Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Mayonnaise besteht darin, dass die Basis nicht rohes, sondern hartgekochtes Eigelb ist. Drei hartgekochte Eigelb werden mit Senf und Salz zu einer geschmeidigen Paste zerdrückt. Dann gießt man in dünnem Strahl eine Tasse Öl dazu. Soweit so gut. Julia sagt: »Diese Sauce kann man nicht in einem Mixer herstellen, sie wird so fest, dass sich der Motor festfrisst.« Ich nahm also meinen größten Schneebesen sowie eine Tasse halb Oliven-, halb Erdnussöl (reines Olivenöl ergibt eine sehr olivenölige Mayonnaise, die ist nicht schlecht, aber manchmal will man ein bisschen Abwechslung) und begann zu schlagen. Ich goss das Öl sehr langsam rein und hielt manchmal inne, schlug aber ständig weiter, damit das Öl aufgesogen wurde. Ich machte alles richtig. Aber nach einer halben Tasse kündigte das Öl die Mitarbeit auf.
Julia schreibt:
Sie werden niemals Probleme mit selbstgemachter Mayonnaise bekommen, wenn Sie das Eigelb in einer vorgewärmten Schüssel fest durchgerührt haben, bevor Sie das Öl zugeben. Achten Sie darauf, das Öl tropfenweise dazugegeben, bis die Sauce fest zu werden beginnt, und denken Sie daran, nicht mehr als eine Dreivierteltasse Tasse Öl pro Eigelb zu verwenden ...
Aber nein. Dabei habe ich alles richtig gemacht. Alles, ich weiß es. Verzweifelt überflog ich die Anleitung noch einmal. Ja. Ich habe alles so gemacht, alles bis auf … »Und das alles nur, weil ich die Schüssel nicht vorgewärmt habe? Willst du etwa behaupten, es funktioniert nicht, weil ich diese gottverdammte Schüssel nicht vorgewärmt habe?«
»Was ist los? Wer behauptet was?« Eric spähte in die Küche mit jenem mir bereits vertrauten Ausdruck ungewisser Sorge, wie der treue, aber beunruhigte Hund eines Serienmörders.
»Wir haben August! Es hat 35 Grad hier drin, eine Affenhitze! Wie heiß brauchst du es denn noch?«
Mit den schnellen Reflexen eines Lebewesens, das gewohnt ist, sich rennend in Sicherheit zu bringen, verschwand Eric aus der Küche.
Also gut, ich versuchte Julias Ratschläge zur Rettung der Mayonnaise zu befolgen. Über einem Topf mit kochendem Wasser erwärmte ich eine Schüssel und mischte darin ein bisschen Senf mit ein wenig von der misslungenen Sauce Tartare . Ich sollte rühren, bis Senf und Sauce sämig werden und sich verbinden.
»Das funktioniert immer«, sagt Julia.
Das funktionierte überhaupt nicht.
Miststück .
Und genau in diesem Moment begann ich zu schreien, keine richtigen Wörter, nur gutturale Laute. Ich wusste, dass ich übertrieben reagierte, aber ich schrie trotzdem. Und während ich schrie, kippte ich die Sauce in den Mixer. Scheiß drauf, oder? Was konnte schon passieren?
Nicht viel, wie sich herausstellte. Ich mixte und mixte und wünschte mir sehnlichst, dass der Motor sich festfraß, aber die Sauce drehte sich nur locker im Kreis wie jede andere kaputte Mayonnaise und zerfiel in ihre Bestandteile, sobald ich den Mixer ausschaltete.
In diesem Augenblick begann ich mit Gegenständen um mich zu werfen.
Nun müssen Sie wissen, die ganze Szene war deshalb so schwerwiegend und peinlich, weil ich dies tat, obwohl ich wusste, dass in Rijad ein Wohngebiet, in dem Amerikaner lebten, bombardiert worden war. Eric hatte eine Tante in Saudi Arabien, allerdings wusste er nicht mehr genau, in welcher Stadt. Sie arbeitete als Krankenschwester und unterrichtete saudische Frauen in Krankenpflege. Eric klebte schon den ganzen Abend am Fernseher, aber die Nachrichten brachten ärgerlicherweise nichts über das Bombardement. Er hatte den ganzen Abend zu telefonieren versucht - mit seiner Mutter, seinem Bruder, seinen Cousinen -, aber zu seiner Beunruhigung hob nie jemand ab. Ich wusste all das, und trotzdem kreischte und schluchzte ich und warf Küchengeräte in die Gegend, als sei Sauce Tartare das einzig Wichtige, als sei Sauce Tartare wichtiger als die Familie, der Tod, der Krieg.
Eric nahm dies ziemlich lange hin. Aber irgendwann konnte er nicht mehr. Und er marschierte wieder in die Küche. Er packte mich an den Schultern, schüttelte mich und schrie, lauter als ich ihn je schreien gehört habe:
»ES IST NUR MAYONNAISE!!!!«
Eher hätte ich mich umgebracht als zuzugeben, dass er Recht hatte.
Ich warf die verunglückte Mayonnaise weg und machte eiskalt Bouchées Parmentier au Fromage . Ich kochte drei kleine Kartoffeln und zerdrückte sie in der Kartoffelpresse. Die Presse fiel auseinander, aber ich warf die Teile nicht auf den Boden. Ich rührte den Kartoffelbrei in
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