Julia Sommerliebe Band 24
machen und damit aller Welt zu zeigen, dass ein Prinz nicht unbedingt Ahnung haben muss von dem, was er sagt. Du willst um Rat bitten, wagst es aber nicht, denn dadurch würdest du mangelndes Selbstvertrauen zeigen, und das wäre ein politischer Fehler. Wieder kannst du es dir nicht leisten, jemandem zu vertrauen. Also lernst du, nicht zu hinterfragen oder zu zögern, weil sonst deine Kompetenz angezweifelt wird. Ist das Arroganz oder eher die Folge eines Lebens, in dem man ständig allein entscheiden muss?“
Avery überlegte. Schließlich sagte sie: „Tja, jetzt habe ich allen Grund, kleinlaut zu sein. Du hast nie mit mir darüber gesprochen.“
„Stimmt. Das war ein Fehler. Wenn du und ich gestritten haben, war ich mehr ich selbst als je zuvor. Ich habe mich dabei ertappt, dass ich dir vertraue.“ Malik legte seine Hand auf Averys. „Plötzlich war etwas greifbar, was ich immer für unerreichbar gehalten hatte: Mein Leben und meine Zukunft mit einer Frau zu teilen, die ich liebe und die meinen Beruf akzeptiert. Zum ersten Mal stimmte mein eigener Wunsch überein mit dem, was mein Vater für mich wollte. Ich habe die Entscheidung getroffen wie jede andere Entscheidung auch. Allein. Dann habe ich meinen Vater informiert. Er war einverstanden.“
„Du warst sicher, dass ich zustimmen würde.“
„Wir hatten nie darüber gesprochen, aber ich war davon überzeugt, dass du mich ebenso liebtest, wie ich dich liebte. Ich habe den Verlobungsring eingesteckt und wollte dir sagen, was ich für dich empfinde. Auf dem Weg zu dir bin ich Richard begegnet. Er hat mich provoziert. Angedeutet, du und er …“
„Ich habe ja wohl einen besseren Geschmack, als mich mit so einem Typen einzulassen“, protestierte Avery.
„Das weiß ich. Ich habe überreagiert und prompt die einzige Beziehung verloren, die mir wichtig war.“
Avery zog ihre Hand aus seiner und lehnte sich zurück. „Das war nicht der Grund. Mir wurde beigebracht, dass eine Ehe nur Opfer bedeutet. Ich wollte glauben, dass es nicht immer so kommen muss. Wenn ich bei dir war, ist mir das sogar gelungen. Dann kam Richards Anruf. Statt zu erkennen, dass er mich manipulieren und uns auseinandertreiben wollte, habe ich meine alten Zweifel hervorgekramt. Wenn man einen Anlass sucht, findet man auch einen. Richard hat mir den Anlass geliefert, warum es mit dir und mir nicht klappen kann. Ich habe mir eingeredet, dass du mich bevormundest und mich dazu bringen willst, meine Arbeit aufzugeben. Offen gestanden hatte ich bloß auf einen Grund gewartet, um die Flucht zu ergreifen.“
„Den Grund habe ich dir geliefert“, widersprach Malik. „Ich war so daran gewöhnt, allein zu entscheiden, dass ich zu wenig mit dir gesprochen habe. Ich habe das Ausmaß deiner Zweifel unterschätzt – und deine Gefühle für mich über schätzt.“
„Ersteres vielleicht, aber Letzteres nicht.“ Avery seufzte. „Ich habe wirklich sehr viel für dich empfunden. Leider war meine Unsicherheit stärker.“
„Und heute?“ Malik wagte kaum, es zu fragen. „Sind deine Gefühle stärker als die Lehren deiner Mutter? Kannst du all die Gründe vergessen, aus denen eine Ehe scheitern kann, und stattdessen daran glauben, dass sie halten kann?“
Einen Moment lang war das einzige Geräusch das des Wassers im Zierbrunnen neben dem Pool. Dann stand Avery so abrupt auf, dass ihr Stuhl umkippte. Sie kehrte Malik den Rücken zu. „Nicht, Malik.“
Er blieb sitzen, um ihr Zeit zu geben. „Doch.“
„Warum bedeutet dir die Ehe so viel?“
„Weil sie die einzige Option für mich ist. Aber im Gegensatz zu dir sehe ich das nicht als Nachteil. Ich liebe dich, Avery. Du bist die einzige Frau, mit der ich leben will, also ist es nur logisch für mich, dich zu heiraten.“ Malik erhob sich und stellte Averys Stuhl wieder hin, doch sie setzte sich nicht. Unschlüssig stand sie da, als wüsste sie nicht, ob sie bleiben oder gehen sollte.
„Ich bin zu unabhängig für die Ehe“, wandte sie halbherzig ein.
„Du bist verängstigt.“ Wir sind wie Jäger und Gejagte, dachte Malik, als er ihr einen Arm um die Taille legte. „Bitte unterscheide zwischen der Theorie deiner Mutter und deinen eigenen Erfahrungen. Ich liebe dich, das musst du mir glauben. Ich will dich heiraten.“
Er konnte ihre Angst förmlich spüren. Avery legte beide Handflächen auf seine Brust, als müsste sie auch jetzt noch Abstand wahren. „Willst du das zerstören, was zwischen uns ist?“
„So muss es nicht
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