Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Katastrophe zu inszenieren, einen Fettbrand in der Pfanne oder so was. Aber alle sind schon von dem Dreiviertelpfund Butter hinreichend beeindruckt bzw. in Angst und Schrecken versetzt, also wird es wohl in Ordnung sein.
Das Nachrichtenteam - eigentlich müsste ich schreiben: »Nachrichten«-Team, aber wem sollte ich was vormachen? Hier handelt es sich nicht um die Belagerung von Mazar-i-Sharif - bestand aus vier Personen: Ein Kameramann, ein Tontechniker, ein Producer und ein Reporter namens Mika. Sie wollten drei Abende hintereinander filmen. Das wären dann etwa fünfzehn Stunden, was mir absurd und irgendwie unfair vorkam. Hier verschleudert die CBS unsäglich viel Geld für einen Fünf-Minuten-Spot über eine dreißigjährige Sekretärin aus Queens, die französisch kocht. Auf der anderen Seite krieg ich die Buchhaltung nicht so weit, dass sie mir für eine Sitzung des Cultural Committee zehn Dollar für einen Teller mit altbackenen Plätzchen genehmigt. Egal. Die ersten beiden Abende verliefen ganz gut, obwohl sie mich merkwürdig erschöpften, aber am dritten explodierte irgendwas in Yale, und der Kameramann musste darüber berichten. Also konnten sie erst nächste Woche wiederkommen. Genauer gesagt, am nächsten Dienstag. Dem Dienstag - und jetzt überkommt mich das heulende Elend - mit der definitiv Allerletzten Episode von Buffy the Vampire Slayer .
In der Zwischenzeit hatte ich mir eine Erkältung geholt, vielleicht war es auch SARS.
Mir wird bewusst, dass ich meine Leidenschaft für Buffy the Vampire Slayer noch gar nicht richtig erklärt habe. Zum einen schrecke ich wohl davor zurück, ein so zartes und kostbares Gefühl in Worte zu fassen, und zum andern empfinde ich noch ein bisschen Restscham, dass ich von etwas besessen bin, das mit Sarah Michelle Gellar zu tun hat. Für alle, die in den letzten zehn Jahren hinterm Mond gelebt haben, wo die Schulen Harry-Potter-Bücher verbieten, weil es dort von Zauberei nur so wimmelt: Buffy the Vampire Slayer , von leidenschaftlichen Fans einfach Buffy genannt, ist eine Fernsehshow. Es geht um ein High-School-Girl, das als einziges Mädchen auf der ganzen Welt (na ja so ungefähr, es ist ein bisschen komplizierter) Vampire töten und gegen die Mächte des Bösen kämpfen kann - sie ist die Auserwählte. Gut, das ist gewissermaßen die Grundlage. In Wirklichkeit geht es um die Qualen des Erwachsenwerdens, um die Bedeutung der Freundschaft in einer feindlichen Welt, um persönliche Verantwortung, um Liebe, Sex und Tod und natürlich darum, wie man den Bösewichtern in den Hintern tritt. Darin ist die Serie der Bibel nicht unähnlich, nur hat sie Stuntszenen und bessere Witze. Wer sich jetzt auf den Schlips getreten fühlt, schöpft vielleicht Trost aus der Tatsache, dass ich keineswegs die Erste bin, die das bemerkt hat. Wie die Bibel, wird auch Buffy am Schluss ein bisschen schwülstig und apokalyptisch, und deswegen und wegen meines Projekts hatte ich die Folgen der letzten Monate nicht ganz so treu angekuckt, wie es wünschenswert gewesen wäre. Dennoch - das war’s. Ende . Man hört nicht vor der Apokalypse auf, egal wie verrückt oder lahm sie ist. Oder vielleicht doch. Aber man versäumt nicht die letzte Episode von Buffy .
Nur ich tat das. Während Eric mit dem »Nachrichten«-Team vor dem Fernseher saß und dieses historische Ereignis verfolgte (der Producer war auch ein Fan), schuftete ich wie eine Sklavin in der heißen Küche unter dem wachsamen Auge einer Zeitrafferkamera. Natürlich bin ich nicht sauer - nicht einmal ich würde so weit gehen, wütend darüber zu sein, dass ich eine TV-Show nicht ansehen kann (auch wenn es vielleicht die bedeutendste Fantasy-Kampfsport-Romantik-Fernseh-Dramedy der Unterhaltungsgeschichte ist), nur weil ich für einen landesweit gesendeten Nachrichtenspot gefilmt werde. Nein, eisern kochte ich meine Fricadelles de Veau à la Niçoise und hustete riesige Pfropfen von dem scheußlichen Schleim los, der meine Lungen seit dem letzten Wochenende verstopfte - ganz allein. Am Ende ist man immer allein. In jeder Generation gibt es eine Auserwählte.
Fricadelles de Veau à la Niçoise ist Kalbshack mit Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und - ganz wichtig! - gepökeltem Schweinespeck. Die Mischung wird zu Küchlein geformt, mit Mehl überpudert und ganz heiß in Butter und Öl gebraten. Wenn die Frikadellen gar sind, löst man den Bratensatz mit etwas Rinderbrühe, rührt Butter darunter, und das war’s. Die Küchenkillerin
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