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Julias kleine Sargmusik

Julias kleine Sargmusik

Titel: Julias kleine Sargmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Mann, nein, ich merke auch noch, dass Sie Angst vor einem Friedhof haben. Das hat es früher bei den Männern nicht gegeben. Die waren ritterlich, mutig…«
    »Ich habe keine Angst, in der Nacht einen Friedhof zu betreten«, unterbrach Rotter die Frau, obwohl er dabei ein wenig log, denn ihm war schon komisch zumute.
    »Dann gehen Sie doch hin.«
    »Ich sehe keinen…« Das Wort Grund konnte er nicht mehr aussprechen, denn plötzlich hörte er das Spiel der Geige. Mit offenem Mund blieb Rotter stehen und lauschte.
    Es waren seltsame Klänge, die über die alten Grabsteine wehten. Schluchzend, sentimental, dann wieder schrill oder jubilierend. Der unbekannte Spieler brachte es tatsächlich fertig, auf seiner Geige eine Skala von Gefühlen zu produzieren.
    »Na«, sagte Mrs. Featherhead, »was habe ich Ihnen gesagt? Glauben Sie mir nun?«
    »Das muss ich ja wohl.«
    Sie nickte heftig. »Und mich für eine Lügnerin halten. Das hätten Sie wohl gern gehabt.«
    »Es war zumindest ungewöhnlich, was Sie mir da erzählt haben, Mrs. Featherhead.« Sie schlug mit dem Stock auf.
    »Stimmt. Aber wir werden dem Ungewöhnlichen nachgehen.«
    »Und das erledige ich.« Glenn Rotter hatte sich einen Ruck gegeben.
    »Ich schaue mir den Spieler an.«
    »Dabei werde ich Sie begleiten.«
    »Haben Sie keine Angst, nachts auf den Friedhof zu gehen, Mrs. Featherhead?«
    »Wie sollte ich?«
    »Vielen ist es zu gruselig.«
    »Die Toten schweigen, mein Lieber. Sie stören keinen mehr.«
    »Wie Sie meinen.« Wohl fühlte sich Glenn auch nicht, aber er wollte auf keinen Fall als großer Feigling vor dieser Frau stehen, deshalb ging er zügig vor.
    Begleitet wurde sein Weg vom Spiel der Geige. Glenn Rotter ließ sich davon faszinieren. Seine Augen suchten schon jetzt den Friedhof ab. Sie schauten über die Mauer, doch sie sahen nur die langen Schatten der Grabsteine und Kreuze.
    Der Spieler musste sich ziemlich weit auf der anderen Seite des Friedhofs befinden, dort wo die alten Gräber lagen und die Steine noch größer und breiter waren.
    An der Baustelle ging er vorbei, schaute zurück und sah, dass Mrs. Featherhead ihm folgte. Sie nickte ihm sogar aufmunternd zu, als er sie anschaute.
    »Ja, ja, ich erledige die Sache schon«, murmelte er und betrat den Hauptweg des Friedhofs, der das Gelände praktisch in zwei Hälften teilte. Zu beiden Seiten lagen die Gräber. Sie sahen die hohen Steine, die schmalen Stichwege, die zu den Grabstätten führten, das Gras, die wohlgepflegten Hecken.
    Über dem Gelände lag ein Duft von Frühlingsblumen, die zwischen dem grünen Gras blühten.
    Glenn bezeichnete sich nicht als überaus ängstlich. Normal würde er sagen. Dennoch, er bekam eine Gänsehaut, als er auf die Grabsteine schaute.
    Am Tage wirkten sie anders als in der Nacht. Jetzt bei Dunkelheit hatte er das Gefühl, sich inmitten einer geisterhaft fremden Landschaft zu bewegen.
    Dieser Friedhof war nicht völlig dunkel. Zudem war der Mond wieder hinter einer welligen Wolkenwand hervorgekrochen und warf Licht auf die Erde. Ein seltsames Licht.
    Glenn Rotter hatte das Gefühl, in eine blaue Farbe zu schauen, die über das Gelände des Friedhofs gefallen war. Ja, es war eine blaue Dunkelheit, lange Schatten, die zwischen den Gräbern ihren Platz gefunden hatten und das Gelände streichelten.
    Ein wenig unheimlich wurde ihm schon zumute, und er musste sich ein paar Mal die Kehle frei räuspern.
    Manchmal, wenn er glaubte, sich an das Spiel der Geige gewöhnt zu haben, wurden die Töne plötzlich wieder schrill und regelrecht jaulend. Dann schwangen und zitterten sie in der Luft, um zusammenzufallen wie eine Wassersäule.
    Das waren keine Melodien. Wenigstens nicht nach dem Geschmack des Polizisten. Sie hörten sich an wie SF-Musik. So anders, so fremd, wie aus anderen Welten stammend.
    Rotter wusste keinen im Dorf, der diese Melodien spielen konnte. Überhaupt kannte er keinen, der die Geige beherrschte. Ob sich möglicherweise ein Fremder auf den Friedhof verirrt hatte? Vielleicht ein Zigeuner, ein fahrender Musikant?
    »Es kommt von links«, erklärte ihm Mrs. Featherhead, die hinter ihm herschritt. »Sie müssen jetzt in den kleinen Weg einbiegen.«
    »Sicher.«
    Der Weg war sehr schmal. Er führte geradewegs zu dem alten Teil des Friedhofes, wo die Menschen begraben lagen, die schon vor langer Zeit gelebt hatten.
    Dichtes Buschwerk säumte den Pfad, einmal nur unterbrochen, wenn eine Bank zur Ruhepause einlud. Zumeist stand daneben noch ein

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