Julia Sommerliebe Band 24
gehalten, während du schliefst. Denn wenn du wach bist, weigerst du dich ja, Hilfe anzunehmen.“
„Weil ich dann keine brauche.“
„Na klar. Ich schätze, du hast auch keine Hilfe gebraucht, als du dich gestern Abend an mich geklammert hast?“
„Das kann man ja wohl nicht vergleichen. Überall waren Skorpione. Außerdem möchte ich nicht mehr an gestern Abend denken, wenn es dir recht ist.“ Genau genommen wollte sie nicht nur den Abend vergessen, sondern alles. Vor allem dies hier. Warum hielt er sie bloß immer noch in den Armen?
„Wie lange träumst du schon so schlecht?“, wollte Malik wissen.
„Tu ich doch gar nicht.“
„Doch. Deshalb hast du dich ja auch an mich geschmiegt.“
Avery wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. „Wenn ich schlecht geträumt habe, dann sicher wegen des Skorpiongifts.“
„Skorpione hast du im Schlaf aber nicht erwähnt.“
Schlimmer kann es nicht mehr kommen, dachte Avery entsetzt. Habe ich wirklich im Schlaf geredet? Vielleicht sogar Maliks Namen gesagt? „Reden im Schlaf zählt zu den Nebenwirkungen des Giftes.“ Ihre Wange lag nach wie vor an seiner Brust. Durch das weiche T-Shirt konnte sie seine Muskeln spüren. Es fühlte sich gefährlich vertraut an. „Das steht in jedem Lexikon. Wie auch immer, ich bin jetzt wach, also kannst du mich loslassen.“
Er rührte sich nicht. „Schlaf noch ein bisschen.“
Wie sollte sie das, wenn er sie hielt? Seit der Trennung sehnte sie sich danach, so mit Malik dazuliegen. Nie wieder würden sie sich in den Armen halten können. Sie mochte es nicht beenden. Plötzlich brannten Tränen in ihren Augen. „Du brauchst kein Theater um mich zu machen.“
„Für dich soll man gar nichts machen, oder, Avery Scott?“, fragte Malik sanft.
Sie blinzelte vorsichtig, um die Tränen zurückzudrängen. Ich kann nicht glauben, dass ich weine! Wenn meine Mutter das sehen könnte … „Manchmal tue ich so, als bräuchte ich jemanden. Allerdings nur, um das Ego eines Mannes zu befriedigen.“
„Schwer vorstellbar. Das Ego eines Mannes pflegst du doch zu erdolchen, nicht zu befriedigen.“
Avery gestattete sich ein Lächeln, weil sie wusste, dass Malik ihr Gesicht nicht sehen konnte. „Gut, dass dein Ego robust ist.“
„Lächelst du etwa?“
„Nein. Es ist doch nicht lustig. Ein Skorpion hat mich gestochen.“ Sie fühlte sich elend, doch der Schmerz in ihrer Hand war nichts im Vergleich zu dem in ihrem Herzen.
Malik streichelte ihr mit einer Hand leicht über die Haare. Als Averys Körper sich anspannte, spürte er, dass er eine Grenze überschritten hatte. „Schlaf wieder ein“, sagte er und nahm die Hand weg. „Und widersprich mir ausnahmsweise nicht. Du musst nicht rund um die Uhr Chefin sein.“
Seine leise Stimme ließ einen harten Kern in ihr schmelzen. Die Beziehung zu Malik hat alles gefährdet, was ich mir aufgebaut hatte, mahnte sie sich. An der Trennung bin ich fast zerbrochen. Ich muss auf Distanz gehen.
Doch sie brachte es nicht fertig. Sie wollte das Gesicht zwischen Maliks Hals und Schulter vergraben, ihn mit Lippen und Zunge verrückt machen. Doch jäh erschien Kalila vor ihrem inneren Auge, und Avery löste sich von Malik. Er hinderte sie nicht daran.
„Ich bin immer noch Chefin“, flüsterte sie. „Ich habe nur zugelassen, dass du mich hältst, um deinem Ego einen Gefallen zu tun.“
„Was für ein gutes Herz du doch hast.“
Gut vielleicht nicht, dachte Avery. Aber im Moment ist das Herz der einzige Teil meines Körpers, den ich spüre. Und es ist randvoll mit Gefühlen für dich.
Sogar mit dem Rücken zu Malik spürte sie, dass er sie betrachtete.
Als Avery aufwachte, war sie allein.
Von draußen drangen Geräusche ins Zelt. Malik bereitete alles für den Aufbruch vor.
Regungslos lag sie da und ging die vergangene Nacht noch einmal durch. Schließlich beschloss sie, sich nicht weiter zu quälen, und setzte sich auf. Ihre Hand brannte kaum noch. Sie wünschte, ihre anderen Empfindungen würden ebenso schnell verschwinden wie der Schmerz.
Avery zog die eingeschweißten Feuchttücher aus der Reisetasche, holte eins aus der Packung und fuhr sich damit über das Gesicht und trug Sonnenmilch auf. Dann schminkte sie sich leicht und band die Haare zum Pferdeschwanz. Zuletzt schlüpfte sie in ihre Hose und in ein frisches Hemd.
Jetzt kam der schwierige Teil: Sie musste das Zelt verlassen und Malik gegenübertreten – nach allem, was letzte Nacht passiert war.
Kaum stand sie
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