Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
Vom Netzwerk:
»Unsere Ukraine«, die knapp unter 14 Prozent blieb, machte das Dreigespann der Sieger voll. Schließlich hatten alle »Orangenen« zusammengenommen (Block Julia Timoschenko, »Unsere ­Ukraine« von Präsident Juschtschenko und Sozialistenführer Moros) wie schon anderthalb Jahre zuvor bei den Präsidentschaftswahlen Januko­witsch überholt. Dank der überbordenden Energie von Julia Timoschenko war es sogar gelungen, ihm einen Teil der Wähler im Osten und Süden abspenstig zu machen, dort, wo sich Janukowitsch als Alleinherrscher gefühlt hatte.
    Übrigens wollte Juschtschenko keinen von ihnen im Amt des Ministerpräsidenten sehen – weder Timoschenko noch Janukowitsch. Dafür gab es verschiedene Gründe. Das Gefühl der Ausweglosigkeit, das ihn bei dieser Patience mit zwei Karten befiel, war unverändert geblieben.
    Timoschenko? Ausgehend von einem Gefühl des politischen Anstands schien ein Bündnis mit ihr immer noch ideal zu sein. Sie war »eine von ihnen«, mit ihrer Person waren die allerromantischsten Erinnerungen an den Kampf gegen Kutschma und an den Sieg auf dem Maidan verknüpft. Es gab da nur dieses Aber: Juschtschenko war schlicht nicht in der Lage, mit Julia Timoschenko zusammenzuarbeiten. Verantwortungslose Journalisten hatten geschrieben, dass diese Frau, die hundertmal tapferer und entschlossener sei als er, ihn erniedrigt habe. Juschtschenko war es zwar im Grunde egal, was sie schrieben. Wichtiger war etwas anderes: Timoschenko bedeutete Krieg, die tagtägliche Auseinandersetzungen mit Oligarchen, Clans, Politikern und Abgeordnetenfraktionen, die sie beleidigt hatte. Endlose Diskussionen über die Neuverteilung des Eigentums, die undenkbar waren in einem Land, das sich immer noch in einem Zustand der zähen Auseinandersetzung zwischen West und Ost befand. Ein absolut unvorhersehbares Leben – und dabei schätzte Jusch­tschenko in der Politik doch vor allem Ruhe und Kontinuität!
    Janukowitsch? Er war das komplette Gegenteil der leidenschaftlichen Prinzessin. Ruhig, berechenbar, abhängig von seinen Tonangebern in Donezk und Moskau, ein sehr solider Kamerad. Etwas langsam von Begriff, ähnlich wie Juschtschenko. Nicht die kleinste eigene Idee, abgesehen von seiner völlig aufrichtigen Überzeugung, man habe ihm im Winter 2004 das Präsidentenamt weggenommen. Mit ihm konnte man zusammenarbeiten, zumal man sich mit Janukowitsch nicht über die Spielregeln verständigen musste, sondern einstweilen nur mit Putin und sowieso immer mit dem Finanzier der »Partei der Regionen« und Patron des Donbass – dem Oligarchen Rinat Achmetow. Doch auch hier ein Aber: Es wäre geradezu obszön. Es wäre eine Schande. Es wäre Verrat. Das Volk, das sich auf dem Maidan hätte verprügeln lassen, damit eben jener Janukowitsch für immer in der Opposition blieb, würde seine Ernennung mit unverhohlener Verachtung dem Präsidenten gegenüber aufnehmen. Oder noch schlimmer: mit gleichgültiger Verachtung.
    Furcht hatte Juschtschenko vor beiden. Sowohl Janukowitsch am Gängelband als auch die entfesselte Lady Ju träumten davon, sich als Totengräber auf seiner bevorstehenden politischen Beerdigung zu verdingen, die Trauerrede zu sprechen und sich an die Spitze des Landes zu drängen. Janukowitsch konnte ihn mit einer seiner kräftigen Bergarbeiterumarmungen ersticken, Timoschenko mit einer ihrer Umarmungen der Leidenschaft. Beide waren eine schlechte Wahl.
    Er konnte weder Timoschenko noch Janukowitsch ernennen. Dafür konnte der Präsident versuchen, indem er die recht zweifelhaften prozessualen Verstöße bekrittelte, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen ausrufen. Doch diese Lösung schien ihm die schlechteste zu sein. Neuwahlen hätten der Partei »Unsere Ukraine« eine Niederlage gebracht.
    Zunächst vergingen nach dem Rücktritt der Regierung die 60 Tage, die dem Staatsoberhaupt für die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten eingeräumt werden. Dann 15 weitere Tage, in denen er das Recht hatte, über die Kandidatur des Kabinettvorsitzenden nachzudenken. Es wurde August: Das Land, das ein Parlament gewählt hatte, lebte noch immer ohne Regierung. Eine weitere Verzögerung war undenkbar.
    An jenem historischen Abend im August erwartete man nach Augenzeugenberichten im ukrainischen staatlichen Fernsehsender mit an Hysterie grenzender Ungeduld auf den Eilboten aus der Präsidialadministration. Der Bote mit der Aufzeichnung der Fernsehansprache von Juschtschenko traf um 20 Uhr ein. Man munkelte, es gäbe

Weitere Kostenlose Bücher