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Julias kleine Sargmusik

Julias kleine Sargmusik

Titel: Julias kleine Sargmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn nicht, das Mädchen war wichtiger. Es hatte ihn gewarnt. Angeblich sollte es tot sein. Ein Irrsinn, ein Hirngespinst. Es würde sich auf dem Revier herausstellen, wenn er Julia einmal dorthin gebracht hatte.
    Er griff zu.
    Kaum hatte seine Hand die Schulter des Mädchens berührt, als er die Kälte der Haut spürte und Julia sich drehte, wobei sie den Bogen wieder an die Geige setzte.
    Das Spiel begann erneut. Diesmal schneller, aggressiver, und die Melodien rissen Glenn Rotter mit. Plötzlich war er nicht mehr er selbst. Er fühlte sich von den Tönen eingekesselt und umschmeichelt. Sie zerrten an seinen Nerven, sie brachten ihn zum Schwitzen, und gleichzeitig begann er zu frieren. Wellen rannen durch seinen Körper. Sie schossen von den Fußspitzen bis in sein Hirn und erfassten sogar seine Haare.
    Auch Julia saß nicht mehr so steif auf der Grabplatte. Sie bewegte ihren Körper im Rhythmus der Melodie. Der Bogen schien über die Saiten zu tanzen, zu huschen, und zauberte Töne, die wohl kein Mensch erfunden haben konnte, weil sie so disharmonisch, schrill und für menschliche Ohren ungewohnt waren.
    Glenn Rotter hob die Arme. Er wollte sich die Ohren zuhalten, doch er schaffte es nicht mehr. Die Hände schienen an Bändern zu hängen und nur noch einem im Unsichtbaren lauernden Geist zu gehören, der sich des Menschen bemächtigt hatte und ihn führte.
    Julia schrie auf. Ihre Augen begannen zu leuchten. Den Mund hatte sie verzogen, und sie begann, zu den von ihr und der Geige produzierten Melodien auf der Grabplatte zu tanzen.
    Julias kleine Sargmusik näherte sich der Vollendung!
    »Du hast eine Tote berührt!« schrie sie. »Du hast eine Tote berührt. Dafür bekommst du die Quittung!«
    Und sie spielte.
    Der Polizist merkte, wie ihn der Rhythmus nicht mehr losließ. Er hielt ihn gepackt und drang in sein Blut. Der Wille war ausgeschaltet worden. Er bewegte sich zwar, das geschah aber nicht aus eigenem Antrieb. Die fremdartigen Melodien sorgten dafür, dass dieser Mann in einen völlig fremden Bann geriet und anfing zu tanzen.
    Zuerst riss er die Arme hoch. Den rechten stach er in die Luft, der linke folgte, und seine Füße hielt auch nichts mehr auf dem weichen Grasboden. Plötzlich hüpfte er wie eine Ziege.
    Er versuchte, seine Bewegungen und die Melodien in einen Gleichklang zu bringen. Glenn wollte tanzen, und er tanzte auch. Es war ein fremder Tanz. Die Bewegungen richteten sich nach den Tönen und schrillen Lauten, die Julia auf ihrer Geige produzierte. Sie selbst bewegte sich ebenfalls. Manchmal drehte sie sich wie ein Konzertgeiger, der einen Walzer von Strauß spielt. Dann wiederum stampfte sie mit dem rechten Fuß auf, so dass sie wie eine Zigeunerin wirkte.
    »Dein Todestanz!« rief sie dazwischen mit heller, hoher Stimme. »Du hast eine Tote berührt. Du hast die Mächte eines fremden Kontinents geweckt. Atlantis wird sich rächen. Ich bin die Botin. Ich bin…« Sie lachte und spielte weiter.
    Mrs. Featherhead schaute zu. Die Witwe war so leicht durch nichts zu erschüttern. So jedenfalls hatte sie immer gedacht. Was sie nun sah, das wollte sie kaum glauben, weil es zu unwahrscheinlich war. Das auf der Grabplatte tanzende Mädchen, das Geigenspiel und die Kommentare der Julia Landers.
    Atlantis…
    Einen Begriff hatte Julia sehr laut und deutlich ausgesprochen. Und die Witwe hatte ihn auch verstanden.
    Sie wusste Bescheid. Ihr war bekannt, welche Sagen sich um diesen Kontinent rankten, und er musste mit Julia Landers in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.
    Ein paar Mal wischte sich die Frau über die Augen. Sie glaubte, ein Märchen zu erleben, fernab von der Realität und Wirklichkeit zu sein, doch das Märchen war Realität.
    Sie erlebte keinen Spuk. Der junge Polizist befand sich in einem schrecklichen Bann. Julia spielte weiter. Bogen und Geige bildeten eine Einheit. Mrs. Featherhead bekam das Gefühl, als könnten sich beide Dinge nicht mehr voneinander lösen.
    Immer schneller bewegte sich der Polizist, schriller und heftiger wurden die Töne und Melodien. Ein unheimlicher Zauber breitete sich über den Friedhof aus, ein Bann, der keinen losließ.
    Erst recht nicht Glenn Rotter. Er zahlte für seine Neugierde!
    Auf einmal bewegte sich in seiner Nähe der Boden. Er warf Wellen, die durch die Friedhofserde liefen, um im nächsten Augenblick eine Spalte entstehen zu lassen, die parallel zum Grab lief. Mrs. Featherhead wollte den Mann noch warnen. Sie kam nicht mehr dazu, denn aus der

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