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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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Parlamentspräsident Lytwyn hat sich in den Tagen der Orangenen Revolution richtig verhalten, als er sich faktisch auf Jusch­tschenkos Seite schlug und damit dessen Sieg Legitimität verlieh. Nach Gongadse fragt ihn jetzt keiner mehr.
    In einem totalitären Staat stellt es für den Präsidenten kein Problem dar, politische Gegner einsperren oder gar umbringen zu lassen. In einem demokratischen Staatswesen kann davon keine Rede sein. Was aber Korruptionsfälle betrifft, so lösen sie sich nur zu oft vor Gericht in nichts auf. Denn dafür braucht man Beweise. Wenn man solche für Wahlmanipulationen sammeln will, dann findet man sie nur auf den untersten Stufen der Pyramide. Daher kommen in der Regel die kleinen Weichensteller vor Gericht, die die verbrecherischen Befehle ausgeführt haben. Weder der Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission Kiwalow noch jene, die in der Präsidialadministration oder im Kabinett die Fäden gezogen haben, können je belangt werden.
    Nach und nach gerät die lautstarke, aber unsystematische Kampagne gegen die Korruption zur lächerlichen Fernsehshow.
    Der Präsident spricht in jeder seiner Reden von der hohen Moral der neuen Staatsmacht. Von Staatsbeamten und deren Familienmitgliedern fordert er streng, alle unternehmerischen Aktivitäten einzustellen. Dabei ist für die Gesellschaft nicht zu übersehen: Alle »Finanziers der Revolution«, Poroschenko allen voran, sitzen nun auf ihren staatlichen Posten, haben aber keine Eile, sich von ihren Geschäften zurückzuziehen. Bestenfalls überschreiben sie ihre Firmen formal an den Vater, die Ehefrau oder andere Verwandte. Wie es Julia Timoschenko getan hat, als sie JeESU verließ und Abgeordnete wurde. Wie es in den Krisen der postsowjetischen Eliten die Regel ist.
    Juschtschenko wird sichtlich nervös. Seine Erklärungen klingen immer absurder. So verbietet er zum Beispiel öffentlich seinen Beamten, in die Sauna zu gehen. Man kann ihn ja verstehen. Die berüchtigten »Pferdeställe« waren zu Zeiten Kutschmas ein Symbol der hinter den Kulissen agierenden Macht. Seltener Fall: Hier stimmt ihm Julia Timoschenko vollen Herzens zu.
    Die Verkehrspolizei wird zur beliebten Zielscheibe der neuen Staatsmacht. Das liegt daran, dass der Präsident, ein großer Autofan, unter der Willkür der Miliz viel gelitten hat. Und da erlaubt sich auch noch ein unglückseliger Angehöriger dieser Zunft, die Wagenkolonne des Präsidenten mit Blaulicht und Martinshorn zu stoppen. Juschtschenko beschimpft den Polizeiwagen als »Diskothek auf Rädern« und unterschreibt noch am selben Tag einen Erlass, mit dem alle Verkehrskontrollen abgeschafft werden. In diesem Lande wird es keine Verkehrspolizei mehr geben. Die Nachricht löst einen allgemeinen Schock aus: Wer wird nun für Ordnung auf den Straßen sorgen?
    Nach seinem Sieg gibt sich Juschtschenko große Mühe, das bisherige Bild eines nachdenklichen und zurückhaltenden Politikers zu korrigieren, Härte und Entschlossenheit zu zeigen. Das erklärt die überstürzte Auflösung der Verkehrspolizei. Das ist auch der Hauptzweck seiner beiden Reisen in den Osten des Landes, der ihm nicht wohlgesonnen ist.
    In Donezk und Dnipropetrowsk schäumt er vor Zorn und versucht die Gebietsführungen einzuschüchtern. Stundenlang beschimpft er sie, benutzt bei einzelnen Personen gar das abwertende »Du«. Es geht immer um dasselbe Thema: die Korruption der alten Staatsmacht und die neue Moral, die sein Regime verkörpert.
    So hat das Land Juschtschenko noch nie erlebt. Es ist leicht verwirrt. Die Säle, vor denen er redet, schweigen und beäugen den Präsidenten mit finsterer Ironie. Das saftige Fluchen liegt ihm nicht. Wenn er es dennoch tut, wirkt es unbeholfen, ja, kläglich.
    Nachdem er sich in Kutschmas Büro eingelebt hat, fühlt sich Viktor Juschtschenko in der Tat als strenger, aber gerechter Landesvater aller Ukrainer. Er darf strafen und begnadigen. Allerdings kommt Letzteres wesentlich häufiger vor – kein Mensch kann aus seiner Haut. Aber auch hier macht er sich zuweilen lächerlich. Dem Präsidenten wird gemeldet, irgendwo in der Westukraine hätten zuständige Organe überreagiert und einen seiner alten Bekannten, einen Hotelchef, wegen des Verdachts auf Schmuggel festgesetzt. Jusch­tschenko ruft bei der Gebietsverwaltung des Sicherheitsdienstes an, stellt sich vor und fordert, den Verhafteten freizulassen. Der Mitarbeiter glaubt, jemand erlaube sich einen Scherz mit ihm, belegt den Präsidenten mit einem

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