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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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eine Toilette und heißes Wasser.« Nun freu dich doch mal! »Nicht alle Hotels in der Ukraine oder anderswo bieten ihren Gästen diesen Komfort«, brüstet sich der Stellvertretende Generalstaatsanwalt. Hätte er doch besser geschwiegen.
    Denn die Rede ist von einem präzedenzlosen Fall in der modernen Politik. Davon, dass der Gewinner der jüngsten Präsidentschaftswahlen in diesem »Hotel« eine Frau festhält, der Millionen von ­Ukrainern ihre Stimme gegeben haben. Eine Präsidentschaftskandidatin, die nur wenige Prozentpunkte vom Sieg entfernt war.
    Und wenn der erste stellvertretende Ministerpräsident der Ukraine, Waleri Choroschkowski, auf seiner Durchreise in Brüssel andeutet, dass der Preis für Timoschenkos Freilassung die Zustimmung der EU zu einer assoziierten Mitgliedschaft der Ukraine in derselben sein könnte, dann klingt das wie ein vorhersehbarer Erpressungsversuch. Was soll man von einem solchen Partner noch erwarten, wenn nicht Versuche im Stil Lukaschenkos, die Freiheit eines politischen Häftlings zum Tausch gegen europäische Begünstigungen anzubieten? Und wenn dann Timoschenko mitteilt, dass Begleitsoldaten sie beim Transport aus der Strafkolonie ins Gefängniskrankenhaus bewusstlos geschlagen haben, dann wird diese Nachricht im Westen nicht nur mit Schrecken aufgenommen, sondern auch geglaubt. Und wenn die Menschenrechtsbeauftragte der Obersten Rada, Nina Karpatschowa, die die Schläge am Körper der Gefangenen dokumentierte, bald darauf ihr Land verlässt, dann wertet Europa dies als ein völlig gewöhnliches Phänomen in der Epoche Janukowitsch.
    Inzwischen richtet die Ukraine Anfang Juni die Fußballeuropameisterschaft aus, und der Skandal um Timoschenko wird das Hauptereignis dieser Wettspiele werden. Neben dem Boykott, den die europäischen Staatsoberhäupter Kiew erklären. Ein einzigartiger Fall in der Geschichte des Sports.
    Für die westlichen Politiker wird der ukrainische Präsident zu einem Menschen, mit dem zusammenzutreffen unangenehm, peinlich und überflüssig ist. Es kam sogar so weit, dass Kiew das für den 11. und 12. Mai geplante Treffen mitteleuropäischer Präsidenten verschieben musste – aus dem einleuchtenden Grund, dass die europäischen Staatsoberhäupter massenhaft abgesagt haben. Und das alles ­wegen Timoschenko und weil es für die Oberhäupter zivilisierter ­Staaten unannehmbar ist, wie mit ihr umgegangen wird. Ein wenig regt sich auch die ukrainische Gesellschaft, die unter dem unverständlichen Juschtschenko der Politik gegenüber deutlich abgekühlt ist. Sie schaut sich nach einem neuen Anführer um, der in der Lage ist, den Kampf um die Macht gegen den verhassten Donezker Clan aufzunehmen.
    Es gibt praktisch keine neuen Anführer.
    Und nun könnte das Ekelgefühl gegenüber der derzeitigen Macht den Argwohn gegen die demokratischen Führer übersteigen. Das Mitgefühl für Julia Timoschenko kann in Verbindung mit der Bewunderung für ihre Standhaftigkeit bei Millionen von Bürgern sogar erneut Hoffnungen auf diese Politikerin wecken. Indem das Gefängnis ihre Einsamkeit verschlimmert, stärkt es auf paradoxe Weise ihr politisches Potenzial und ihre menschliche Erscheinung. Würden dieser Tage in der Ukraine Präsidentschaftswahlen stattfinden, dann hätte sie wohl keine schlechten Chancen auf einen Sieg. Bei aller Gleichgültigkeit und allem Misstrauen der Ukrainer gegenüber den Politikern der »orangenen Generation«.
    Das ist es, wofür sie sich heute zerreißt – mit männlicher Schonungslosigkeit und weiblicher Leidenschaft. Um ihr Schicksal erneut umzulenken, aus dem Gefängnis in die Freiheit zu gelangen und die Ukraine zu regieren. Entgegen dem Gerichtsbeschluss, der sie auf lange Zeit der Möglichkeit einer politischen Tätigkeit beraubt. Entgegen allen Misserfolgen, die sie umso schmerzhafter durchlitt, je stärker sie ihre Mission fühlte – die Ukraine zu retten, als einziger Mensch, der der Lenkung dieses Landes würdig ist. Entgegen der Skepsis vieler erfahrener politischer Experten und einfacher Wähler, die ihr Temperament fürchten und ernsthaft Angst haben, eine ­Jeanne d’Arc im Amt des Präsidenten könne noch brutaler sein als der schwerfällige Janukowitsch.
    Alles fängt gerade erst an.

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