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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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an. »Das ist Moms Haus. Und jetzt unseres.« Sie holte eine kleine Taschenlampe heraus. »Wir haben keinen Strom, deswegen habe ich die hier besorgt.« Sie führte mich zu einem Seiteneingang, fummelte im Licht ihrer Lampe den Schlüssel ins Schloss und hielt mir dann die Tür auf. »Willkommen zu Hause!«
    Durch einen schmalen Gang gelangten wir in einen Raum, bei dem es sich nur um eine Küche handeln konnte. Selbst in der Dunkelheit waren der Schmutz und der Staub zu spüren, und die Luft roch muffig - wie feuchte Kleidung, die in einem Korb vor sich hin moderte. »Ich schlage vor, wir übernachten heute hier«, fuhr Janice fort, während sie ein paar Kerzen anzündete. »Es gibt kein fließend Wasser, und alles ist ziemlich schmutzig, aber oben sieht es noch viel schlimmer aus. Und die eigentliche Haustür ist so verzogen, dass sie nicht mehr aufgeht.«
    »Wie um alles in der Welt«, fragte ich und vergaß für einen Moment, wie müde und durchgefroren ich mich fühlte, »hast du hierhergefunden?«
    »Das war in der Tat nicht ganz einfach.« Janice zog den Reißverschluss einer weiteren Jackentasche auf und holte eine zusammengefaltete Landkarte heraus. »Nachdem du gestern mit Wie-hieß-er-noch-mal abgedüst warst, bin ich auch los und habe mir erst mal das hier besorgt. In diesem Land den Weg zu einer bestimmten Adresse zu finden, ist wirklich ...« Da ich keinerlei Anstalten machte, nach der Landkarte zu greifen und einen Blick darauf zu werfen, leuchtete sie mir mit der Taschenlampe direkt ins Gesicht. Bei meinem Anblick schüttelte sie den Kopf. »Du siehst vielleicht aus! Und weißt du, was? Ich habe schon vorher gewusst, dass es so kommen würde. Ich habe es dir gesagt! Aber du wolltest ja nicht hören! Es ist immer dasselbe ...«
    »Moment mal!« Ich hatte nicht die geringste Lust, mir weiter anzuhören, wie sie in Schadenfreude schwelgte, und bedachte sie mit einem bösen Blick. »Was genau hast du vorhergesehen, o du Kristallkugel? Dass irgendeine esoterische Sekte sich vorgenommen hatte, mich unter Drogen zu setzen? Um mich anschließend ...«
    Statt mir irgendeine gepfefferte Antwort zu geben, wie sie es zweifellos am liebsten getan hätte, verpasste Janice mir lediglich mit der Landkarte einen Klaps auf die Nase und erklärte ernst: »Ich habe gewusst, dass dieser italienische Hengst nichts Gutes verheißt. Ich habe es dir gesagt. Jules, habe ich zu dir gesagt, dieser Typ ...«
    Ich schob die Landkarte weg und schlug beide Hände vors Gesicht. »Bitte! Ich möchte nicht darüber reden. Jedenfalls nicht jetzt.« Da sie mir noch immer mit der Taschenlampe ins Gesicht leuchtete, schob ich diese ebenfalls zur Seite. »Hör auf! Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen!«
    »Du meine Güte!« Janice schlug mal wieder den sarkastischen Ton an, den ich so gut kannte. »Nächtliche Katastrophe in der Toskana gerade noch verhindert ... amerikanische Virgitarierin von Schwester gerettet ... wenn auch von heftigen Kopfschmerzen geplagt.«
    »Nur zu«, murmelte ich, »mach dich ruhig über mich lustig. Ich habe es nicht anders verdient.«
    Doch wider Erwarten machte sie nicht weiter. Erstaunt nahm ich die Hände vom Gesicht und stellte fest, dass sie mich eindringlich musterte. Plötzlich fiel ihr die Kinnlade nach unten, und ihre Augen wurden kreisrund. »Nein ! Du hast mit ihm geschlafen, oder?«
    Als ich nicht widersprach, sondern stattdessen in Tränen ausbrach, nahm sie mich mit einem tiefen Seufzer in den Arm. »Tja, du wolltest ja lieber von ihm flachgelegt als von mir hereingelegt werden.« Sie drückte mir einen Kuss aufs Haar. »Ich hoffe, er war es wert.«
     
    Nachdem wir uns auf dem Küchenboden ein Lager aus mottenzerfressenen Mänteln und Kissen bereitet hatten, waren wir noch viel zu aufgedreht, um zu schlafen. Stundenlang lagen wir in der Dunkelheit wach und sezierten meine Eskapade im Castello Salimbeni. Obwohl Janice sich vereinzelte abfällige Kommentare nicht verkneifen konnte, stimmten wir letztendlich in den meisten Punkten überein - abgesehen von der Frage, ob es eine gute oder eine schlechte Idee von mir war, mit dem Adlerknaben in die Kiste zu springen, wie Janice es ausdrückte.
    »Du magst da anderer Meinung sein«, erklärte ich und versuchte das Thema abzuschließen, indem ich mich abwandte, »aber selbst wenn ich schon vorher gewusst hätte, was ich jetzt weiß, hätte ich es trotzdem getan.«
    Janice beschränkte sich darauf, in säuerlichem Ton zu antworten: »Halleluja! Da bin

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