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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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angewiesene Untersuchung mit den dienstlichen Einkünften des Ex-Präsidenten. Dahinter stand jedoch die Frage, wie man mit den unter Kutschma geschaffenen Strukturen der Schattenwirtschaft im Sektor Gas umgehen sollte. Oder, wenn man die Dinge in einem noch größeren Zusammenhang sah: Wie war der Erbkrankheit der ukrainischen Wirtschaft, ihrer Abhängigkeit von importiertem Gas, beizukommen?
    Kutschma hatte seinerzeit die für ihn einzig annehmbare Antwort auf diese Frage gefunden. Die Chemieindustrie und Metallurgie der Ukraine grundlegend zu rekonstruieren und mit energiesparenden Technologien auszustatten, war ihm zu teuer und zu mühselig. Klare Marktverhältnisse im Gashandel einzuführen, sah er als wirtschaftlichen Selbstmord an. Daher war der Präsident darauf verfallen, Jahr für Jahr mit Russland und Turkmenien über billiges Gas zu verhandeln und den Partnern alles zu versprechen, was sie hören wollten. Moskau die Zusicherung ewiger Freundschaft. Dem turkmenischen Herrscher die Liebe und Verehrung des ukrainischen Volkes, die sich unter anderem in der Errichtung von Bronzestatuen turkmenischer Dichter auf den Plätzen von Kiew ausdrückte. Den hohen Beamten, die die Gaspolitik des Kreml oder Turkmeniens bestimmten, persönliche Beteiligung an den Profiten.
    Der Plan war einfach, leicht zu realisieren und sehr einträglich für alle Beteiligten. Das einzige Problem: Man behandelte nicht das Leiden, sondern die Symptome. Die Krankheit selbst verschlimmerte sich weiter.
    Als Julia Timoschenko an dieses Erbe des Ex-Präsidenten rührte, war ihr klar, worauf sie sich einließ. Schon im Jahre 2000 als für Brennstoff- und Energie zuständige stellvertretende Ministerpräsidentin hatte sie mit der Anerkennung der ukrainischen Gas-Schulden bei Russland bewiesen, dass man Kutschmas Spielregeln ändern konnte. Seinen Plan aufzugeben hieß vor allem, sich zu realen Marktpreisen zu bekennen. Als Ministerpräsidentin hatte sie jetzt ein klares Bild davon, welche Prüfungen das Land erwarteten. Die baltischen Staaten oder Polen standen ihr als Präzedenzfälle klar vor Augen. Denen war es nur möglich gewesen, sich aus der demütigenden Abhängigkeit vom russischen Gas zu befreien, weil die Bevölkerung es auf sich nahm, einen Winter lang zu frieren, so die Umstrukturierung der Wirtschaft zu ermöglichen und danach bisher unvorstellbare Summen für Heizung zu bezahlen. Einen anderen Weg gab es nicht. Julia Timoschenko war bereit, das Volk zu mobilisieren, das seine orangefarbene Energie und den Glauben an die Führer der Revolution noch nicht verloren hatte. Eine solche Strategie hatte auch der Publizist Sergj Hrabowsky im Sinn, als er an General Perón erinnerte.
    Aber darüber musste letzten Endes der Präsident entscheiden. Der Fall »RosUkrEnergo« war als kleine Provokation der Ministerpräsidentin gedacht, die den unentschlossenen Juschtschenko dazu bewegen sollte, auf die Schlüsselfrage der ukrainischen Wirtschaft eine klare Antwort zu geben.
    Das begriff der Präsident durchaus. Als Juschtschenko das Dossier des Sicherheitsdienstes durchblätterte, war er außer sich. Er rechnete alle Varianten des Übergangs zu Marktpreisen für Energieträger durch, falls »RosUkrEnergo« zerschlagen werden sollte. Dabei kam er zu dem Schluss, dass seine Ausgangsposition noch schlechter war als die Kutschmas. Wenn sich die Ukraine aus ihrer Abhängigkeit von importiertem Gas befreien wollte, dann hatte sie nicht nur die eigene Wirtschaft grundlegend umzubauen, was Zeit und enorme Mittel erforderte. Sie musste auch die Bezugsquellen von Öl und Gas weiter diversifizieren.
    Überall im postsowjetischen Zentralasien wurde nach diesen Rohstoffen gebohrt. Außer Turkmenien, mit dem Kutschma übereingekommen war, hieß das, auch mit Kasachstan, Aserbaidschan und Usbekistan in einen Dialog zu treten. Aber die Revolution in Orange hatte die autoritären Herrscher dieser ehemaligen Sowjetrepubliken in Angst und Schrecken versetzt. Moskau bot ihnen Schutzgarantien vor Revolutionen in weiteren Farben an. Als Gegenleistung forderte es den Transport durch russische Leitungen. Längst hatte der Gashahn dem russischen Doppeladler Zepter und Reichsapfel ersetzt.
    Es blieb also nur eins: ein wirtschaftlicher und diplomatischer Krieg gegen Russland mit dem Ziel, dass dieses die Preise nur schrittweise erhöhte, damit die Ukraine Zeit gewann. Dafür besaß Kiew einige starke Argumente.
    Das Erste waren die ukrainischen Pipelines, durch die

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