Julia Sommerliebe Band 24
sie dort Angst bekommt.“
Malik registrierte ihre schuldbewusste Miene. Seine Augen verengten sich. „Und was hast du ihr daraufhin geraten?“
„Nun … Wir haben darüber geredet, wie man mit Ängsten umgehen soll. Allerdings nur ganz kurz.“
„Und?“
„Und nichts. Jeder weiß, dass es am besten ist, den Stier bei den Hörnern zu packen, wenn man Angst vor einer Sache hat. Mehr habe ich nicht gesagt. Natürlich war damit nicht speziell Kalila gemeint.“ Aber was, wenn sie es so aufgefasst hat?
„Du hast ihr gesagt, dass sie in die Wüste gehen soll?“, fragte Malik ungläubig.
Avery fühlte sich entschieden unwohl in ihrer Haut. „Selbstverständlich nicht! Nur, dass es manchmal sinnvoll ist, etwas zu tun, wovor man sich fürchtet. Zu lernen, dass man sich überwinden und hinterher stärker sein kann.“
„Oder tot. Weißt du, wie gefährlich die Wüste für jemanden ist, der nicht gelernt hat, dort zu überleben?“
„Ja doch! Und ich finde es ungerecht, dass du mir die Schuld gibst. Ich habe Kalila nicht in die Wüste geschickt!“
„Dann lass uns hoffen, dass sie auch nicht dort ist. Sie würde nämlich keine fünf Minuten überleben.“ Malik zog sein Handy aus der Hosentasche und telefonierte auf Arabisch. Mit seinem Sicherheitsteam, vermutete Avery. Sie stand kleinlaut da und fühlte sich schrecklich, weil sie mit ihren Worten möglicherweise etwas Schlimmes ausgelöst hatte. Außerdem war es nicht schön, Malik so besorgt zu erleben.
Hatte Kalila Averys Bemerkungen etwa wörtlich genommen? Bestimmt nicht. Oder doch? Avery presste ihre Fingerspitzen gegen die Schläfen, als ließen sich dadurch ihre Gedanken ordnen. „Vielleicht kann ich …“
„Du hast bereits mehr als genug getan“, unterbrach Malik sie und steckte das Handy wieder ein. „Danke für deine Unterstützung. Du hast mir alles gesagt, was ich wissen muss.“
So abweisend hatte sie ihn noch nie erlebt. Malik trat immer sehr bestimmt auf. Viele Leute fanden ihn sogar einschüchternd. Avery nicht. Ebenso wenig, wie Malik sich von ihr einschüchtern ließ. Für ihn war ihr beruflicher Erfolg kein Problem gewesen. Das hatte ihr gefallen.
„Es ist nicht meine Schuld“, verteidigte sie sich, hörte jedoch selbst, dass sie wenig überzeugend klang. Zweifel nagte an ihr. „Und falls sie es doch getan haben sollte, ist es vielleicht gar nicht schlecht. Kann doch sein, dass sie dadurch selbstbewusster wird. Falls Kalila tatsächlich in die Wüste gereist ist, finde ich das sehr mutig von ihr.“
„Mutig?“, brauste Malik auf. „Wirst du sie auch noch für mutig halten, wenn sie von einem Skorpion gestochen wird? In einen Sandsturm gerät oder in einer Blitzflut ertrinkt?“
Vor lauter schlechtem Gewissen ging Avery zum Angriff über: „Vielleicht überrascht Kalila dich ja! Diese Erfahrung könnte ihr Leben verändern. Ihr Mut machen, für sich einzustehen und dir endlich zu sagen, was sie will. Überhaupt solltest du dich fragen, warum sie weniger Angst vor der Flucht hat als vor der Hochzeit. Sie ist vor dir weggelaufen, Malik!“
Er sah Avery finster an. „Du glaubst, dass ihr Verschwinden etwas über unsere Beziehung aussagt.“
„Allerdings.“
„Kalila hat zugestimmt. Sie wollte diese Hochzeit.“
„Woher weißt du das? Hast du sie irgendwann gefragt? Oder hast du einfach gedacht, du wüsstest Bescheid – wie immer? Vielleicht wollte sie gar nicht heiraten und hatte Angst, es dir zu sagen.“ Das reicht, bremste Avery sich. Sei still, bevor du etwas sagst, was du später bereust.
„Nicht jede Frau betrachtet die Ehe als Gefängnis.“
Plötzlich ging es gar nicht mehr um die Prinzessin. Sie kämpften, genau wie früher. Nur, dass dieser Kampf nicht mit einer leidenschaftlichen Versöhnung enden würde. Die senkrechte Falte zwischen Maliks Augenbrauen signalisierte, dass er in dieselbe Richtung dachte wie Avery.
„Die Rede war von Kalila“, erinnerte sie ihn und versuchte, möglichst kühl zu wirken.
„Ja.“
„Vielleicht konnte sie ihren Standpunkt nicht anders ausdrücken als durch Flucht. Ich weiß nichts Näheres darüber, und ich will es auch gar nicht. Aber du hast mich nach meiner Meinung gefragt, und …“
„Nein, habe ich nicht. Ich kenne deine Einstellung zur Ehe, also ist jede Frage dazu überflüssig. Wie wir beide wissen, haben wir zu dem Thema entgegengesetzte Ansichten.“
Avery stöhnte innerlich. Warum fing er immer wieder davon an?
„Wie du ganz richtig angemerkt hast,
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