Julia Sommerliebe Band 24
sondern Malik. Und das, was ich immer noch für ihn empfinde. „Du übertreibst“, sagte Avery leichthin. „Man muss morgens bloß daran denken, seine Stiefel auszuschütteln, bevor man sie anzieht. Und man sollte nicht ohne guten Grund einen Stein hochheben.“
„Du weißt alles darüber, wie man eine gute Party schmeißt. Wann bitteschön hast du auch alles über Skorpione gelernt?“
„Als ich mit Malik in der Wüste war“, antwortete Avery knapp. Sie mochte nicht an die Zeit zurückdenken.
„Als Kronprinz hatte er sicher juwelenbesetzte Zelte und etliche Diener dabei. Skorpione sind in königlicher Gesellschaft garantiert nicht erlaubt.“
„Sein Vater wollte, dass er ein Jahr bei einem Stamm in der Wüste lebt, damit er versteht, wie diese Leute ticken. Außerdem war Malik nach seinem Abschluss an der Uni von Cambridge beim Militär. Er kennt die Wüste. Heute ist es allerdings etwas anders, denn wir reisen nicht nach Zubran, sondern nach Arhmor, in Kalilas Heimat. Welchen soll ich nehmen?“ Sie hielt zwei Sonnenhüte hoch und ließ den in die Reisetasche fallen, auf den Jenny zeigte. „Wir werden uns als Touristen ausgeben.“
„Aber wird man Malik nicht erkennen? Und was ist mit dir ? Mit deinen blonden Haaren und blauen Augen fällst du doch auf.“
„Darum nehme ich ja den Hut mit. Außerdem rechnet niemand damit, dass der Kronprinz von Zubran in einem schlichten Geländewagen herumfährt. Und weil die Leute ihn nicht erwarten, werden sie ihn auch kaum erkennen.“
Jenny schüttelte skeptisch den Kopf. „Trotzdem. Durch die Wüste zu reisen, noch dazu mit dem Mann, den du mal geliebt hast …“
„Ich habe ihn nicht geliebt. Wie oft muss ich das noch sagen, bis du es glaubst?“
„Sehr oft. Ich mache mir halt Sorgen um dich.“
„Brauchst du nicht. Diese Reise wird mich endgültig kurieren.“ Avery zog den Reißverschluss der Tasche zu. „Ich werde alles Menschenmögliche tun, damit Malik heiratet. Vielleicht schiebe ich Kalila sogar eigenhändig zum Altar.“
Sie treibt mich zur Weißglut. Malik fragte sich, wie Avery und er es zwölf Monate zusammen ausgehalten hatten. Keine andere Frau hatte diese Wirkung auf ihn – ganz sicher nicht jene Frau, die er heiraten sollte. Er fragte sich, ob er Kalila die Flucht verübeln konnte. Schließlich gab es weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart etwas, was sie beide verband.
Malik hatte nicht gelogen: Man konnte die Unterhaltungen zwischen ihm und seiner Braut tatsächlich an den Fingern einer Hand abzählen. Allerdings lag dies nicht an Kalilas strenger Erziehung, sondern daran, dass sie sich schlicht nichts zu sagen hatten.
Bei der Hochzeit ging es ausschließlich um Pflicht. Malik hatte seine Wahl bewusst getroffen und war davon ausgegangen, dass Kalila seine Haltung teilte. Nur einmal in seinem Leben hatte er geglaubt, Pflicht und Neigung könnten übereinstimmen, doch das war Vergangenheit. Nur, dass diese Vergangenheit gerade ihre Reisetasche von der Schulter gleiten ließ. Ich bin ein Narr, sagte er sich. Hätte ich sie bloß nicht mitgenommen.
„Ich fahre.“ Avery deponierte ihre Tasche auf dem Rücksitz des Geländewagens. Elegant sah sie aus in der Leinenhose und dem Hemd, das ihre Arme vor der Sonne schützte. Die langen Haare hatte sie zu einem strengen Zopf geflochten, der zwischen ihren Schulterblättern endete.
Ihre Haut war wie immer makellos, genau wie das dezente Make-up. Kein Anzeichen, dass sie sich gestresst fühlte. Warum auch, dachte Malik grimmig. Schließlich hat sie Schluss gemacht. Offenkundig bereut sie ihre Entscheidung nicht.
„ Ich fahre“, widersprach Malik. Er wollte sich auf etwas konzentrieren, das nicht den Namen Avery Scott trug. „Das ist unauffälliger.“
Sie funkelte ihn an, als wäre er persönlich verantwortlich für Erderwärmung und Wirtschaftskrise. „Der Fahrer erregt mehr Aufsehen als der Beifahrer. Du sollst nicht erkannt werden, also fahre ich“, beharrte sie.
„Hast du vor, über jedes Detail dieser Reise zu streiten?“
„Hängt ganz von dir ab. Übrigens: Wenn du als Tourist durchgehen willst, solltest du auch wie einer aussehen. Hier.“ Sie warf ihm eine Baseballkappe zu.
Malik fing sie auf und las die Worte auf der Vorderseite. „I love London?“
„Ich wollte noch ein passendes T-Shirt besorgen, aber deine Größe war ausverkauft. Wenigstens siehst du mit der Kappe eher wie ein Tourist aus. Jetzt brauchst du nur noch damit aufzuhören, mich
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