Julia Weihnachtsband Band 26
aussprechen konnte. Er redete schnell, hoffte, sie mit Logik zu überzeugen. „Du bist erregt, du leidest, aber es hilft dir nicht, wenn du mich wegstößt.“
„Nichts hilft“, schoss sie zurück.
Die Tränen, mit denen sie gekämpft hatte, flossen endlich. Er nahm sie in die Arme und fürchtete schon, sie würde ihn zurückweisen. In seiner Umarmung wurde sie schwach. Sie klammerte sich an sein Hemd und weinte an seiner Brust. Abgehackte Schluchzer ließen ihre Schultern beben. Ihre heißen Tränen brannten sich bei ihm bis in die Seele. „Er war unser Kind, Clay, unser Junge!“
„Ich weiß, Holly.“ Er rieb ihr sanft den Rücken und half ihr auf die einzige Weise, die ihm möglich war: Er hielt sie fest, während sie weinte.
13. KAPITEL
Lucas blickte über die Schulter zurück, als Catherine ihn aus der Wohnung führte. Er erwartete, dass Clay und Holly mit ihm kämen. Sie gingen alle zusammen hinaus, und Holly sah zu, wie die Sozialarbeiterin Lucas im Kindersitz festschnallte. Holly schlang die Arme um sich, ein nutzloser Versuch, sich gegen die Kälte und die seelische Qual zu schützen. Lucas’ Gesicht war im Fenster zu erkennen. Holly winkte ihm zu und winkte immer noch weiter, als der Wagen schon längst aus der Straße verschwunden war … aus ihrem Leben verschwunden war.
Holly würde ihn bald verlassen. Clay starrte aus seinem Bürofenster und beobachtete den Berufsverkehr. Es überraschte ihn, dass sie nicht längst gegangen war. Nachdem er Lucas’ Zimmer ausgeräumt hatte, war er sicher gewesen, dass sie weglaufen würde. Wahrscheinlich glaubte sie, ihm noch ein bisschen Zeit schuldig zu sein.
Er fluchte und stützte beide Hände gegen das Fenster. Als die Tür geöffnet wurde, drehte er sich nicht um.
„Clay?“, fragte Marie zögernd. „Kevin Hendrix hat angerufen. Schon wieder. Er sagt, du hättest nicht auf seine Nachrichten reagiert.“
Der Letzte, mit dem er sprechen wollte, war der Mann, der für die Schließung von Hopewell House verantwortlich war. „Ich will keine Geschäfte mehr mit ihm machen.“
„Na ja, Hendrix lässt sich nicht so leicht abwimmeln, vor allem, wenn er glaubt, dass dabei Geld rauszuholen ist.“
„Wenn er das nächste Mal anruft, stell ihn durch“, sagte er grimmig. „Ich werde es ihm schon mehr als deutlich machen.“
„Okay, aber er hat schon angedroht, hier vorbeizukommen, um mit dir persönlich zu sprechen.“
„Umso besser.“
„Brauchst du noch etwas?“
„Geh nach Hause, Marie. Wir sehen uns morgen.“
Der Briefumschlag zitterte in Hollys Hand. Sie starrte auf ihren Namen, der auf der Vorderseite stand, als hätte sie vergessen, dass der Inhalt des Briefes das wirklich Wichtige war.
„Willst du ihn nicht öffnen?“, fragte Clay.
„Ich … natürlich.“ Mit einem Finger schlitzte sie den Umschlag auf und zog das zusammengefaltete Blatt heraus. Überraschenderweise hielt sie ihm den Brief hin. „Willst du ihn lesen?“
Dass sie ihm dieses letzte Stück aus ihrem gemeinsamen Leben mit Lucas anvertraute, berührte Clay zutiefst. Er betete darum, dass die Großmutter des Jungen die Worte gefunden hatte, an denen es ihm mangelte. Worte, die in irgendeiner Weise helfen würden, Holly zu heilen.
Er überflog den Brief, bevor er ihn laut vorlas.
Liebe Holly, ich hoffe, Sie finden mich nicht zu vertraulich. Aber ich fühle mich Ihnen sehr verbunden durch den kleinen Jungen, den Sie als Lucas kennen und das Baby, an das ich mich als Daniel erinnere. Ich kann Ihnen und den Hopewell-Schwestern gar nicht genug danken. Als Daniels Mutter verschwand, habe ich gebetet, dass er gut aufgehoben ist und man sich um ihn kümmert. Nach dem, was Catherine Hopkins mir erzählt hat, waren Sie und die Hopewells die Antwort auf meine Gebete. Ich danke Ihnen, dass Sie meinem Enkel Ihr Herz geöffnet und ihm ein Zuhause gegeben haben.
Er sah auf. „Er ist mit Laura und Daniel unterschrieben.“
Unvergossene Tränen zitterten auf Hollys Wimpern. Sie blinzelte, und eine Träne lief über ihre Wange. Mit einem zittrigen Seufzer stieß sie den Atem aus. Sie konnte ihn nicht ansehen, bemühte sich, ihre Fassung zu bewahren und den Schmerz zu verbergen.
Ihre Tränen schnitten ihm ins Herz, hinterließen unsichtbare Spuren wie auf ihren Wangen und würden trotzdem tiefe Wunden schlagen. So gerne er Hollys Schmerz erleichtert hätte – es gab nur eins, was jetzt half: Sie musste all den Kummer endlich aus sich herauslassen.
Clay legte den Brief beiseite
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