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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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Hälfte mit Küchengarn. (Ich reduzierte die Mengenangaben im Rezept, was ziemlich seltsame Metzgerarbeiten zur Folge hatte.)
    Verschnürte Hähnchen sehen immer aus wie Sex-and-Crime-Opfer, bleich, schlaff und an allen vieren gefesselt. Es zeigte sich, dass dies erst recht für halbierte Hähnchen gilt.
    Das Tolle an einem Pot-au-Feu ist, dass er zwar ewig und drei Tage kochen muss, aber sonst kinderleicht ist. Ich legte das ganze Fleisch in meinen größten Topf, goss Hühnerbrühe darüber und brachte es zum Köcheln. Julia macht noch den untypisch pedantischen, irritierend Martha-Stewart-haften Vorschlag, jedes Stück Fleisch mit einem langen Faden an einen Kochlöffelstiel zu binden, damit man leichter prüfen kann, ob es schon gar ist. Ich habe mich dem gefügt, aber höchst ungern.
    Nun legte ich eine Pause ein, um meine E-Mails durchzusehen. Während ich darauf wartete, dass das entsetzliche Einwähl-Gekrächze in den »Sie-haben-Post-bekommen«-Piepston mündete, überlegte ich, wie viel einfacher das Leben wäre, wenn ich mir einen Breitbandzugang leisten könnte.
    Kaum war die Verbindung hergestellt, läutete das Telefon und alles war wieder unterbrochen. Es war Sally.
    »Ich hab mir grad erst klar gemacht, dass ich ja nicht mehr nach Brooklyn fahren muss. Wie kommen wir zu dir?«
    Ein Einwahlkrächzen später klingelte es wieder. Es war Gwen.
    »Hallo. Wie komme ich überhaupt zu dir?«
    Als ich auch dieses Telefonat beendet hatte, war es Zeit, wieder in die Küche zu gehen und das Gemüse in den Pot-au-Feu zu legen, Karotten, weiße Rüben, Zwiebeln und Lauch. (Diese Julia verlangt von mir, das Gemüse bündelweise in Mull zu wickeln, aber - nein. Das nicht!) Ach, die Bayerische Creme! Ich sollte doch diese verdammte Bayerische Creme durchrühren, das hatte ich total vergessen. Ich raste zum Kühlschrank, aber es war zu spät. Die Creme war hart wie Stein. Wenigstens war sie nicht zu Suppe geworden, aber sie sah komisch aus, so gekräuselt. »Scheiße«, sagte ich.
    »Was ist, Honey?«
    »Nix, verdammt noch mal.«
    Wie es an solchen Tagen geht, war es über dem Fleisch, den E-Mails und dem Dessert unversehens sieben Uhr geworden. Eric schleppte sich aus dem Bett in die Dusche, und als er wieder rauskam, sah er nicht mehr aus wie ein Mann, der in den nächsten fünf Minuten stirbt. Als ich ein paar in Scheiben geschnittene Krakauer-Würste in den Topf warf, erschien Heathcliff mit zwei Flaschen italienischem Wein und seinem Freund Brian.
    »Brian? O mein Gott, Brian!« Ich umarmte ihn, vor allem um mich selbst davon zu überzeugen, dass das wirklich Brian war. Denn er hatte sich in einen Adonis verwandelt. In einen muskelbepackten, märchenhaften, schwulen Adonis, der sich mit tiefer Stimme über die Stringtheorie verbreitete. Ich hätte ihn nicht wiedererkannt, wenn er mich nicht angelächelt hätte. Als er lächelte, war er wieder fünf. Er hatte ein Lächeln, das allen Ärger vertrieb, ein Lächeln, das einen glauben machte, er werde sein Leben lang nie unglücklich sein. Das Erwachsenwerden hatte seinen spitzbübischen Charme noch mit einem Schuss erotischer Ausstrahlung angereichert. Ein äußerst gutes Lächeln.
    Jetzt würden die anderen auch bald kommen. Ach, herrje, ich hatte die Mayonnaise für den Rote-Bete-Kartoffelsalat vergessen! Vielleicht machte mich die Tatsache, dass die Bayerische Creme nicht zur Suppe zerlaufen war, übermütig, jedenfalls beschloss ich, sie mit der Hand zu rühren. Ich hatte noch nie selber Mayonnaise gemacht, aber in Mastering the Art of French Cooking gab es neun verschiedene Rezepte dafür, also musste ich wohl mal anfangen. Und so schwer konnte es doch nicht sein.
    Heathcliff, Brian und Eric schauten zu, als ich mehrere Eigelb verklepperte und dann zitternd das Olivenöl aus einem Plastikmessbecher mit Tülle hineinrührte. Ich schlug und schlug und fügte das Öl nur tropfenweise hinzu, genau wie Julia Child es vorschrieb - zumindest meistens. Angesichts meiner Erfahrungen mit dem Gelieren fiel es mir schwer, ein gelegentlich auftretendes nervöses, zu Spritzern führendes Zittern zu vermeiden. Als das Ganze annähernd fest war, rührte ich als »Antigerinnungsmittel« heißes Wasser darunter, und prompt wurde es wieder dünn. Na ja, es schmeckte jedenfalls gut - überwiegend nach Olivenöl. Ich vermischte es mit den Roten Beten und Kartoffeln, die inzwischen tiefrosa waren. Sofort wurde auch die Mayonnaise tiefrosa.
    Gwen und Sally und ihr Freund David kamen

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