Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Erfahrung mit schlechter Laune. Wenn Bavarois à l’Orange so was wie eine Stinklaune wäre, wüsste ich ganz genau, wie man sie dazu brächte, fest zu werden, felsenfest. Sie müsste nur an einem kalten Tag in unserer Wohnung duschen und Haare waschen.
»Aaah! Verdammt!«
»Honey? Alles klar?«, flötete Eric herüber, noch immer auf sein Bett gestreckt.
»Das heiße Wasser ist aus!«
»Was?«
»DAS blÖde WASSER IST nicht Mehr HEISS!«
Wimmernd duschte ich fertig, lief mit Restschaum im Haar hinaus und rubbelte mich mit einem Handtuch warm. Ich zog einen abscheulichen alten, karierten Flanellbademantel über, den ich Eric in unserer Collegezeit gekauft hatte, als ich der Meinung war, Flanell sei malerisch und irgendwie neuenglandhaft, dann lief ich zitternd in die Küche zurück, schlug die Sahne steif, hob sie unter die Eiercreme, füllte das Zeug in eine Guglhupfform, das einzig puddingformähnliche Gebilde, das ich besaß, und schob es wieder in den Kühlschrank. Jetzt war ich nicht mehr so gelassen und konzentriert. Vielleicht hatte ich deshalb die geschlagene Sahne zu früh unter die Eimasse gehoben, bevor diese halbwegs fest geworden war. Das klappte bestimmt nicht. Na gut. Eine kleine Suppe zum Nachtisch hat noch keinem geschadet.
Ich wollte gerade mit dem Pot-au-Feu anfangen, als wieder das Telefon läutete. »Hi, Julie. Hier ist Gwen.«
(Gwen meldet sich am Telefon immer, als sei sie nicht sicher, dass ich mich noch an sie erinnere.)
»Hallo, Honey.«
»Was machst du heute Abend denn so?«
»Ich esse Pot-au-Feu mit Heathcliff und seinem Freund Brian und mit Sally und ihrem neuen Typen. Eric hat Migräne, schauen wir mal, ob er bis dahin aufstehen kann.«
»Sally hat schon wieder einen Neuen? Verflixt, dieses Mädchen hat vielleicht ein Tempo drauf.«
»Tja.«
»Die sollte mir mal ein paar Tipps geben.«
»Ja, mir auch.«
»Aber ich brauch einen Mann, Menschenskind.«
»Ja. Hast du Lust zu kommen?«
»Klar. Soll ich was zum Trinken mitbringen?«
»Klar. So gegen acht Uhr?«
»Acht Uhr ist gut.«
Ich hängte auf, und bevor ich weiter auf das Fleisch für den Pot-au-Feu einhackte, ging ich zu Eric hinüber, der noch immer platt auf dem Bett lag.
»Geht’s dir besser?«
»Mh.« Er hob nicht einmal den Arm von seinen Augen.
»Es kommen ein paar Leute zum Abendessen.«
»Oh.« Er versuchte erfreut zu klingen.
»Gwen und Heathcliffs Freund Brian und Sally und ihr neuer Freund.«
»Sally hat einen neuen Freund?«
»Sie kommen um acht. Und die kroatischen Möbelpacker kommen nachts um halb eins und holen die Couch.«
»Mach keine Witze.«
»Nee.«
»Ich dachte, die wollten mittags kommen?«
»War ein Missverständnis.«
»Ich dachte, es sind Tschechen.«
»Sally hat sich vertan.«
»Aha. Wie spät ist es jetzt?«
»Zwei.«
»Gut.«
Eric widmete sich erneut hingebungsvoll, wenn auch völlig regungslos seinen Kopfschmerzen, während ich mich an den Pot-au-Feu machte.
Zuerst das Fleisch. Ich brauchte fast eine halbe Stunde, bis ich die dicke, großporige Schwarte von der riesigen Schweineschulter abgezogen hatte, und als ich es endlich geschafft hatte, wurde ich mit einem herrlich grausigen Preis belohnt. »Schau mal, Eric.« Ich beugte mich durch die Küchentür ins Schlafzimmer und hielt mir das zerfetzte Schweinefleisch vor den Busen. » Es reibt sich die Haut mit der Lotion ein, sonst kriegt es wieder eins mit dem Schlauch verpasst .«
»Hm? Was?« Er nahm nicht einmal den Arm von den Augen.
»Eric! Du musst herschauen! Es reibt sich die Haut mit der Lotion ein ...«
»Was soll das?«
»Das ist die Schwarte von der Schweineschulter.«
»Nein, was du gerade gesagt hast, das mit der Lotion?«
Jeder kennt die Resignation, die einen befällt, wenn man den Eindruck hat, der Gesprächspartner komme von einem anderen Stern, weil er nichts von dem kapiert, was man sagt. Ich hasse das. »Hast du denn Das Schweigen der Lämmer nicht gesehen? Das gibt’s doch nicht!«
»Dann leihen wir es als Nächstes aus!«
So munter war er den ganzen Tag noch nicht gewesen. Allerdings besagte das nicht viel.
Als die Haut ab war, hieb ich die Schulter in zwei Teile und verstaute die Hälfte mit dem Knochen eingewickelt im Kühlschrank. Die andere kam in den Pot . Erst verschnürte ich sie mit Küchengarn, damit sie nicht mehr so aussah, als sei sie von einem tollwütigen Hund zerfetzt worden. Dann halbierte ich mit der Geflügelschere das Hähnchen. Auch hiervon umwickelte ich die eine
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