Julia Sommerliebe Band 24
Katze Madeleine, voller Eleganz, bevor sie von einem Kissen auf der Fensterbank zu Boden sprang.
„Schau mich nicht so an“, murmelte Louise und hob die Katze hoch. Madeleine fixierte sie vorwurfsvoll aus schrägen lapislazuliblauen Augen. „Du bist nicht im Stich gelassen worden. Benoit hat versprochen, dich zweimal am Tag zu füttern, und ich wette, er hat einen richtigen Wirbel um dich gemacht.“
Ihr Nachbar, der in der Wohnung unter ihr lebte, war in letzter Zeit eine große Hilfe gewesen. Er hatte angeboten, Madeleine zu füttern, während Louise Zeit bei Tina im Krankenhaus verbrachte. Sie würde ihre Mutter morgen nach der Arbeit besuchen. Jetzt sollte sie erst einmal etwas essen, das wusste sie, aber ihr Hunger war ebenso nicht vorhanden, wie ihr Kühlschrank leer war. Eine schnelle Dusche und ihr Bett lockten sie, und so schlüpfte sie eine halbe Stunde später unter die frisch gewaschenen Laken und protestierte nicht einmal pro forma, als Madeleine auf die Bettdecke sprang und sich in Louises Kniekehlen kuschelte.
Eigentlich hätte sie schnell einschlafen müssen, aber die Gedanken, die ihr durch den Kopf jagten, hielten sie davon ab. Dimitri wiederzusehen war sehr viel schmerzhafter gewesen, als sie zuvor gedacht hatte. Es ist sieben Jahre her, erinnerte sie sich verärgert. Sie sollte längst über ihn hinweg sein – sie war über ihn hinweg. Und was war da überhaupt schon gewesen, worüber man hinwegkommen müsste? Die kurze Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, konnte man kaum eine Beziehung nennen.
Aber wie sie so in ihrem Bett lag und die silbernen Streifen des Mondlichts betrachtete, die durch die Lücken zwischen den Vorhängen ins Zimmer fielen, konnte sie ihre Erinnerungen nicht länger zurückdrängen.
Sie war in den Osterferien nach Eirenne gekommen. Ihre Freunde von der Uni hatten sie überreden wollen, in Sheffield zu bleiben. Doch sie musste für einige Examen büffeln, und sie wäre wohl kaum zum Lernen gekommen, denn ihre Mitbewohnerinnen veranstalteten jede Nacht Partys. Außerdem wollte sie ihren 19. Geburtstag mit ihrer Mutter verbringen.
Aber als sie auf der Insel ankam, machten sich Tina und Kostas gerade für eine Reise nach Dubai bereit. Es war nicht das erste Mal, dass Tina ihren Geburtstag vergessen hatte, und Louise machte sich gar nicht erst die Mühe, ihre Mutter daran zu erinnern. Wenigstens würde sie so ihr Pensum für die Uni erledigen können, tröstete sie sich. Aber einsam hatte sie sich doch gefühlt, so ganz allein auf Eirenne und in der Villa, in der außer ihr nur das Personal anwesend war. Sie vermisste ihre Kommilitonen.
Eines Nachmittags entschloss sie sich, gelangweilt vom Lernen, eine Erkundungstour mit dem Fahrrad zu machen. Eirenne war eine kleine Insel, aber bei ihren vorherigen Besuchen hatte sie sich nie weit vom Gelände der opulenten Villa entfernt, die Kostas für seine Geliebte gebaut hatte.
Die Straße, die einmal rund um die Insel führte, war kaum mehr als ein steiniger Feldweg. Louise wich sorgsam allen Schlaglöchern aus, als plötzlich ein Motorrad um eine Kurve schoss und abrupt ausscherte, um sie nicht umzureißen. In ihrer Panik verlor sie das Gleichgewicht und stürzte, dabei kratzte sie sich an dem rauen Boden den Arm auf.
„ Theos , warum hast du nicht aufgepasst, wo du lang fährst?“
Die verärgerte Stimme erkannte sie sofort, auch wenn sie Kostas’ Sohn Dimitri nur ein paar Mal zuvor getroffen hatte, wenn er zufällig seinen Vater besuchte, während sie auf Eirenne war. Sie hatte sich nie länger mit ihm unterhalten, nur oft die Streits zwischen Vater und Sohn über Kostas’ Beziehung zu Tina mit angehört.
„Du hast mich fast umgefahren“, verteidigte sie sich, und ihr Ärger wuchs, als er sie unsanft am Arm packte und hochzog. „Du Verkehrsrowdy! Wirklich ein toller Geburtstag“, fügte sie mürrisch hinzu. „Wäre ich bloß in England geblieben.“
Einen Moment lang verdunkelten sich seine ungewöhnlichen Augen. Doch dann warf er den Kopf zurück und lachte.
„Du kannst also doch sprechen? Du hast immer so sprachlos gewirkt, wenn ich dich gesehen habe.“
„Vermutlich denkst du jetzt, ich wär überwältigt von dir“, sagte sie und wurde rot. Um nichts in der Welt würde sie zugeben, dass sie für ihn schwärmte, seit sie 16 war.
Er blickte auf sie hinunter, und die Augen in dem attraktiven Gesicht glitzerten amüsiert. „Und? Bist du überwältigt, Loulou?“
„Natürlich nicht. Ich bin sauer.
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