JULIA VALENTINSBAND Band 21
meinte er, als sie durch das knietiefe Wasser zum Strand wateten.
„Irgendwie doch“, erwiderte Celeste nach einer Weile. „Jetzt kann ich mich endlich bewegen.“
An einer schattigen Stelle breiteten sie ihre Picknickdecke aus.
„Muss ich das jetzt verstehen?“, erkundigte Benton sich.
Celeste verzog das Gesicht. „Das ist eine lange Geschichte.“
Er durchsuchte den Picknickkorb und zog schließlich eine Flasche Cola heraus. „Wir haben den ganzen Tag Zeit.“ Er setzte sich auf den Boden und stützte sich mit einer Hand hinter dem Rücken ab.
Bis jetzt hatte sie außer Brooke noch niemandem Einzelzeiten aus ihrer Kindheit und Jugend erzählt. Vielleicht sollte sie sich wirklich einmal alles von der Seele reden. Die Frage war nur, ob Benton Scott die richtige Adresse dafür war. Immerhin würde er bald die Firma ihrer Eltern übernehmen.
Celeste kräuselte die Nase. „Sind Sie sicher, dass Sie das alles hören wollen?“
Benton inspizierte den Picknickkorb. „Wir haben belegte Brote, Käse, Obst und Schokoladenherzen. Damit überleben wir mindestens bis Mittwoch.“
Sie lächelte, aber dann wurde sie wieder ernst, als sie sich neben ihn setzte. Also gut.
„Mein Vater war Mechaniker, genau wie schon mein Großvater, während meine Mutter aus einer ziemlich wohlhabenden Familie kam. Das Haus war ein Hochzeitsgeschenk ihres Vaters. Dad war ihm nie gut genug für seine kostbare Tochter, und das setzte ihn natürlich gewaltig unter Druck. Nachdem sein Reparaturdienst für Rasenmäher ziemlich gut lief, schlug meine Mutter ihm vor zu expandieren.“ Celeste lehnte sich zurück. Die Vergangenheit lief wie ein Film vor ihrem inneren Auge ab. „Damals waren wir eine glückliche Familie. Dad hat viel und erfolgreich gearbeitet, aber er hatte trotzdem immer Zeit für uns.“ Sie bohrte ihre Colaflasche in den Sand. „Leider war er kein besonders gewiefter Geschäftsmann und wurde von seinem Partner betrogen. Er war völlig am Boden zerstört. Meine Mutter stellte dann einen Geschäftsplan auf und bat meinen Großvater um einen Kredit. Der war natürlich nicht besonders begeistert über die ganze Sache, wie Sie sich denken können.“ Sie umschlang ihre Knie mit beiden Armen. „Danach wurde mein Vater ein anderer Mensch.“
„Kein Wunder“, meinte Benton. „Er war natürlich in seinem Stolz getroffen. Woher wissen Sie das eigentlich alles?“
„Als Kind bekommt man mehr mit, als die Erwachsenen sich immer einreden. Meine Eltern haben ziemlich viel gestritten, wenn ich im Bett war. Ganz gleich, was mein Vater vorschlug, meine Mutter hatte immer die bessere Idee. Und meistens setzte sie sich durch.“ Celeste sah aufs Meer hinaus. „Nicht ein Mal habe ich mitbekommen, dass Dad anerkannte, was sie für ihn leistete. Im Grunde, glaube ich, hasste er diese Abhängigkeit von ihr und ihrer Familie. Letztlich zerbrach die Liebe meiner Eltern dann auch an ihrer unterschiedlichen Herkunft und am mangelnden gegenseitigen Respekt. Ich war zehn Jahre alt, als mir klar wurde, dass meine Mutter meinen Vater nicht mehr liebte.“ Celeste sah Benton an. „Eltern glauben immer, dass sie ihren Kindern Spannungen verheimlichen können, aber ich konnte es in ihren Augen sehen.“
„Ich glaube auch, dass Kinder sehr viel mehr verstehen, als man ihnen zutraut.“
Das Verständnis in seiner Stimme, seine Ernsthaftigkeit gaben ihr den Mut weiterzusprechen.
„Es war an meinem Geburtstag, und ich hatte meine Freundinnen eingeladen. Wie immer hatte meine Mutter ein wunderbares Fest vorbereitet, obwohl ihr Vater die Woche davor gestorben war. Aber als sie mir abends einen Gutenachtkuss gab, brach alles aus ihr heraus. Sie war so verletzt und voller Scham und Schuldbewusstsein. Mein Großvater hatte sein ganzes Geld ihrem älteren Bruder hinterlassen. Offenbar hatten meine Eltern ihm den Kredit nie zurückzahlen können. Meine Mutter tröstete sich immer mit dem Gedanken, dass PLM eines Tages mir gehören würde. Damals interessierte mich das natürlich nicht. Ich wollte nur, dass meine Eltern sich wieder liebhatten.“
„Aber dann starb Ihre Mutter und hatte keinen Einfluss mehr darauf, was Ihr Vater mit seiner Firma machte.“
Oder was passieren würde, wenn er wieder heiratete und noch mehr Kinder bekam. Celeste dachte an Suzanne. Bald würde sie eine Schwester oder einen Bruder bekommen, und eigentlich hatte sie sich das immer gewünscht. Aber im Augenblick konnte sie sich noch nicht darüber freuen.
Sie seufzte
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