Julia Weihnachtsband Band 26
Weg in sein Zimmer gefunden hatten, putzte sich die Zähne und kroch in sein Bett.
Himmlisch.
Es gibt doch nichts Schöneres als das eigene Bett, dachte er und schloss seufzend die Augen. Aber dann erinnerte er sich an die Schmerztabletten, ohne die ihn sein Arm in der Nacht garantiert wecken würde.
Resigniert knipste er das Licht wieder an und stand auf, füllte ein Glas mit Wasser und ging zum Bett zurück. Die Tabletten hatte er auf den Nachttisch geworfen, er nahm zwei und zog die oberste Schublade auf, um den Rest dort hineinzulegen.
Und da war es.
Zwischen Stiften, Manschettenknöpfen und Kleingeld lag es. Oh Gott. Langsam, beinahe widerwillig nahm er den kleinen Bilderrahmen heraus und starrte auf die lachenden Gesichter – Rachel, wie immer voller Leben, saß mit Ben im Gras. In seinen kleinen Händen hielt er Grashalme, die Augen blitzten frech. Wie hatten sie an dem Tag gelacht.
Und sechs Monate später, heute vor fünf Jahren, waren die beiden von einem betrunkenen Autofahrer überfahren worden. Sie hatten noch ein paar Einkäufe erledigt – eine Uhr für ihn gekauft, wie er entdeckte, als er irgendwann die Tüte mit ihren Sachen durchsah, die er im Krankenhaus bekommen hatte. Er hatte sie die letzten fünf Jahre jeden Tag getragen – bis sie zerbrach, an einem Baum zerschmettert während eines Lawinenunfalls.
Eine Lawine, die ihn nach Hause gebracht hatte – zu einer Frau namens Amelia und ihren drei unschuldigen und heimatlosen Kindern.
Hatte Rachel dafür gesorgt? Wollte sie ihm sagen, dass er weiterleben und sie beide vergessen sollte?
Mit dem Finger strich er über die Gesichter auf dem Foto und schluckte seine Trauer hinunter, die ihn nie wirklich verlassen hatte. Jedes Jahr zu Weihnachten trieb sie ihn fort, um das zu vergessen, was er nicht vergessen konnte, dem zu entkommen, dem er nicht entkommen konnte.
Er legte das Foto zurück in die Schublade und schloss sie leise, schaltete das Licht aus, legte sich wieder hin und starrte in die Nacht.
Amelia konnte nicht schlafen.
Etwas hatte sie geweckt – ein seltsames Geräusch. Woher sie die Geräusche des Hauses schon so gut kannte, wusste sie nicht, aber es war so, und dieses war seltsam.
Sie stand auf und sah nach den Kindern, aber sie schliefen tief und fest.
Was war es dann gewesen?
Jake?
Sie sah über das Treppengeländer, aber alles war still und dunkel.
Rufus?
Himmel, Rufus. Wollte er nach draußen? Kratzte er jaulend an der Tür, und das hatte sie geweckt?
Hastig zog sie einen Pullover über ihren Pyjama – denn natürlich hatte sie ihren Morgenmantel in der Eile bei ihrer Schwester vergessen – und schlich die Treppe hinunter. Als sie an Jakes Zimmer vorbeikam, sah sie nachdenklich auf die Tür.
Sie hatte sein Gepäck hochgebracht, während er schlief, denn allein hätte er das unmöglich geschafft. Dabei konnte sie einen ersten Blick in sein Zimmer werfen.
Es lag über dem Salon, mit einem geschwungenen Eingang zum Bad neben dem Erkerfenster. Dort stand in der Mitte eine gusseiserne Badewanne und bot einen spektakulären Blick auf den endlosen Rasen bis hin zum Wald in der Ferne. Aber sie konnte ihn sich eher in der riesigen Dusche vorstellen.
Am anderen Ende des Raumes stand das Bett. Ein stabiles, großes altes Himmelbett, dessen Kopfende mit Schnitzereien vertäfelt war – es passte perfekt zu dem Zimmer. Perfekt zu dem Haus. In dieser Art Bett liebte man sich, da wurden Kinder geboren und schliefen Menschen am Ende ihres Lebens friedlich ein.
Ein wunderbares Bett. Darin konnte sie ihn sich problemlos vorstellen.
Lag Jake jetzt gerade darin? Sie wusste es nicht. Vielleicht, vielleicht auch nicht … Aber sie war verrückt, überhaupt darüber nachzudenken.
Es brennt kein Licht, und das Haus ist still, aber es fühlt sich anders an, dachte Amelia. Etwas hatte sich verändert, fühlte sich richtig an – als hätte sich das Haus entspannt, weil er jetzt zu Hause war.
Aber das erklärte nicht, was sie geweckt hatte. Die Tür zu seinem Zimmer stand einen Spalt offen. Sie war nach unten gegangen, um den Hund rauszulassen und die Küche aufzuräumen, nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht und ihre Sachen wieder vollständig ausgepackt hatte. In der Zwischenzeit musste er nach oben gekommen sein, aber sie hatte die Tür nicht offen stehen sehen. Vielleicht war er noch einmal nach unten gegangen und hatte dann vergessen, die Tür wieder zu schließen. Hatte das Geräusch sie etwa geweckt? Aber er war
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