Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
einer heißen Pfanne, um das Wasser verdunsten zu lassen. Ich rührte eine Tasse Mehl darunter, ein Stück weiche Butter, ein Ei, eine Tasse geriebenen Käse, dazu weißen Pfeffer, Cayenne, Muskatnuss und Salz. Ich füllte den Teig in einen Spritzbeutel und begann Stäbchen auf ein Backblech zu drücken. Als die Tüte in der Mitte riss, kreischte ich nicht. Stattdessen strich ich den restlichen Kartoffelteig mit einem Löffel aufs Backblech und scharrte ihn irgendwie in Stäbchenform. Dann schob ich die Bouchées in den Ofen. Ich weinte nur ein bisschen und ganz leise, damit Eric nichts hörte. Ich machte Sandwichs mit Sauerteigbrot, Roastbeef, Kopfsalat, Tomaten und wirklich oberköstlichem Ancho-Jalapeño-Senf, den mir ein Bleader vor einem Monat in einem Carepaket geschickt hatte. Als die Kartoffelstäbchen fertig waren, legte ich sie wie Pommes frites neben die Sandwichs. Eric nahm seinen Teller ohne ein Wort entgegen.
Gerade als er in sein Sandwich biss, rief Erics Mutter an - sie hat ein Talent für so was. Es stellte sich raus, dass Erics Tante nicht in Rijad lebte. Es ging ihr gut. Eigentlich hätte ich dran glauben müssen, ich verwöhntes Gör. Na ja, zumindest schmeckten die Kartoffelkäsestäbchen köstlich. Vielleicht liebt das Karma gute Kartoffelkäsestäbchen.
»Ist dort Julie Powell?«
»Ja.« Ich antwortete kurz angebunden, weil ich eine Verrückte vermutete, ich war schließlich im Büro.
»Hier spricht Amanda Hesser von der Times .«
Es war der zweite Donnerstag im Monat, der Tag der Vorstandssitzung, also war ich schon seit halb acht im Büro. Außerdem - an manchen Tagen habe ich das - stieg mir ständig ein unbestimmter, übler Geruch in die Nase. Er kam von mir selbst, aber ich fand die Quelle nicht - meine Kleider waren nicht schmutzig, meine Achseln stanken nicht, mein Haar war frisch gewaschen, aber irgendwie roch ich, als hätte mir jemand Burger King Spezialsauce auf den BH geschmiert. Ich war also übler Laune, als das Telefon klingelte. Aber eins sag ich Ihnen: Ein Anruf von Amanda Hesser, die in der führenden Tageszeitung einen Bericht über Sie schreiben will, trägt sehr zur Verbesserung der Gemütslage bei. Ehrlich, sie verändert sich sofort von Bärbeißigkeit zu hysterischer Sorge über den passenden lässigen Wein, aber ein bisschen Hysterie tut nur gut. (Ich bin der lebende Beweis dafür.)
Ich war zu diesem Zeitpunkt keine Anfängerin mehr, was Innereien anging. Ich hatte auf unterschiedliche Weise Bries zubereitet und sogar schätzen gelernt, es sei denn, es riecht nach Formaldehyd, oder ich habe es zu lange gekocht, so dass es aussieht wie ein platt gedrückter grauer Eishockeypuck.
Ich habe sogar Hirn gekocht. Das ist übrigens eine lustige Geschichte. An dem Tag habe ich einem Radiofritzen ein Interview gegeben. Er kam zu mir in die Wohnung und hat sich eine halbe Stunde lang mit mir unterhalten, während ich kochte. Alles ging glatt, das Interview war fertig, und der Herr fragte, ob er eben noch zur Toilette gehen dürfe. Erst als er ins Bad gegangen war und die Tür hinter sich zugemacht hatte, fiel mir ein, dass dort im Waschbecken ein paar Kalbshirne wässerten. Der arme Kerl. Wenigstens habe ich ihn nicht zum Essen eingeladen.
Bei Hirn ist es nicht so sehr der Geschmack, obwohl der nicht gerade umwerfend ist. Und es ist auch nicht der Ekelfaktor. (Wenn man es wäscht, klebt am Ende unweigerlich ein bisschen Gehirnmasse tarantinomäßig im Spülbecken und an der Kleidung, und die komische, zähe, weiße Masse, die das Gehirn zusammenhält, ist wahrscheinlich so was wie Fett, sieht und fühlt sich aber eher schwammartig an.) Nein, das eigentliche Problem ist der philosophisch-panische Aspekt. Das herzzerreißende Geheimnis des Lebens, des Bewusstseins, der Seele. Ich wünsche mir ein Gehirn kompakt und tief gefurcht, durchzogen von weitläufigen Gedankenbahnen, erfüllt von Erinnerungsorten. Aber nein. Es ist nur ein labbriges, bleiches, kleines Organ, das sich zwischen den Fingern auflöst, wenn man den Wasserhahn zu fest aufdreht. Wie gibt’s das? Wie kann es uns geben?
Wir hatten Sally zu unserem Hirn-Zweierlei eingeladen, zu Cervelles en Matelote und zu Cervelles au Beurre Noir - weil Sally der einzige Mensch in unserem Bekanntenkreis war, der überhaupt schon einmal Hirn gegessen hatte. Ziegenhirncurry in Kalkutta. Sally brachte ihren neuen, kultivierten, Wein trinkenden Freund David mit (der alte David, der mit dem Motorrad, der die Hände nicht von
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