Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
spät. Blut tropfte von Sashas Hand.
Geistesabwesend blickte sie auf das Blut, das aus der kleinen Wunde quoll. Alles, was nun geschah, nahm sie nur noch wie aus weiter Ferne wahr.
„Aber er hat sie nicht gezeugt. Das hat er mir selbst gesagt, Sasha. Es wäre also sinnlos, etwas anderes zu behaupten.“
„Ich muss das wegräumen“, erklärte sie leise und schaute auf die Glasscherben. „Ich …“
„Ich mache das. Du setzt dich.“
Verstört sah sie zu, wie Gabriel die Scherben zusammenkehrte und in den Abfallbehälter beförderte.
„So, und jetzt sehen wir uns deine Hand an.“ Folgsam ließ sie sich von Gabriel zur Spüle führen, wo er kaltes Wasser über ihre Handfläche laufen ließ. Dann holte er den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Schrank und klebte ein Pflaster auf die Wunde.
Schließlich führte er Sasha zum Tisch zurück und sorgte dafür, dass sie sich setzte.
„Die Zwillinge sind meine Söhne, das wissen wir beide“, beharrte er. „Ich verstehe nur nicht, warum du mir damals nicht die Wahrheit gesagt hast.“
Erst in diesem Moment ließ der Schock bei Sasha nach. Später war genug Zeit, sich zu sorgen, wie die Zwillinge die Entwicklung der Dinge aufnehmen würden. Jetzt musste sie Gabriel klarmachen, dass sie ihre Söhne waren und nichts mit ihm zu tun hatten.
Sasha atmete tief durch. „Musst du das wirklich fragen? Damals habe ich dich angefleht, mich zu lieben, Gabriel. Wochenlang war mir jeden Morgen übel, und ich konnte mir denken, warum. Ich habe dir sogar die Möglichkeit gegeben, zu erklären, du wolltest Kinder. Alles habe ich getan, um es dir möglich zu machen, die Wahrheit zu erraten, nur aussprechen konnte ich sie nicht. Carlo hat es sofort gewusst, obwohl er mich kaum kannte. Er begriff, wie mir zumute war, verstand meine Ängste. Du hattest mich zurückgewiesen, was wäre, wenn du das Kind, das ich unter dem Herzen trug, auch nicht wolltest? Als du mir sagtest, du wolltest keine Kinder, bekam ich es mit der Angst zu tun. Nicht um meinetwillen, sondern wegen des Babys. Ich befürchtete, du könntest mich zwingen wollen, die Schwangerschaft abzubrechen.“ Sasha schloss die Augen, es kostete sie Mühe weiterzusprechen. „Und ich hatte Angst, ich könnte nachgeben; dass ich alles tun würde, was du wolltest. Carlo hat es mir leicht gemacht, die richtige Entscheidung zu treffen. Ihm ist es zu verdanken, dass die Zwillinge heute da sind, nicht dir oder mir. Deshalb ist Carlo ihr Erzeuger, weil er sie wie ein echter Vater beschützt und geliebt hat.“
Reue, Scham, vor allem Schmerz überkamen Gabriel.
„Du hättest es mir sagen müssen“, murrte er.
„Vielleicht hättest du es erfahren müssen“, gab Sasha gefasst zu, ging darauf jedoch nicht mehr ein. „Für das, was Carlo für mich getan hat, werde ich ihm ewig dankbar sein. Manchmal frage ich mich, ob das Schicksal ihn uns geschickt hat. Mit seiner Großzügigkeit und seinem Mitgefühl hat er uns drei gerettet. Wenn Carlo nicht gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht von dir überreden lassen, die Schwangerschaft abzubrechen, oder ich wäre auf der Straße gelandet, wo meine Söhne unter noch schlimmeren Umständen als ich aufgewachsen wären.“
„Na gut, ich habe behauptet, keine Kinder zu wollen“, gab Gabriel zu. „Wenn du mich jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt und mir erklärt hättest, dass du schwanger bist …“
„Das sagst du jetzt, Gabriel. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass keiner von uns beiden damals für die Elternschaft reif war. Ich war selbst noch ein halbes Kind, das von einem Mann Liebe ersehnte, der dazu gar nicht fähig war. Als die Zwillinge geboren wurden, bin ich aufgewacht. Dank Carlo bekam ich jede erdenkliche Hilfe und Unterstützung. Meine Babys habe ich vom ersten Moment an geliebt, aber ich musste erst lernen, mich selbst zu lieben, meine Vergangenheit zu akzeptieren und sie mit in die Gegenwart zu nehmen. Carlo war so stolz auf die Jungen. Echte Calbrinis hat er sie immer genannt.“
Das Gespräch nahm eine Wende, mit der Gabriel nicht gerechnet hatte. Sasha schien seine Versuche halsstarrig abblocken zu wollen, ihr über ihre gemeinsamen Söhne näherzukommen. Es schien sie nicht weiter zu kümmern, dass er jetzt über seine Söhne Bescheid wusste. Merkte sie nicht, dass er sich geändert und erkannt hatte, was er früher falsch gemacht hatte, dass er jetzt alles gutmachen wollte?
„Sie sind meine Söhne“, erklärte er mit Nachdruck.
Doch Sasha
Weitere Kostenlose Bücher