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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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lästerlichen Fluch und legt auf. Der geduldige Juschtschenko ist leicht erstaunt, wählt aber noch einmal. Als der Beamte am anderen Ende schließlich seinen Präsidenten erkennt, wird er mit einem Herzanfall ins Krankenhaus eingeliefert.
    Mit angehaltenem Atem beobachtet die Gesellschaft, wie wenig durchdacht, hektisch und unkoordiniert die neuen Behörden agieren. Wie großzügig der Präsident mit den Gesetzen einschließlich der Verfassung umgeht. Dass er bereit ist, Recht per Telefon auszuüben, erinnert schon sehr an die jüngste Vergangenheit. Immer lauter werden die Zweifel, ob die Führer der Opposition, als sie die Revolution begannen, wirklich darauf vorbereitet waren, nach ihrem Sieg das Land zu regieren. Für die 18 000 entlassenen Beamten gibt es in der Ukraine keinen qualifizierten Ersatz. Die tägliche Amtsführung der Staatsorgane, die schon unter Kutschma nicht besonders effizient war, droht völlig zum Erliegen zu kommen.
    Am meisten aber sorgt man sich um die Verhältnisse in der neuen Führungsmannschaft. Julia Timoschenko wird nicht müde, Präsident Juschtschenko öffentlich Treue zu schwören. Der lobt das professionelle Niveau seiner Regierung in den höchsten Tönen. Aber immer mehr Anzeichen deuten darauf hin, dass die neue Führungsriege tief gespalten ist.
    Die Rollen sind klar verteilt: Die Ministerpräsidentin schafft Ordnung im Lande. Der Präsident schwebt über den Dingen, bleibt aber der oberste Schiedsrichter, der bei Konflikten das entscheidende Wort hat. Julia Timoschenko ist Tag und Nacht in ihrem Büro zu finden, wo man für sie sogar ein Feldbett aufgeschlagen hat. Viktor Juschtschenko reist ins Ausland, sammelt Orden und Kredite. Sie räumt den Dreck weg, der sich in den letzten zehn Jahren im Lande angesammelt hat. Er kümmert sich darum, dass die nationalen Traditionen der Ukraine wieder aufleben. Damit steht er für die lichte Zukunft des Landes. Sie muss – wie alle Ministerpräsidenten unter Kutschma – für die Fehlschläge und Misserfolge der neuen Staatsmacht geradestehen. Die populärsten Projekte aber werden ihm zugeschrieben.
    Wenn es zum Beispiel um die zahlreichen Sozialprogramme geht, ist von der Regierung Juschtschenko, nicht etwa von der Regierung Timoschenko die Rede.
    Sozialprogramme kosten enorme Mittel. Woher die nehmen? Die Antwort der Ministerpräsidentin ist klar: Die Privatisierungen unter Kutschma müssen rückgängig gemacht werden.
    Dieser Punkt wird in der Presse des In- und Auslands am heftigsten debattiert. Die Kritiker sprechen von einer Reprivatisierung. Neben dem Populismus ist dieses Wort zum Schlüsselbegriff geworden, mit dem Julia Timoschenkos Handeln bewertet wird.
    Dabei ging es ihr überhaupt nicht um eine Reprivatisierung. Sie wollte eine Neubewertung. Im Rahmen von Auktionen sollte der reale Wert der Betriebe ermittelt werden, die unter Kutschma in die Hände der kleinen Zahl von Finanz-Industrie-Clans des Landes geraten waren. Ihren derzeitigen Besitzern wollte Julia Timoschenko die Chance geben, die Differenz zwischen dem damaligen und dem auf den Auktionen ermittelten Preis nachzuzahlen. Dabei wusste sie natürlich, dass es um Milliarden geht. Wie recht sie hatte, bestätigte sich auf einer Auktion, auf der bereits nach ihrer Vertreibung aus dem Amt ein einziges Unternehmen verkauft wurde. Das Kombinat Kriworischstal, bislang Eigentum der Oligarchen Pintschuk und Achmetow, brachte dem Staatshaushalt fast fünf Milliarden Dollar ein. Unter Kutschma hatten es der Schwiegersohn des Präsidenten und der Pate des Donbass für ganze 900 Millionen erworben. Die Summe, die nun der indische Stahlmagnat Lakshmi Mittal dafür hingelegt hat, übersteigt die Gesamteinnahmen aus allen Privatisierungen in den Jahren der Unabhängigkeit der Ukraine. Und Julia Timoschenko hat 3000 Unternehmen ins Auge gefasst, deren Wert neu bestimmt werden soll.
    Natürlich versetzte diese Summe dem Präsidenten und den liberalen Ökonomen in einen Schock. Die Magie der Zahl mit den drei Nullen erfasste die ganze Ukraine. Sie löste auf der einen Seite revolutionäre Begeisterung, auf der anderen heiligen Zorn aus. Um der Sache die Spitze zu nehmen, behielt Präsident Juschtschenko die Grundidee der Ministerpräsidentin bei, strich aber bei der brisanten Zahl kurzerhand zwei Nullen. Nun sollten nur noch 30 Unternehmen neu bewertet werden. Von der Regierung forderte er, so rasch wie möglich eine Liste der zweifelhaften Privatisierungsfälle aufzustellen, um

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