Genau aus diesem Grund lud er nicht jeden gleich zu seinen Eltern ein. Immerhin waren das sehr intime Fotos. Aber jetzt war es etwas anderes.
Wenn es nach Michael ging, würde Abigail für eine ganze Weile Teil seines Lebens sein, und er wollte, dass sie sich mit seinen Eltern gut verstand.
Das war ihm wichtig, seit er wusste, wie sehr die beiden Diana mochten.
Diana war seine Jugendliebe gewesen, und alle – seine Eltern, ihre Eltern, sämtliche Freunde und Angehörige – hatten es für selbstverständlich gehalten, dass sie heiraten und eine Familie gründen würden.
Sie erwarteten es noch immer, obwohl Diana und er seit Jahren nicht mehr zur Schule gingen.
Inzwischen war ihm klar, dass es falsch gewesen war, ihre Beziehung niemals richtig zu beenden. Er war schon kurz nach dem Highschoolabschluss zu den Marines gegangen, aber mit Diana in Kontakt geblieben.
Jedes Mal, wenn er nach Hause kam, rief er sie an, oder sie kam vorbei, und sie gingen zusammen aus. Hin und wieder verbrachten sie auch eine Nacht miteinander.
Es war nichts Ernstes, und sie sprachen nie darüber. Es war einfach nur bequem und praktisch.
Für ihn war es klar, dass sie nicht zusammen waren. Es war eine lose Bekanntschaft, eine tiefe Freundschaft … mit gelegentlichen intimeren Zusammenkünften.
Doch jetzt befürchtete er, dass er Diana, ohne es zu wollen, zu viele Hoffnungen gemacht hatte. Er hatte sie möglicherweise in dem Glauben gelassen, dass sie zusammengehörten und ihr Leben miteinander teilen würden. Zumindest hatte er nie wirklich direkt gesagt, dass er sich mit ihr keine Zukunft vorstellen konnte.
Seinen Eltern zu erklären, dass die ganze Sache mit Diana ein Missverständnis gewesen war, war nicht einfach gewesen. Doch vor einiger Zeit hatte er sich daran gewagt.
Für die beiden gehörte Diana schon zur Familie, und sie sahen in ihr die ersehnte Schwiegertochter. Doch zum Glück hatten sie es gut verkraftet.
Natürlich waren sie noch immer enttäuscht, aber als er ihnen das erste Mal von Abigail erzählte, freuten sie sich riesig.
Und als sie dann auch noch erfuhren, dass er sie zum Sonntagsessen mitbringen würde, waren sie überglücklich und wollten alles über sie wissen.
Er ahnte, dass sie schon wieder die Hochzeitsglocken läuten hörten und in Abigail die nächste Schwiegertochter in spe sahen, sprach jedoch nicht an, welcher Art ihre Beziehung war. Solange sie nicht fragten, würde er das Thema ruhen lassen.
Im Stillen fragte er sich natürlich, wie es mit Abigail weitergehen würde, aber im Moment war ja alles gut. Sie verstand sich blendend mit seinen Eltern, das konnte auf keinen Fall schaden.
Die nächste Hürde, die er überwinden musste, war die Aussprache mit Diana. Er war ehrlich genug, sich einzugestehen, dass er sich davor gedrückt hatte. Es war höchste Zeit. Aber er nahm sich vor, es so bald wie möglich
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