Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
batteriebetriebenen Monster im NASA-Design, wie man sie von entfernten Verwandten bekommt, die keinen Schimmer haben, was sie einem zu Weihnachten schenken sollen. Ich setzte mich aufs Bett, um ihn zu stellen, wurde aber nicht schlau aus dem verdammten Ding. Während ich daran herumfingerte, merkte ich, dass ich die winzigen Knöpfchen und den nahezu unleserlichen Text, der die unnötig bizarre Prozedur des Uhrenstellens beschrieb, viel besser beäugen konnte, wenn ich mit der Wange an den nackten Hintern meines Gemahls gelehnt dalag. Ach, die Tasten waren so furchtbar klein und die Handhabung so verwirrend! Ich fummelte und fummelte und fummelte …
Als ich aufwachte, war es vier Uhr früh. Mir tat der Nacken weh, da ich Erics Hintern als Kissen benutzt hatte, und meine Kontaktlinsen hatten sich an den Augäpfeln festgesogen. Das Bœuf Bourguignon war selbstredend verbrutzelt.
Es hat auch sein Gutes, wenn man am Tag der wichtigsten Essenseinladung seines Lebens um vier Uhr früh aufwacht und einen völlig ruinierten französischen Rindfleischeintopf im Ofen vorfindet: Man muss auf jeden Fall nicht zur Arbeit gehen. Als das klar war, fühlte ich mich berechtigt, noch ein paar Stunden zu schlafen, bevor ich mich krankmeldete und loszog, um die Zutaten für das zweite Bœuf Bourguignon zu beschaffen. Und mein zweites Bœuf Bourguignon , damit ihr’s nur wisst, wurde perfekt. Manchmal muss man eben ein bisschen herumprobieren.
Ich schrieb also meinen Blogeintrag und kochte mein zweites Bœuf Bourguignon , während ich mich von dem erholte, was ich meinem Chef als Magendarmgrippe verkauft hatte, was aber in Wirklichkeit nicht ganz so unschuldig war, und wie durch ein Wunder hatte ich gegen halb sechs Uhr alles unter Kontrolle. Ich überlegte gerade, ob ich duschen sollte - bei mir zu Hause gilt das als Ausdruck größten gastgeberischen Selbstvertrauens -, als das Telefon klingelte.
Judith hat nicht einmal selbst angerufen. Ich habe niemals mit Judith gesprochen - und vermutlich werde ich auch nie ein Wort mit ihr wechseln.
»Es tut mir so Leid«, stöhnte der Journalist. Er war außer sich. »Ich weiß, wie sehr Sie sich darauf gefreut haben. Aber sie traut sich bei diesem Wetter einfach nicht nach Queens hinaus.«
Der Journalist war jung und Freiberufler, er war also nicht der Einzige, dem hier eine Karrieregelegenheit durch die Lappen gegangen war. Um seinetwillen hielt ich mich tapfer zurück. »Na ja, sie ist schließlich neunzig, und es graupelt. Vielleicht ein andermal. Aber Sie können trotzdem kommen. Dieses ganze Essen schaffen wir niemals allein.«
»Oh, macht Ihnen das nichts aus? Ich käme sehr gern, das wäre ganz toll!«
Ich bin ja ein so wahnsinnig gutmütiges Südstaatenmädchen, ich habe erst untröstlich losgeheult, als ich unter der Dusche stand.
An diesem Abend schmeckten die Erbsen köstlich, die Unterhaltung war abwechslungsreich und das Bœuf Bourguignon spitze; im Grunde hatte also Judith den Kürzeren gezogen, oder?
Auch Samuel Pepys beschreibt einmal eine misslungene Einladung: »... allhier erschien W. Bowyer und speiste bei uns, aber befremdlicherweise konnte er die Zwiebelsauce zum Hammel nicht ausstehen, schon der Anblick setzte ihm zu, sodass er mit einigen Eiern als Hauptgericht vorlieb nehmen musste.« Anscheinend gab es schon immer enttäuschende Gäste. Doch als dieser Gast angesichts von Pepys’ Sauce die Nase rümpfte, tröstete ihn da ein wohlwollender Fremder mit den Worten: »W. Bowyer soll sich diese Sauce sonst wo hinstecken«? Nein.
Nachdem ich anderntags meinen Lesern von meinem grässlichen Pech berichtet hatte, merkte ich, dass ich in dieser Hinsicht besser dran war als Samuel Pepys. Das tat gut.
Hoffen wir, dass Judith Jones keine Blogs liest.
Manche Dinnerpartys werden von Gästen ruiniert, manche von Gastgebern, und bei manchen tragen beide Seiten zur Katastrophe bei. Mein Pot-au-Feu -und-Bayerische-Creme-Abend schien sich zu dieser letzteren Variante zu entwickeln.
Mittags rief Sally noch einmal an.
»Du bringst mich bestimmt um.«
»Wieso?«
»Die kroatischen Möbelpacker. Sie fahren in Providence erst um neun Uhr abends los.«
»Deine Möbelpacker fahren an einem Samstagabend um neun Uhr von Rhode Island hierher?«
»Ich hab’s ja gesagt, die sind komplett breit.«
»Und jetzt kommen die und holen das Sofa um halb eins in der Nacht hier ab?«
»Geht das? Es tut mir so Leid!«
»Nein, schon okay. Mannomann, wahrscheinlich bin ich da sowieso noch
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